Wandelhilfe: Die überfällige Reform der Presseförderung

Wiens Bürgermeister will mit Inseraten die journalistische Qualität garantieren. Das klassische Vehikel dafür wäre eigentlich die bundesweite Presseförderung. Doch die überfällige Reform des Fördersystems zeichnet sich nicht ab.

Drucken

Schriftgröße

Die zentralen Sätze zum Medienstandort Österreich stehen auf Seite 84 des türkis-blauen Koalitionspakts: „Die Politik hat daher dafür zu sorgen, auch in einem derart veränderten Umfeld weiterhin ein Medienangebot mit spezifisch österreichischen Inhalten für unser Land und seine Bevölkerung sicherzustellen (…) Ganz ohne öffentliche Teilfinanzierung wird es nicht möglich sein, österreichische Identität in den Medien auf Dauer zu sichern. Das gilt für alle Mediengattungen.“ Also auch für Tages- und Wochenzeitungen: Allerdings kommt der Begriff „Presseförderung“ im Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ nicht mehr vor.

Alles beim Alten

Derzeit ist alles beim Alten: Auch in den Budgets für 2018 und 2019 sind je 8,7 Millionen Euro für die Presseförderung angesetzt. Davon entfallen 3,9 Millionen Euro auf die sogenannte „allgemeine Förderung“ für elf Tageszeitungen und 35 Wochenzeitungen. Aus dieser „allgemeinen Förderung“ erhalten die großen österreichischen Tageszeitungen zwischen 160.000 und 200.000 Euro, ein Magazin wie profil 70.000 Euro. 3,2 Millionen Euro entfallen auf die „besondere Förderung“, von der 2018 laut den vorläufigen Zahlen der Medienbehörde KommAustria nur vier Titel profitieren: „Neue Vorarlberger Tageszeitung“ (671.192 Euro), „Neues Volksblatt“ (674.308 Euro), „Die Presse“ (993.975), „Der Standard“ (902.525 Euro). Mitbewerber wie „Krone“, „Kurier“, „Salzburger Nachrichten“, „Kleine Zeitung“, „Tiroler Tageszeitung“ oder „Oberösterreichische Nachrichten“ haben keinen rechtlichen Anspruch auf eine „besondere Förderung“, da sie jeweils nur regionale Märkte dominieren. Der Rest der Presseförderung in Höhe von 1,5 Millionen Euro geht in die Journalistenausbildung in den einzelnen Verlagen und Einrichtungen wie dem Kuratorium für Journalistenausbildung.

Schon die rot-schwarze Vorgänger-Regierung dachte über eine Reform nach. Das Kernstück: Die Presseförderung sollte auf bis zu 17 Millionen Euro angehoben werden. Auch Gratismedien hätten laut diesen Plänen gefördert werden sollen. Die Höhe der Förderung wäre mit der Zahl der journalistischen Arbeitsplätze in einem Medium verknüpft worden. Dazu hätte es Extra-Förderungen für Zeitungen und Zeitschriften mit Redaktionsstatut (das die Unabhängigkeit der Redaktion festlegt) oder die Teilnahme am Presserat (der freiwilligen Selbstkontrolle der Zeitungen) gegeben. Mit der SPÖ-ÖVP-Regierung ging allerdings auch das Reformkonzept des damaligen Medienministers Thomas Drozda (heute SPÖ-Bundesgeschäftsführer) unter.

Komplette Neuordnung

Dass das aktuelle Fördersystem nicht mehr zeitgemäß ist, wird weder in der Medienbranche noch in der Politik bestritten. Das Presseförderungsgesetz stammt aus dem Jahr 2004. Die Verwerfungen am Markt durch die Digitalisierung und die Dominanz von Google & Co. waren damals für Gesetzgeber nicht vorstellbar. Die türkis-blaue Regierung will – so steht es im Regierungsprogramm – die staatlichen Subventionen künftig an „Maßnahmen zur Anpassung an Digitalisierung“ binden. Der Grundsatz: „Geld für Wandel“. Mit einer schlichten Novelle des Presseförderungsgesetzes ist es aus türkis-blauer Sicht wohl nicht getan. Die gesamte staatliche Subvention für die Medienwirtschaft dürfte neu geordnet werden. Allerdings sind noch keine Pläne bekannt. Bewegung dürfte es erst im kommenden Jahr – nach der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft – geben. Eines scheint sicher: Deutlich mehr als die derzeitigen 8,7 Millionen Euro Förderung wird es für die Zeitungen nicht geben.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.