Leben auf der Warteliste

Der Apotheker Abdul S. flüchtete im September 2015 mit seiner Familie nach Deutschland. Er wartet noch immer auf seinen Asylbescheid.

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Der heute 43-jährige Syrer Abdul S. machte sich Hoffnungen auf ein besseres Leben. Während in seiner Heimatstadt Aleppo der Bürgerkrieg tobt, lebt er in einem kleinen Dorf im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz. Vor einem Jahr ließ sich der in die Türkei geflüchtete Apotheker mit seiner Familie von Schleppern um 1000 Dollar pro Person per Schlauchboot nach Griechenland bringen. Danach schaffte er es in nur sechs Tagen über die Balkanroute nach Österreich. Per Bahn ging es weiter nach Deutschland, wo sein jüngerer Bruder als Arzt lebt. "Ich dachte, in einem so großen Land einfach mehr Chancen zu haben“, sagt Abdul S., der fünf Fremdsprachen beherrscht, darunter Deutsch.

Warten auf den Asylbescheid

Heute kann er seine Enttäuschung kaum verbergen. Denn er wartet noch immer auf seinen Asylbescheid. "Andere, die mit uns nach Deutschland reisten, haben Asyl nach nur einem Monat bekommen. Nur wir werden dauernd vertröstet.“ So lebt er nun in einem kleinen Dorf in einer Sozialwohnung. 270 Euro Taschengeld lassen keine großen Sprünge zu. Zumindest seine sechsjährige Tochter Miriam hat im örtlichen Kindergarten schon gut Deutsch gelernt. Sein 18-jähriger Sohn Mohammed aus erster Ehe, der vor Kurzem einen positiven Asylbescheid erhielt, lernt derzeit noch Deutsch und will später ein Studium beginnen.

Abdul S. musste unlängst einen weiteren Rückschlag einstecken: Er hat erfahren, dass er zumindest drei Jahre lang sein Pharmazie-Studium nachholen muss, weil er auf der Flucht aus Aleppo sein Diplomzeugnis nicht mitnehmen konnte.

Der Apotheker machte bereits in der Türkei, wo er bis zur Flucht nach Deutschland ein Jahr lang lebte, schlechte Erfahrungen. Syrer durften damals nicht legal in der Türkei arbeiten. So half er schwarz bei einem Silberschmied im Basar von Istanbul aus, doch dieser blieb ihm monatelang seinen Lohn schuldig. Jetzt versteht er nicht, warum ausgerechnet er auf den Asylbescheid warten muss. "Ich will arbeiten, aber man lässt mich nicht. Ich bin wirklich geschockt.“ Sein einziger Trost: "Dass meine Familie in Sicherheit ist.“