Novomatic-Vorstandsvorsitzender Harald Neumann (54) und -Aufsichtsratvorsitzender Herbert Lugmayr (79)

Novomatic: Vorstand und Aufsichtsrat im Interview

Profitabel, expansiv, streitfreudig, umstritten: Die Novomatic AG gilt nicht eben als Österreichs zahmstes Unternehmen. Mit den Engagements bei Casinos Austria und Lotterien hat Novomatic nun auch den heimischen Glücksspielmarkt an sich gerissen. Aber wie böse ist der Konzern wirklich? Vorstandschef Harald Neumann und Aufsichtsratsvorsitzender Herbert Lugmayr über schlechte Presse, erpresserische E-Mails und gekaufte Politiker.

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INTERVIEW: MICHAEL NIKBAKHSH MITARBEIT: TINA ZEINLINGER

profil: Herr Lugmayr, Herr Neumann, erklären Sie unseren Leserinnen und Lesern doch bitte, was genau Novomatic macht. Harald Neumann: Novomatic ist ein integrierter Gaming-Technologiekonzern, unter den Top drei der Welt, die klare Nummer eins in Europa. Auf der einen Seite produzieren wir Hightech-Gaming-Equipment und entwickeln die Software dazu. Auf der anderen Seite betreiben wir weltweit über 1600 Gaming Locations. Spielbanken, Automatencasinos, Sportwetten-Outlets, Lotterien, wobei Europa für uns der mit Abstand wichtigste Markt ist. Herbert Lugmayr: Und wir entwickeln in 20 Technologiezentren, verteilt auf 13 Länder, auch den Game-Content selbst. Das ist ein ganz wichtiger Zweig. Das macht uns unabhängig von Dritten. Neumann: Genau genommen sind wir mittlerweile ein Software-Unternehmen. Weltweit beschäftigen wir rund 26.000 Mitarbeiter, davon etwa 3500 in Österreich.

profil: Novomatic hat allem Anschein nach Glück im Spiel. Zwischen 2011 und 2015 hat der Konzern in Summe 900 Millionen Euro netto nach Steuern verdient. Der Umsatz stieg in der Zeit von 1,4 auf 2,1 Milliarden Euro ... Neumann:... das ist der reine Novomatic AG-Konzern. Die gesamte Gruppe (Anm.: neben der Novomatic AG kontrolliert Gründer und Alleinaktionär Johann Graf noch weitere Unternehmen) macht einen Umsatz von vier Milliarden Euro.

profil: Zwischen 2010 und 2014 hat das Unternehmen recht mühelos 600 Millionen Euro durch Anleiheemissionen bei Investoren aufgetrieben. Und längst gilt Novomatic auch als eine der stärksten Marken im Lande. Das ist schon beachtlich. Lugmayr: Durchaus. Die Anleihen waren stets überzeichnet, was das große Vertrauen der Investoren in unsere Unternehmensgruppe zum Ausdruck bringt. Wir haben vergangenes Jahr übrigens insgesamt auch 600 Millionen Euro an Steuern und Abgaben in Österreich gezahlt.

profil: Novomatic als Gelddruckmaschine zu bezeichnen, greift ausnahmsweise nicht zu kurz. Lugmayr: Also nein, so würde ich das wirklich nicht sagen. Zudem brauchen wir eine hohe Eigenkapitalausstattung, um die umfangreichen Investitionen, unter anderem in Forschung und Entwicklung, finanzieren zu können. Neumann: Wir liegen mit unserer Profitabilität zwar durchaus im oberen Bereich der Branche, aber nein, so weit würde ich auch nicht gehen.

Ganz generell ist der Begriff Gaming in Österreich oder Deutschland eher negativ besetzt. In Nord- und Südeuropa ist das anders. (Harald Neumann)

profil: Mit Blick auf die wirtschaftlichen Erfolge von Novomatic müssten dem Unternehmen hierzulande eigentlich fortgesetzt publizistische Denkmäler gesetzt werden. Neumann: Sollte man meinen.

profil: Sie haben aber auffallend oft schlechte Presse. Neumann: Ganz generell ist der Begriff Gaming in Österreich oder Deutschland eher negativ besetzt. In Nord- und Südeuropa ist das anders. Spielautomaten wiederum werden nicht so positiv gesehen wie zum Beispiel Lotterien, die ja oft staatlich sind. In Wien hatten wir zusätzlich das Problem der vielen kleinen Gassenlokale, die vom Gesetzgeber so vorgesehen waren (Anm.: das sogenannte kleine Automatenglücksspiel wurde in Wien mit Ende 2014 verboten).

profil: In einzelnen Bezirken wurden ganze Straßenzüge verwüstet. Neumann: Das hat dem Image von Novomatic sicher geschadet. Und dann haben wir wahrscheinlich noch den Faktor Neid. Es gibt nicht viele Menschen, die das geschafft haben, was Prof. Graf (Anm.: Novomatic-AG-Gründer und -Alleinaktionär Johann Graf) geschaffen hat. Lugmayr: Das kann man gar nicht ausreichend würdigen.

profil: Interessanterweise stehen die Casinos Austria mit ihren Spielbanken und Automaten in der öffentlichen Wahrnehmung ungleich besser da. Lugmayr: Da sage ich nur eines dazu: Wenn man vornehmlich Öffentlichkeitsarbeit betreibt, dann wirkt sich das möglicherweise auch auf die Darstellung des Unternehmens aus. Neumann: Und vergessen Sie bitte nicht die Eigentümerstruktur der Casinos Austria. Es ist ja auch der ORF daran beteiligt, was sicher kein Nachteil für die Berichterstattung war.

profil: profil nannte Novomatic 2010 mit Blick auf die ausgesuchten Kontakte in die Politik und die Affäre Grasser/Meischberger, auf die wir noch zu sprechen kommen, "Österreichs umstrittensten Konzern". Wie gefällt Ihnen das? Lugmayr: Mir gefällt das ganz und gar nicht. Neumann: Nette Headline vielleicht, aber auch nicht mehr.

profil: Sie haben eine auffallend große werbliche Präsenz in Printmedien. In bestimmten Gratiszeitungen mit großer Verbreitung in Wien finde ich immer wieder ausladende Werbeeinschaltungen. Das ist wiederum deshalb bemerkenswert, weil ja gerade Wien die Automatenkonzessionen Ende 2014 eingezogen hat. Was also bringt das? Neumann: Also erstens betreiben wir in ganz Österreich Sportwetten-Filialen, natürlich auch in Wien. Und zweitens ist es wichtig, das Image als Arbeitgebermarke zu fördern. Wir suchen ständig gute Leute.

profil: Wie tut sich eigentlich Ihr Markenbotschafter Niki Lauda? Lugmayr: Hervorragend. Er ist ja omnipräsent jede Woche. Das war eine gute Entscheidung, und er personifiziert wichtige Unternehmenswerte: Innovation, Technologie, Schnelligkeit.

Wir haben in Europa fünf wichtige Glücksspielmärkte definiert. Großbritannien, Deutschland, Italien, Spanien und natürlich Österreich, wobei Österreich jetzt kein wirklich großer Markt ist. (Harald Neumann)

profil: Sie expandieren flott. Seit 2011 wurde der Mitarbeiterstand weltweit durch Zukäufe auf nunmehr 26.000 mehr als verdoppelt. Allein in den vergangenen Monaten haben Sie drei Geschäfte in trockene Tücher gebracht. Ein Engagement beim australischen Automatenhersteller Ainsworth, die Übernahme des britischen Spielsalon-Betreibers Talarius und die albanische Lotteriengesellschaft. Habe ich etwas vergessen? Lugmayr: Ja, es gibt noch einige mehr. Etwa die Übernahme kleinerer Betreiber in Kroatien, Deutschland und Italien. Neumann: Wir haben in Europa fünf wichtige Glücksspielmärkte definiert. Großbritannien, Deutschland, Italien, Spanien und natürlich Österreich, wobei Österreich jetzt kein wirklich großer Markt ist. Im ganzen Land stehen etwa 9000 Spielautomaten, wobei hier auch schon die illegal betriebenen Geräte miteinbezogen sind. So viel wie in zwei Casinos in Las Vegas. Unser klares Ziel war immer, in all diesen Märkten die Marktführerschaft zu erreichen. Mit der Talarius-Akquisition sind wir nun der größte Spielhallenbetreiber Großbritanniens, mit zwei Produktionen auch einer der größten Arbeitgeber dort. In Deutschland waren wir schon Nummer eins und wollen diese Position absichern. In Italien sind wir im Video-Lotterie-Bereich bereits die Nummer eins, unsere Maschinen sind dort die meistverkauften. Aber gerade in Italien ist noch einiges drin. In Spanien haben wir in den vergangenen zwei Jahren sehr viel investiert, sind unter anderem in Madrid der größte Spielhallenbetreiber und kaufen weiter zu. Und in Österreich wollen wir mit den Casinos Austria...

profil: Darauf kommen wir noch. Wie passen die Australier in die Europastrategie? Neumann: Ainsworth ist der zweitstärkste australische Marktteilnehmer und hat ein sehr gutes Know-how bezüglich US-amerikanischer Software und jener Mathematik, die nötig ist, um auch diesen Markt erfolgreich zu bearbeiten. Als zweitgrößter Glücksspielmarkt der Welt nach Europa sind die USA für Novomatic natürlich interessant. Lugmayr: Das Geschäft in Australien bedarf allerdings noch der Genehmigung durch internationale Lizenzierungsbehörden. Nicht unerwähnt möchte ich aber auch unsere große Casinokompetenz lassen. Wir betreiben unter anderen die größte Spielbank Deutschlands in Berlin, die größte Spielbank der Schweiz in Mendrisio, und erst vor wenigen Tagen haben wir ein großes Casino in San Roque in Spanien eröffnet.

profil: Werden Ihnen Unternehmen weltweit eher angeboten, oder reisen Sie umher und lassen Visitenkarten liegen? Neumann: Die werden angeboten. Nehmen wir das Beispiel Ainsworth. Gründer Len Ainsworth kennt Prof. Graf seit 30 Jahren. Sie haben immer schon überlegt, ob sie einmal etwas gemeinsam machen. Und auch aufgrund des doch etwas fortgeschrittenen Alters von Herrn Ainsworth hat sich das dann ergeben. Lugmayr: Ein Herr mit 92 Jahren, sehr fit.

profil: Novomatic hat sich 2015 maßgeblich in die Casinos Austria AG und die Österreichische Lotterien GmbH eingekauft. Also genauer in ein für Außenstehende schwer zu durchdringendes Geflecht aus Gesellschaften und Verträgen. Zeitgleich griffen auch zwei tschechische Unternehmer nach den Casinos. Ab da wurde über Monate um die Kontrolle gestritten. Auch die Bundeswettbewerbsbehörde hat sich eingeschaltet. Wer hat da jetzt eigentlich das Sagen? Neumann: Die Situation war vor dem Hintergrund komplexer vertraglicher Aufgriffsrechte für alle Beteiligten schwierig. Auf Dauer hätten die Auseinandersetzungen den Casinos Austria sehr geschadet, weshalb wir uns dazu entschlossen haben, den Streit mit den Tschechen beizulegen, mit dem Plan, die Anteile in einem Joint Venture zu bündeln. Vorausgesetzt, die notwendigen Genehmigungen der Bundeswettbewerbsbehörde und auch internationaler Lizenzierungsbehörden liegen vor. Wir sind dazu derzeit in Gesprächen über mögliche Auflagen, bis Ende August, Anfang September sollten wir Klarheit haben. Zur Umsetzung einer Kooperation mit den Tschechen müssen wir aber zuerst die alleinige Kontrolle erreichen.

profil: Teilen wir die Casinos-Gruppe in drei Teile: die zwölf österreichischen Spielbanken, das Auslandsgeschäft und die Österreichischen Lotterien. Welcher ist aus Sicht von Novomatic der interessanteste? Neumann: Die Lotterien.

profil: Weil diese als Einzige im Lande eine nur teilweise genutzte bundesweite Lizenz für den Betrieb von Glücksspielapparaten, den sogenannten Video Lottery Terminals, haben? Neumann: Die klassische Lotterie ist die Cashcow der Casinos Austria, und die VLTs stellen eine Geschäftserweiterung für uns dar, die wir in Abstimmung mit dem Finanzministerium und den Landesregierungen ausbauen wollen. Wir wollen aber das Unternehmen insgesamt weiterentwickeln und das große Potenzial heben. Ein weiterer Vorteil, der sich daraus ergibt, ist auch der Ausbau des segmentübergreifenden Spielerschutzes.

profil: Österreich, das Glücksspiel, die Gesetzgebung - das ist eine ziemlich komplizierte Konstellation. In Wien, Salzburg, Tirol und Vorarlberg ist das Automatenglücksspiel verboten, in den anderen Bundesländern dagegen erlaubt. Die Casinos Austria und die Lotterien dürfen ihre Apparate dennoch landesweit betreiben, also auch in den Ländern, in denen das eigentlich verboten ist. Bundeslizenzen, Landeslizenzen, alles sehr eigen. Was verrät das über Österreich? Lugmayr: Dass die föderalen Strukturen in Österreich sehr kompliziert sind. Aber das wissen wir ja aus vielen Bereichen. Ob es das Gesundheitswesen ist, das Bildungssystem, das Förderwesen oder eben das Glücksspiel.

profil: Der Verwaltungsgerichtshof hat jüngst drei richtungsweisende Entscheidungen getroffen: Die Lizenzen für den Betrieb von Spielautomaten in Niederösterreich und dem Burgenland wurden ebenso gekippt wie der Zuschlag für zwei vollwertige Casino-Konzessionen für Niederösterreich und Wien. Neumann: Da wie dort wurden leider aufseiten der Behörden Verfahrensfehler begangen, die von den Mitbewerbern beeinsprucht wurden. Ich gehe davon aus, dass Niederösterreich und das Burgenland diese Formalfehler umgehend korrigieren.

profil: Wird das Finanzministerium die Casino- Konzessionen neu ausschreiben? Neumann: Eine interessante Frage. Die Antwort darauf wüsste ich auch gerne.

profil: Wie liege ich mit meiner Schätzung, wenn ich sage, die Rechtsabteilung gehört zu den meistbeschäftigten im Hause Novomatic? Neumann: Sie ist eine der meistbeschäftigten, das hat aber hauptsächlich mit den zahlreichen Akquisitionen zu tun. Lugmayr: Sagen wir sehr beschäftigt. Meistbeschäftigt ist sie nicht.

Gerade in Wien haben ein paar Leute ein Geschäftsmodell daraus entwickelt, Novomatic unter Druck zu setzen. Da werden Bücher geschrieben oder erpresserische Mails verfasst. (Harld Neumann)

profil: Novomatic gilt als durchaus streitfreudig. Sie gehen zum Beispiel mit auffallend großem Engagement gegen illegale Automatenbetreiber vor. Neumann: ... wegen unlauteren Wettbewerbs, ja. Wir haben allein in der jüngeren Vergangenheit 320 entsprechende Klagen eingebracht. Oberösterreich ist ganz schlimm, mittlerweile stehen dort 1000, möglicherweise sogar mehr illegale Automaten. Übrigens stehen auch in Wien über 650 illegale Geräte.

profil: Ganz en passant bereinigen Sie damit den Markt zu Ihren Gunsten. Neumann: Es ist ein berechtigtes Anliegen, gegen illegale Spielangebote vorzugehen. Das passiert natürlich auch aus Eigeninteresse, kommt aber allen zu Gute. Lugmayr: Wir unterstützen damit auch die Behörden im Kampf gegen illegale Automaten. Der illegale Markt kennt nur Verlierer, denn da gibt es keinen Spieler- und Jugendschutz, und es werden keine Steuern oder Abgaben bezahlt.

profil: Novomatic wird immer wieder von Spielern geklagt, die mit Hinweis auf ihre Spielsucht teils Hunderttausende Euro zurückfordern. Neumann: Im Grunde handelt es sich hier um Altlasten. Es geht ausschließlich um die Rechtslage vor der Glücksspielgesetznovelle 2010, wo noch keine Aufzeichnungen zum Spielverhalten geführt wurden. Das Glücksspiel war damals anonym. Heute ist das völlig anders. Wir haben ein engmaschiges Informationsnetz, das gewährleisten soll, auffälliges Spielverhalten bereits im Ansatz zu erkennen und allenfalls Sperren auszusprechen. Nach der neuen Rechtslage gibt es zum Thema Spielsucht auch keine einzige Klage mehr. Verstehen Sie mich nicht falsch, sollte jemand spielsüchtig sein, dann stehen wir zu unserer Verantwortung. Aber gerade in Wien haben ein paar Leute ein Geschäftsmodell daraus entwickelt, Novomatic unter Druck zu setzen. Da werden Bücher geschrieben oder erpresserische Mails verfasst. Erst neulich hat einer verlangt, dass wir ihm innerhalb weniger Tage drei Millionen Euro überweisen, andernfalls werde er "belastendes Material" an die Presse spielen. Und dazu eben Klagen von Leuten, die behaupten, unglaubliche Summen verspielt zu haben, während sie vorübergehend geschäftsunfähig gewesen seien. Daraus ein Geschäft zu machen, ist wirklich verwerflich.

profil: Mit der Einschränkung, dass Sie ja auch ein Geschäft damit machen. Neumann: Aber nicht mit der Spielsucht.

profil: Durchaus. Neumann: Das weise ich entschieden zurück. Ich möchte einmal klarstellen, dass Gäste von Casinos nicht undifferenziert mit Spielsüchtigen gleichzusetzen sind. Nationale und internationale Studien besagen, dass rund ein Prozent der erwachsenen Bevölkerung ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten aufweisen. 99 Prozent haben Gott sei Dank kein Problem damit. Die Spielsuchtproblematik hat sich nebenbei längst hin zu Online-Angeboten verlagert. Im Internet haben Sie überhaupt keine Kontrolle darüber, wer wann und wie hoch spielt.

profil: Hat Novomatic im Jahr 2006 versucht, ein für den Konzern vorteilhaftes Gesetz in Österreich zu kaufen? Lugmayr: Nein.

profil: Ganz sicher? Lugmayr: Ja, ganz sicher.

Herr Hochegger war damals eine der ersten Adressen in Österreich für Öffentlichkeitsarbeit und Lobbying. Der Novomatic-Vorstand hat mit Wissen des Aufsichtsrates seinerzeit eine Zusammenarbeit mit ihm begründet, die, soweit das dem Aufsichtsrat kommuniziert wurde, sehr zufriedenstellend verlaufen ist. (Herbert Lugmayr)

profil: Die Justiz verdächtigt den früheren Novomatic-Vorstandschef Franz Wohlfahrt, den damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser via Walter Meischberger mit 100.000 Euro bestochen zu haben. Im Abtausch dafür, dass Grasser, wenn auch erfolglos, versucht haben soll, das zu diesem Zeitpunkt noch bestehende Glücksspielmonopol der Casinos-Austria-Gruppe via Gesetzesänderung auszuhebeln. Was allerdings alle Beteiligten bestreiten. Was sagen Sie dazu? Neumann: Zum Thema Grasser/Meischberger kann ich grundsätzlich nichts sagen, weil ich zum damaligen Zeitpunkt nicht im Unternehmen war. Lugmayr: Dazu gibt es auch nichts zu sagen, außer, dass es nicht wahr ist.

profil: Tatsache ist, dass Novomatic den Lobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger zwischen 2005 und 2009 insgesamt zwei Millionen Euro an Honoraren zahlte. Und Tatsache ist auch, dass ich bis heute nicht verstanden habe, wofür. Lugmayr: Herr Hochegger war damals eine der ersten Adressen in Österreich für Öffentlichkeitsarbeit und Lobbying. Der Novomatic-Vorstand hat mit Wissen des Aufsichtsrates seinerzeit eine Zusammenarbeit mit ihm begründet, die, soweit das dem Aufsichtsrat kommuniziert wurde, sehr zufriedenstellend verlaufen ist. Mehr ist dazu nicht zu sagen.

profil: Die frühere niederösterreichische SPÖ-Landesrätin Christa Kranzl hat jüngst in einem Zivilverfahren als Zeugin ausgesagt, Herr Wohlfahrt habe ihr rund um ein Lizenzverfahren in Niederösterreich im Jahr 2005, ich zitiere, "Vorteile" in Aussicht gestellt. Wohlfahrt bestreitet das entschieden. Da steht wohl Aussage gegen Aussage. Neumann: Die Aussage hat sie auch wieder revidiert. Lugmayr: Ja, das hat sie. Und zwar zur Gänze.

profil: Das hat sie nicht. Kranzl hat lediglich präzisiert, dass sie selbst keinerlei Vorteile bekommen und darüber hinaus auch keine Hinweise auf Bestechungszahlungen an Dritte habe. Lugmayr: Ich habe Dr. Wohlfahrt natürlich darauf angesprochen. Er sagte, er habe das niemals auch nur angedeutet. Ich habe überhaupt keine Veranlassung, das infrage zu stellen.

profil: Nach meinen Recherchen war für den Fall, dass Sie den Zuschlag für das Hotel -und Casinoprojekt in Bruck an der Leitha erhalten, keine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen. Bei einem Projekt dieser Größenordnung mit 103 Zimmern, 500 Automaten, 26 Tischen und einem großzügigen Parkplatz ist das doch einigermaßen überraschend. Wie kommt man da an einer UVP vorbei? Neumann: Ich weiß es a) nicht, bin mir sicher, dass b) alles rechtmäßig gelaufen ist, abgesehen davon ist es c) ohnehin vom Tisch.

profil: Trifft es zu, dass Novomatic für den Ausbau von Produktionskapazitäten in Tschechien, konkret bei der Beteiligung European Data Project, EU-Förderungen in Anspruch genommen hat? Lugmayr: Das betrifft eine Schwesterfirma der Novomatic AG, da sind wir die falschen Ansprechpartner.

profil: Wäre beispielsweise ein EU-Kommissar wie Johannes Hahn, der ja eine Novomatic-Vergangenheit hat, in so einem Fall ein richtigerer Ansprechpartner? Neumann: Ganz im Gegenteil. Es ist eher kontraproduktiv, einen EU-Kommissar zu haben, der mal im Unternehmen war. Mit dem könnte man nicht einmal auf einen Kaffee gehen, ohne zu riskieren, dass dann irgendwas Verschwörerisches in den Medien steht. Lugmayr: Ich habe Dr. Hahn zuletzt vor einem Jahr gesehen. Im Zuge unseres Gespräches meinte er auch, dass jeder EU-Kommissar unter permanenter Beobachtung stehe. Die Zusammenarbeit mit ihm als Vorstand war übrigens immer hervorragend.

profil: Was genau macht eigentlich Alfred Gusenbauer für Novomatic? Neumann: Herr Gusenbauer berät unsere Geschäftsführung in Deutschland, zuvor war er ja Aufsichtsratspräsident unserer deutschen Tochtergesellschaft Löwen Entertainment. Er ist einer der intelligentesten und gebildetsten Menschen, die ich kenne. Und er hat aufgrund seiner politischen Vergangenheit ein weltweites Netzwerk, das uns nützt. Gusenbauer ist schlicht ein wertvoller Ratgeber. Lugmayr: Jede Diskussion mit ihm ist ein Gewinn für alle Teilnehmer.

Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.