Österreich

Völker hört die Statuten: Die SPÖ auf der Suche nach einem Wahlmodus

Aktuell tagt das SPÖ-Präsidium - es ist wohl auch eine Exegese der Parteistatuten. "Parteirebell" Nikolaus Kowall will auch Parteivorsitzender werden. Das macht es nicht einfacher.

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Am Mittwoch geht es also ins sozialdemokratische Match um die Statuten. Die Abwicklung der SPÖ-Mitgliederbefragung ist zumindest emotional ein schwieriges Thema, auch organisatorisch ist die Zeit knapp bemessen. Medial kolportiert wurde, dass die burgenländische Landespartei um ihren Kandidaten Hans Peter Doskozil dem Leiter der Wahlkommission Harry Kopietz misstraut und jemanden anderen an der Spitze sehen möchte. Freilich hat ihn die zuständige Kommission am Rande des letzten Parteitags Mitte 2021 selbst zu ihrem Vorsitzenden gewählt - und das einstimmig. In das Duell mischt sich nun auch Nikolaus Kowall ein, er will auch SPÖ-Vorsitzender werden. Aber der Reihe nach:

Wer wickelt die Wahl ab?
Dass die Kommission für die Abwicklung zuständig ist, gibt das Statut der SPÖ ganz eindeutig vor und ist de facto alternativlos. In Paragraf 23, Ziffer 13 heißt es: "Für die Durchführung der Mitgliederbefragung sorgt die Wahlkommission des jeweiligen Organisationsbereiches. Die Mitgliederbefragung hat so zu erfolgen, dass die Mitglieder der SPÖ ihren Willen in geheimer Abstimmung kundtun und zwar durch die Beantwortung einer oder mehrerer Fragen, deren Antwortmöglichkeiten entweder „ja“ oder „nein“ lauten, oder durch die Entscheidung für eine von mehreren vorgegebenen Alternativen"

Da es sich um eine Bundesangelegenheit handelt, ist es eben jene des Bundes, die am Parteitag vor zwei Jahren gewählt wurde. Diese Kommission war auch bei der letzten Mitgliederbefragung 2020 zuständig, schon damals geleitet von Kopietz. Als damals Gerüchte um Manipulationen aus dem Rendi-Wagner-kritischen Lager laut wurden, wurde sofort eine Überprüfung eingeleitet, die keinerlei Verdachtsmomente ergab.
Und wie setzt sich diese Kommission zusammen?
Die Kommission besteht aus 20 Personen und ist paritätisch besetzt. Die Aufteilung der Mandate erfolgt nach dem d'hondtschen-System, das in dem Fall nicht auf die Größe der Bundesländer sondern auf die Höhe der Mitgliedsbeiträge abstellt. Dazu sind Frauen und Gewerkschafter vertreten.

Am Rande des Parteitags hat sich die Kommission am 26. Juni 2021 konstituiert. Zum Vorsitzenden wurde Kopietz wiederbestellt und zwar einstimmig und damit auch mit dem Segen des burgenländischen Vertreters, des aktuellen Bundesratsvorsitzenden Günther Kovacs. Kopietz, langjähriger Landtagspräsident entstammt der Wiener SPÖ, die sich ja als einzige Landesgruppe offen hinter Rendi-Wagner gestellt hat.

Es ist aber nicht so, dass die Doskozil-freundliche Gruppe in dem Gremium nicht prominent vertreten wäre. Denn die steirische Vertreterin Michaela Grubesa ist stellvertretende Vorsitzende der Kommission. Dies macht einen freiwilligen Verzicht Kopietz' noch unwahrscheinlicher.
Wer ist noch für die Abwicklung verantwortlich?
Was mehreren Landesgruppen zusätzlich nicht behagt, ist, dass die Kommission die Befragung ja nicht alleine durchführen kann, sondern wohl auf die Bundesgeschäftsstelle und deren Organisationsteam zurückgreifen wird. Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ist ja enger Vertrauter Rendi-Wagners. Hier wurden Überlegungen lanciert, dass eine "neutrale" Landesgruppe - etwa die Kärntner - mit der Durchführung beauftragt werden könnte. Dass diese daran Interesse zeigt, gilt als mäßig wahrscheinlich.
Was wird noch im Präsidium entschieden?
Wie auch immer - entschieden werden soll am Mittwoch in einem Präsidium. In diesem sind unter anderem auch der Stichtag für die Parteimitgliedschaft sowie Dauer und Datum für die Befragung zu klären. Auch soll festgelegt werden, ob nur Rendi-Wagner und Doskozil auf dem Zettel stehen sollen oder die Tür für weitere Interessierte - wie eben Kowall - offen bleiben soll. Teile der Basis fordern aber eine Öffnung der Mitgliederbefragung für weitere Kandidaten. 
Gibt es überhaupt weitere Kandidaten?
Am Dienstag hat Nikolaus Kowall seine Kandidatur öffentlich gemacht. "Beide Kandidaten sind nicht in der Lage, die rechte Welle aufzuhalten", begründet Kowall der Schritt im STANDARD. Kowall war Vorsitzender der Sektion 8 und ist derzeit Vizeparteivorsitzender in Wien-Alsergrund. Mit Kowalls Ansage steigt der Druck aufs Parteipräsidium, die Mitgliederbefragung für mehr als zwei Kandidaten zu öffnen.
Und was sagen Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doksozil?
Rendi-Wagner wollte am Dienstag vor dem Parteipräsidium nicht näher auf den Ablauf der Mitgliederbefragung eingehen. Alle offenen Fragen sollen in den internen Gesprächen am Mittwoch geklärt werden. Auch zum Leiter der Wahlkommission Harry Kopietz, dem die burgenländische SPÖ dem Vernehmen nach misstraut, wollte sich Rendi-Wagner am Rande einer Buchpräsentation vor Journalisten nicht äußern. "Wir haben morgen unsere Gespräche, dem etwas vorwegzunehmen wäre respektlos. Wir werden aber jedenfalls nach Statut vorgehen", betonte Rendi-Wagner.

Doskozil wollte am Dienstag weder Kowalls Ansage kommentieren noch seine eigenen Vorschläge zu Organisation und Ablauf der Mitgliederbefragung näher erläutern. Er werde diese im Präsidium einbringen, die Diskussionen sollen intern geführt werden, hieß es auf APA-Anfrage aus seinem Büro.