OeNB-Gouverneur Martin Kocher
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Kocher an der OeNB-Spitze: Neuer Stil, alte Vorbehalte

Martin Kocher muss sich bei seinen Kollegen in der Nationalbank ins Zeug legen. Noch herrscht Skepsis hinter den altehrwürdigen Gemäuern am Wiener Otto-Wagner-Platz. profil traf den neuen OeNB-Gouverneur zum Gespräch.

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Bei Notenbankern muss man jedes Wort auf die Waagschale legen. Alles, was man sagt, wiegt schwer. Es könnte sich hinter dem Gesagten zum Beispiel ein Hinweis auf die nächste Zinsentscheidung verbergen, und schon hyperventilieren die Finanzmärkte. Martin Kochers erstes Wort als neuer Gouverneur der Österreichischen Nationalbank (OeNB) war das Du-Wort. Das hat er seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gleich an seinem ersten Arbeitstag angeboten.

Kocher muss sich mit seiner Belegschaft gutstellen. Die legt nämlich auch jedes seiner Worte auf die Waagschale. Bei einem Townhall-Meeting, das eher an „Frühstück bei mir“ erinnern sollte, wie profil berichtet wird, läutete Kocher den neuen Ton in der OeNB ein. Neben dem Du-Wort soll es auch eine neue Strategie geben: Die Notenbank soll digitaler, moderner werden. Sich wirtschaftspolitisch stärker aufstellen. Was das konkret heißt? Das soll jetzt einmal erarbeitet werden.

Neben dem Du-Wort verkündete Kocher auch gleich, dass die Prämienauszahlungen an die Mitarbeiter gekürzt und künftig an weniger Personen ausbezahlt werden. Das vierköpfige Direktorium bekommt keine Prämien, sondern ein fixes Gehalt. Dass bei den Direktorengehältern nicht von Kürzungen die Rede ist, stößt ein paar sauer auf. Kocher verdient mehr als der Bundeskanzler. Dass sich auch neuerdings drei von vier Direktoren einen eigenen Pressesprecher beziehungsweise eine neue Assistenz leisten, kommt bei den grundsätzlich skeptischen Notenbankern ebenfalls nicht gut an. „Die Notenbank muss mit einer Stimme nach außen sprechen. Alles, was wir kommunizieren, hat Auswirkungen – bei der EZB in Frankfurt bis hinauf in die Spitzenpolitik“, erzählt ein Mitarbeiter.

Marina Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".