Panorama

Mini-Solaranlagen: Strom vom Balkon

Wer kein Haus besitzt und trotzdem eigenen Strom produzieren will, kann das mit Solaranlagen für den Balkon. Die Anschaffung rechnet sich in wenigen Jahren.

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Das Prinzip ist ganz einfach: "Montieren, den Stecker in die Steckdose geben und bei Sonne sofort den eigenen Strom produzieren", so Sonnenkraft-Chef Peter Prasser über den Start von Balkonkraftwerken. Diese Mini-Solarkraftwerke zur Selbstinstallation sind seit dem Vorjahr ein großer Renner. Erstens schießen die Strompreise in die Höhe, zweitens sind Handwerker zur Montage knapp. Prasser, der unter dem Namen Kioto Solar in St. Veit an der Glan selbst Module erzeugt: "Wir haben solche Balkonkraftwerke vor fünf Jahren primär als Werbeartikel für unsere größeren Photovoltaik-Anlagen entwickelt und pro Jahr ein paar Hundert verkauft. 2022 hat sich der Absatz schlagartig verfünffacht. Heuer erwarte ich gegenüber 2021 eine Produktionssteigerung um das 20-Fache." Der Absatz der Minikraftwerke boomt auch bei anderen Herstellern. Es gibt aber keine Statistiken, wie hoch bereits die Gesamtleistung der Balkonkraftwerke in Österreich ist.

Beschränkte Leistung für den Eigenverbrauch

Minikraftwerke für die Steckdose dürfen in Österreich maximal 800 Watt Spitzenleistung pro Haushalt für den Eigenverbrauch erzeugen, also auch bei idealem Wetter nur 800 Watt einspeisen. In der Fachsprache heißt das 800 Watt peak, abgekürzt Wp. Sie bestehen aus dem Solarstromerzeuger und einem Gleichrichter, der den Gleichstrom aus den Solarzellen in den haushaltsüblichen Wechselstrom umwandelt. Außerdem wird auch die Leistung auf den Maximalwert begrenzt. Wenn mehr Strom erzeugt als zu Hause verbraucht wird, dann fließt der Überschuss ohne Entschädigung ins allgemeine Stromnetz. Dies funktioniert über den Anschluss an eine Wandsteckdose, durch die der Strom ins Netz gespeist wird. Im Gegensatz zu großen Anlagen kann der Strom nicht verkauft werden. Dafür kann das E-Werk unbürokratisch betrieben werden. Alfons Haber, Vorstand des Stromregulators E-Control: "Die Installation derartiger Minisolaranlagen benötigt keine Genehmigung durch den Netzbetreiber. Man sollte jedoch den Betrieb dort 14 Tage vorher melden. Dann kann der Netzbetreiber bei Reparaturen, bei denen es zu Spannungsschäden kommen könnte, vorher entsprechend reagieren. Begabte Bastler können die Anlage selbst in Betrieb nehmen, eine Überprüfung durch einen Elektriker ist ganz besonders bei alten Strominstallationen zu empfehlen."Wenn es beispielsweise noch keinen FI-Fehlerstromschalter gibt, besteht auch ohne Solarkraftwerk Handlungsbedarf. Außerdem sollte man auf einen Konformitätsnachweis des Geräts achten. Bei Wohnanlagen ist gegebenenfalls beim Vermieter oder der Eigentümergemeinschaft abzuklären, ob die Installation erlaubt ist. E-Control-Vorstand Haber: "Wenn mehrere Interessenten vorhanden sind, kann man natürlich auch eine größere Anlage am Dach als Energiegemeinschaft betreiben. Es gibt sogar Vermieter, die das bereits aktiv anbieten."

Die Minikraftwerke sind mangels der Vergütung von Stromüberschüssen besonders gut für Dauerabnehmer wie Kühlschränke geeignet. Clevere Nutzer versuchen obendrein, größere Stromverbraucher wie Waschmaschinen bevorzugt dann in Betrieb zu nehmen, wenn die Sonne kräftig scheint. Es gibt dafür sogar spezielle Fernsteuerungen mittels Handy. Allerdings reichen die 800 Watt für stromintensive Nutzungen nicht aus, es wird dann der Zusatzbedarf über den normalen Stromzähler zugekauft.

Wie effektiv ein Kraftwerk sein kann, hängt von der lokalen Sonneneinstrahlung ab. Klar ist, dass ein Nordbalkon ungeeignet ist. EET-Chef Grimmer: "Der Platz muss nicht unbedingt nach Süden zeigen. Auch eine Ausrichtung Richtung Südwesten ist gut. Man kann auch ein Modul nach Süden ausrichten und eines für die Nachmittagssonne nach Westen. Ein Neigungswinkel von 25 Grad ist günstig. Bei einer senkrechten Ausstellung verliert man über das Jahr etwa 20 Prozent, aber im Winter bei flacher Sonneneinstrahlung ist die Leistung noch relativ gut."Die Paneele können auch auf geneigten Dächern montiert werden. David Pirker, Miteigentümer des Villacher Onlinehändlers GreenSolar: "Das gehärtete Glas verträgt normalen Hagel problemlos. Und bei ganz extremem Hagel ist es ein größeres Problem, dass das gesamte Dach kaputt ist." Von Nachteil sind naturgemäß Schattenspender wie Bäume und Lagen mit häufigem Nebel. Kurt Leeb, Chef der Firma Solarkraftzwerg in Loretto: "In Ostösterreich kann man mit 800 Wp und optimaler Ausrichtung mit einer Erzeugung von etwa 750 Kilowattstunden (KWh) pro Jahr rechnen, oberhalb der Nebelgrenze auch mit mehr." Die laufende Leistung kann man mittels Handy-App messen. So kann einerseits bei Bedarf der Montageplatz optimiert werden und andererseits der Einsatz von zusätzlichen Haushaltsgeräten gesteuert werden.

Keine staatliche Förderungen

Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit ist, wie viel erzeugter Strom tatsächlich selbst genutzt wird. Für eine erste Überschlagskalkulation kann man zum Beispiel 20 Prozent abziehen und kommt dann auf jährlich rund 600 KWh. Wie stark die Stromrechnung sinkt, hängt von den derzeit sehr unterschiedlichen Strompreisen ab und der Frage, wie weit man vom Strompreisdeckel profitiert. Bei 30 Cent pro KWh könnte man sich über den Daumen etwa 180 Euro pro Jahr sparen. Derzeit kosten 800-Wp-Anlagen rund 1000 Euro, hinzu kommen Montagematerial und Versandkosten. Eine Anlage könnte sich also bereits innerhalb von fünf Jahren rechnen. Bei höheren Strompreisen und im Falle von Förderungen geht es natürlich schneller. Noch gibt es keine Bundeszuschüsse, aber einige lokale Förderungen. Die Stadt Graz hat im Vorjahr die Installation mit 60 Prozent beziehungsweise maximal 600 Euro gefördert. Wie hoch dort die Förderung dieses Jahr ausfällt, ist noch offen, es sind aber, solange das Budget reicht, noch Mittel aus dem Jahr 2022 verfügbar.

Ein Balkonkraftwerk kann sich bei guten technischen Voraussetzungen auch ohne Förderung rasch bezahlt machen. Die Produkte können außerdem noch jahrelang weitergenutzt und bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden. Sonnenkraft-Chef Prasser: "Weil die Solarzellen gegen Wasser und Sauerstoff geschützt sind, halten die Produkte sehr lange. Wir geben eine Leistungsgarantie von 25 Jahren. Nach 20 Jahren hat die Leistungsausbeute voraussichtlich nur um sechs oder sieben Prozent nachgelassen. Vermutlich ist die Lebensdauer noch länger, eventuell ist der Wechselrichter zwischendurch zu tauschen."

Bis zu sechs Monate Lieferzeit

Eine Hürde für Kurzentschlossene können derzeit die Lieferzeiten sein. Beim Anbieter Solarkraftzwerg betragen die Wartezeiten aufgrund der Nachfrage sechs Monate. GreenSolar-Eigentümer Pirker geht aktuell von vier Wochen aus. Das Unternehmen verkauft primär Sonnenkraftprodukte auf Glasbasis sowie zwei flexible, leichtere Lösungen: eines von der Wiener Neustädter Firma DAS Energy sowie ein in China produziertes Eigenprodukt. DAS-Energy-Verkaufsleiter Benjamin Limberk erklärt das Konzept: "Die Vorteile gegenüber den herkömmlichen Glasmodulen sind eine gewisse Flexibilität und das geringere Gewicht. Es ist auch bei der Montage am Balkon ein Unterschied, ob ich 20 Kilo handhaben muss oder wie bei uns etwa sechs Kilo. Außerdem spiegeln unsere Produkte viel weniger. Das kann das Zusammenleben mit Nachbarn erleichtern." Grundsätzlich gilt eine gewisse Belastung durch Spiegelung als ortsüblich erlaubt. Werden aber Nachbarn stark geblendet, können diese gegen den Betrieb vorgehen. So hat der Oberste Gerichtshof entschieden, dass gesundheitsschädliche Lichtemissionen nie als ortsüblich gelten. Limberk: "Auch in der Nähe von Flughäfen ist der Einsatz unserer Produkte mit matter Oberfläche möglich, weil Piloten nicht geblendet werden." Der Verkauf an Endverbraucher erfolgt wie erwähnt über die Villacher Firma GreenSolar. Dort werden die DAS Module auch mit Gleichrichtern kundenfertig ergänzt. "Im Endeffekt sind die Gesamtlösungen etwa ein Viertel teurer als herkömmliche aus Glas. Aber dafür ist die Montage günstiger, es reichen oft Kabelbinder",sagt DAS-Energy-Verkaufsleiter Limberk.

Neben den beiden österreichischen Erzeugern Sonnenkraft und DAS stellt auch energetica in der Kärntner Gemeinde Liebenfels Solarpaneele her. Allerdings wurde die Produktlinie Balkonkraftwerke nach einer Insolvenz vorläufig gestoppt. In Zukunft ist es aber denkbar, dass die Produktion von Minianlagen wiederaufgenommen wird. Neben diesen Herstellern von Paneelen gibt es eine Reihe von Zulieferern aus Österreich, so stellt zum Beispiel das oberösterreichische Unternehmen Fronius Wechselrichter her. Ebenfalls Österreich im Fokus hat der bayerische Onlinehändler Alpha-Solar, bezieht aber die Module aus China und rechnet mit etwa sechs Wochen Lieferzeit. Neben der Versandmöglichkeit gibt es auch sechs Abholstationen in Österreich.

Backup bei Blackout

Im Fall eines Blackouts, also eines Ausfalls des Stromnetzes, liefern Balkonkraftwerke keinen Strom. In diesem Fall werden die Balkonmodule aus Gründen der Sicherheit automatisch vom Netz genommen. Der Strom könnte aber in externen Batterien gespeichert werden. Hier müssten allerdings die Stecker händisch von Netz-auf Batteriebetrieb umgesteckt werden. Eine automatische Lösung bietet das Grazer Unternehmen EET Efficient Energy Technology. Die drei Gründer hatten sich an der Technischen Uni Graz bereits jahrelang mit nachhaltigen Energien beschäftigt und machten sich 2017 mit dem Start-up selbstständig. Beim EET-Produkt Solmate G werden zwei Solarmodule von zusammen 740 Watt peak mit einem Speicher-und Steuerungsmodul gekoppelt und können von den Kunden selbst an eine Steckdose angeschlossen werden. Das Kombiprodukt kostet ab 2899 Euro, kann aber wegen des großen Interesses erst im dritten Quartal 2023 geliefert werden. EET-Chef Christoph Grimmer: "Die Nachfrage hat sich allein im Vorjahr verdreifacht. Wir sind mit dieser von uns entwickelten Speicherlösung für die Steckdose der einzige Anbieter am Markt. Mir ist auch im Ausland kein Produzent bekannt. Das Produkt ist nicht nur für den Stromausfall geeignet, sondern kann auch tagsüber für den Verbrauch am Abend speichern." Die Speicherkapazität ist mit 1,5 Kilowattstunden begrenzt, man kann damit im Notfall zumindest Lampen versorgen und Handys aufladen.

Hauptnachteil der Balkonkraftwerke ist die begrenzte Leistung, die den Strombedarf nicht gänzlich abdecken kann. Das muss nicht so bleiben, glaubt DAS-Energy-Verkaufsleiter Limberk: "Es ist zu hoffen, dass in Österreich künftig auch mehr als die 800 Watt peak für Balkonkraftwerke möglich sind. Es gibt keinen technischen Grund, warum nicht 1200 Watt erlaubt sind. Das entspricht weniger als dem Bedarf eines Haarföhns und würde noch keine merkbaren Spannungsschwankungen im Stromnetz verursachen. In England sind sogar 3800 Watt erlaubt. Natürlich steigt dann der Anteil von ungenutztem Strom. Ich glaube nicht, dass Stromversorger etwas dagegen haben, wenn sie etwas geschenkt bekommen."