Der von den Tätern bewusst inszenierte Mord an 13 Schülerinnen und Schülern und einem Lehrer in Columbine und die mediale Omnipräsenz der Tat war nicht nur im englischsprachigen Raum Vorbild für weitere Amokläufe: „Die intensive Berichterstattung über diesen schulischen Massenmord und die anhaltende mediale Verfügbarkeit von Filmmaterial und anderer selbst gefertigter Dokumente der beiden Täter führte zu zahlreichen Nachahmungstaten weltweit“, heißt es dazu in der Studie „Zielgerichtete schwere Gewalt und Amok an Schulen“, die in Deutschland 2009 als Reaktion auf die Amokläufe in Erfurt und Winnenden veröffentlicht wurde: Mindestens drei der in der Studie untersuchten deutschen Täter hatten sich mit den Tätern von Columbine beschäftigt, ein weiterer hatte sich auf den Amoklauf in Erfurt bezogen.
Der Vergleich der Taten lasse vermuten, „dass wir es bei School Shootings mit einem international recht einheitlichen Phänomen zu tun haben“, und: Die Täter würden sich aneinander orientieren. Um den großen Nachahmungseffekt der Taten zu reduzieren, sollten Medien Täter daher anonymisieren, wenig über den konkreten Tatablauf berichten und keine Rechtfertigungen für den Täter bieten.
Schärfere Waffengesetze
Auf gesetzlicher Ebene zog Deutschland aus der Serie an Amokläufen an Schulen Anfang der 2000er Konsequenzen: Nach der Tat in Erfurt 2002, bei der 17 Menschen starben, wurde das Waffengesetz noch im selben Jahr verschärft: Die Altersgrenzen für den Erwerb von Schusswaffen wurden angehoben, die Vorschriften zur Aufbewahrung verschärft und etwa gewisse Schrotflinten verboten. 2009 wurden in Winnenden neun Schüler, drei Lehrkräfte und, während der Flucht des Täters, vier weitere Personen getötet. Daraufhin wurden unter anderem strengere Kontrollen von Waffenbesitzenden beschlossen.
Seit 2014 muss jedes EU-Land zudem ein dezentrales Waffenregister führen. Besonders hoch sollen die Zahlen der illegalen Waffen aber in Serbien sein. Nach dem Doppel-Amoklauf in Belgrad im Mai 2023 startete Serbien daher eine Entwaffnungskampagne zur freiwilligen Abgabe von Waffen. Binnen eines Jahres ist die Zahl der registrierten Schusswaffen so um rund ein Viertel gesunken.
Großbritannien reagierte bereits 1996. Der Mord an 16 Schülerinnen und Schülern und einer Lehrerin in einer Volksschule in Schottland sollte das bislang letzte „School Shooting“ in Großbritannien sein. Denn der Amoklauf führte in England, Schottland und Wales zu einer umfassenden Gesetzesreform: 1997, nur ein Jahr nach der Tat, wurde der Privatbesitz nahezu aller Handfeuerwaffen und semi-automatischer Waffen verboten. Für den Besitz von Schrotflinten gibt es seither eine verpflichtende Registrierung.
In Österreich fordern Grüne und KPÖ nach dem Amoklauf von Graz ein generelles Waffenverbot für Privatpersonen. Ein solches würde dem aktuellen Trend stark entgegenstehen: Seit 2015 ist die Zahl der registrierten Waffen hierzulande um 70 Prozent gestiegen.
Mittlerweile gibt es mehr als 1,5 Millionen registrierte Waffen in Österreich – und mehr als 370.000 Waffenbesitzer. 2015 besaßen nur rund 250.000 Menschen in Österreich legal eine Schusswaffe. Dazu warnt der Verfassungsschutz weiter vor illegalen Waffen, die etwa noch als Überbleibsel aus dem Balkan-Krieg nach über die Grenze geschmuggelt werden. Aufgrund der teils lockeren Waffengesetze dient Österreich aber auch als Quellland für den illegalen Transport in andere EU-Staaten.
Psychologische Hilfe und Prävention
Ein Waffenverbot allein verhindert Amokläufe an Schulen aber nicht: Immer wieder decken britische Behörden Anschlagspläne auf. Auch, indem Schulen verdächtiges Verhalten melden: Einige der vereitelten Amokläufer in Großbritannien führten Täter aus den USA als Vorbild an – besonders jene des „Columbine-Massakers“. Der Großteil der Amokläufer „leakt“ die Tat oder ihre Planung im Vorhinein an Bezugspersonen, etwa, indem eine Waffe hergezeigt oder ihre Mitnahme angedroht wird. Umso wichtiger sind ein für derartige Warnsignale sensibilisiertes Umfeld sowie psychotherapeutische Netzwerke.
Letzteres wurde etwa auch in Finnland nach den Amokläufen in Jokela 2007 und Kauhajoki 2008 erkannt: Seitdem erhalten Lehrerinnen und Lehrer gezielte Schulungen, um auffälliges Verhalten zu erkennen und mit standardisierten Interventionsprotokollen reagieren zu können. Für Schülerinnen und Schüler gibt es zudem eine spezialisierte Plattform, über die sie anonym Mobbing, Bedrohungen oder Online-Gewalt melden können sowie eine eigene Online-Hotline der Polizei als modernes Frühwarnsystem. Im April 2024 tötete dennoch ein 12-Jähriger einen seiner Mitschüler in Vantaa mit einem Revolver.
Eine Maßnahme, die beinahe alle europäischen Länder nach Amokläufen an Schulen ergriffen: Die Aufstockung der schulpsychologischen Dienste. In Österreich ist das im aktuellen Doppelbudget bereits geplant.