Von Fertignudeln und Leitartikeln
Guten Morgen!
So sehr es mich betrübt, dass die dieswöchige profil-Titelgeschichte nur in einer Vorschau per Newsletter am Samstag gewürdigt wurde, nicht jedoch zusätzlich als Nachbetrachtung in der Morgenpost: Der Auftakt zu einer Serie über die „Neuen Seiten des Lebens“ für die Zeit „Wenn Corona vorüber ist“, verfasst von meinem Kollegen Sebastian Hofer, wird unbegleitet von weiterer Bewerbung für sich alleine Bestand haben müssen. Hofer schreibt ja über Essen und Trinken. Beides wird sich laut seiner These verstärkt in der eigenen Wohnung abspielen: via Lieferservice, mit Selberkochen und in einer Mischung aus beidem (also mit einer Art Tuning der angelieferten Halbfertigware). Ich bin der Falsche, das zu ergänzen: Mein Beitrag würde sich auf (ausgezeichnete) Erfahrungen ad Fertignudeln und (hungernden) Erlebnissen beim (nicht) Angelieferten beschränken.
In der kommenden Woche könnte ich hingegen mehr beitragen: Hofer arbeitet derzeit an Folge zwei, der Text wird bald zum Gegenlesen auf meinem Tisch landen (ja, ich arbeite gerne mit Ausgedrucktem). Er soll sich mit dem Reisen nach Corona beschäftigen. Ich darf stolz auf gut 120 bereiste Länder in meinem Logbuch verweisen. Bis es wieder soweit ist, empfehle ich meinen liebsten Reiseschriftsteller Helge Timmerberg: ein rauchender und (nach Selbstauskunft) kiffender deutscher Reiseschriftsteller mit einem Hörgerät in der Gegenwart und vielen Frauen in der Vergangenheit. Er wohnt im zweiten Wiener Gemeindebezirk (wo man ihn derzeit genauso wenig in den Kaffeehäusern antreffen kann wie im Ausland). Sein jüngstes Reisebuch heißt „Mantra gegen die Angst“. Es erschien Ende 2019. profil hat Timmerberg zuletzt 2016 interviewt (lesen Sie das Interview hier). Eigentlich wäre es hoch an der Zeit, wieder mit ihm zu sprechen …
Lassen Sie mich auf den verbleibenden Zeilen über (meine) Leitartikel schreiben! Der Text steht ja stets online zur Verfügung (hier zu lesen), und sie können ihn auch von mir eingelesen hören (hier zum Anhören). Ich werde regelmäßig gefragt, wie lange ich daran arbeite. Antwort: etwa zwei Stunden lang (im Kopf natürlich länger), durch Unterbrechungen gelegentlich auch drei. Und wann? Ich schreibe erst Freitag am späten Nachmittag, da ich vor dem Schreiben gerne den Großteil des Heftes halbwegs fertig produziert gesehen haben will. Das vermeidet Doubletten und erlaubt, auf einzelne Artikel zu reflektieren. Wie sind denn die Reaktionen auf so einen Kommentar an prominentester Stelle von Österreichs Nachrichtenmagazin, bei Hunderttausenden LeserInnen im Print, im E-Paper, online und als Podcast? Die meisten Reaktionen sehe ich via Social Media. Tenor: üblicherweise erkennbar gefärbt nach Sympathie oder Antipathie zu den im Leitartikel kritisierten Personen (und zum Autor, also zu mir). Letzte Frage: Wie reagieren diese oft hart angefassten Personen? Unterschiedlich. Manche mit dicker Haut, manche mit Glaskinn, fast immer zeitverzögert, meist gar nicht. Allerletzte Frage: Hat der Bundeskanzler reagiert, dem ich in der vorliegenden Ausgabe „Ballhauspopulismus“ attestierte, hat er sich erklärt? Nein, hat er nicht. Aber jener „prominente deutsche CDU-Politiker“ (generisches Maskulinum), den ich erwähnte – der hat sich gemeldet.
Ich wünsche eine schöne weitere Woche. Ihr
Christian Rainer
P.S. Gibt es etwas, das wir an der "Morgenpost" verbessern können? Das Sie ärgert? Erfreut? Wenn ja, lassen Sie es uns unter der Adresse [email protected] wissen.