Dreck, Kotze, Macht und Würde: Putzkräfte reden Tacheles über ihre Arbeit
Sie sind überall. Sie kommen in den frühen Morgenstunden in die Firmen, Ministerien und Banken. Sie streifen durch die Büros der Geschäftsführer, bei denen andere Wochen auf Termine warten. Sie haben die Schlüssel zu unzähligen Häusern und Wohnungen. Wenn sie gehen, sind die Böden gewischt, die Oberflächen makellos, der Lurch weg. Putzfrauen, Reinigungspersonal, „Putzperlen“, Reinigungsdamen: Sie haben viele Namen, manche herablassend, manche technisch. Sie bleiben trotzdem eine Schattentruppe. Existenziell wichtig, um den Laden am Laufen zu halten, aber bitte so diskret wie möglich.
Die Branche hat einen schlechten Ruf: niedriger Lohn, schlechte Arbeitsverhältnisse und wenig Ansehen. In privaten Haushalten läuft vieles schwarz – also ohne Anmeldung, Steuern und Versicherung. Konkret wurde 2022 im Wert von 510 Millionen Euro schwarz geputzt, berechnete der Ökonom Friedrich Schneider. Zum offiziellen Branchenumsatz von 2,2 Milliarden Euro dazugerechnet, heißt das: Fast 20 Prozent der Reinigung passiert schwarz. Das sind meistens die „Putzperlen“ in privaten Haushalten, die jahrelang da sind, aber vermutlich nie eine Pension bekommen werden. Vier Reinigungskräfte und eine Unternehmerin erzählen profil ihre Geschichten. Sie erzählen von Dreck, Kotze und Ausbeutung. Aber auch von guten Arbeitsverhältnissen, Aufstieg und würdevollem Umgang. Was erleben sie? Und warum ist es nicht ein Job wie jeder andere?
„Er hat immer gesagt: ,Du bist Asyl.‘“
Warda, 34, arbeitet seit fünf Jahren als Putzkraft:
Ich bin vor zehn Jahren aus Syrien nach Österreich gekommen. Zuerst habe ich einen Deutschkurs gemacht, danach als Putzfrau in einem größeren türkischen Dönerlokal gearbeitet. Da war es furchtbar. Die Chefs wollten mir nicht mehr als sechs Euro die Stunde zahlen. Mein Chef hat mir einmal gesagt: „Du bist Teilzeit, also hast du keine Pause.“ Und er hat immer gesagt: „Du bist Asyl.“ Ich habe ohne Pause wie eine Maschine gearbeitet, fünf Tage pro Woche, zwischen sechs Uhr in der Früh bis Mittag. Irgendwann habe ich deshalb gekündigt.
Ich arbeite nicht schwarz, ich möchte die Staatsbürgerschaft bekommen. Danach habe ich über eine Leihfirma in einem Hotel gearbeitet. Dort wurde ich nach geputztem Zimmer bezahlt. Pro Zimmer verdiente ich 3,50 Euro. Ich musste 20 Zimmer pro Schicht putzen. Ihnen war egal, wie lange es dauerte. Am Ende des Monats wurde ich plötzlich nicht ausbezahlt. Ich bin deshalb viermal in die Firma gekommen, immer wurde ich abgewimmelt. Schließlich bekam ich nur einen Bruchteil. Als ich meinem Chef damit gedroht habe, dass ich zur Arbeiterkammer gehen werde, hat er zu mir gesagt: „Du bist ein Flüchtling, was willst du machen?“
Jetzt arbeite ich in einer Kletterhalle, ich verdiene 11,50 Euro pro Stunde. Ich beginne um sechs Uhr und putze bis 10 Uhr früh. Mein Mann arbeitet in einem Supermarkt im Lager, er beginnt auch früh am Morgen. Unsere 18-jährige Tochter bringt unseren Sohn deshalb immer in den Kindergarten. Zusätzlich putze ich eine Gästewohnung in einem Haus. Die Besitzer haben mich nach ein paar Monaten gefragt: „Wollen Sie ein bisschen mehr Geld?“ Natürlich habe ich Ja gesagt. Ich bekomme jetzt 23 Euro pro Stunde.
Manchmal kommen Kunden oder auch andere Mitarbeiter und sagen nicht einmal Hallo, wenn ich da bin und putze. Das macht mich traurig. Warum sagst du nicht Hallo? Ich habe in Syrien Matura gemacht, aber selbst wenn ich eine Ärztin wäre – ohne Sprache und Nostrifizierung bringt mir das nichts. Freundinnen von mir wollen nicht in der Reinigung arbeiten. Ich sage ihnen: Egal ob Putzen, Kassa oder Verkäuferin, es ist alles eine Arbeit. Wenn du arbeitest, bist du unabhängiger. Meine Tochter ist auch stolz, dass ich arbeite.