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Forelle Müllerin: Eine kleine Schubertiade

Die Forelle nach Art der Müllerin ist schnell gekocht, aber aufwendig erklärt.

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Warum man Fisch mit Mandeln kombiniert, grübelte mich ein lieber, kulinarisch aufgeschlossener Freund unlängst an, werde er nie verstehen. Ich hatte wieder einmal ein wenig Foodporn produziert und in den sozialen Medien eine Forelle nach Art der Müllerin gepostet; bestreut war sie natürlich mit in Butter gerösteten Mandeln. Abgesehen davon, dass ich die Kombination für stimmig halte, hat mich die Frage doch nicht losgelassen, und flugs fand ich mich auf einer langen Reise wieder, die nicht nur das Mandel-Paradoxon klären sollte, sondern mich auch tief in den Wald führte – zu Bächlein voller Forellen, Müllergesellen, Müllerstöchtern und viel Mehl.

Wenn ich schnell antworten sollte, wo die Vermählung von Fisch mit Mandeln ihren Ursprung haben könnte, ich würde sagen: in der jüdischen Küche. Kaum anderswo spielen Mandeln eine derart bedeutende Rolle, längst nicht nur als Zutat; der Baum selbst, seine frühen attraktiven Blüten und die Früchte strotzen nur so vor Symbolik. Und dann gibt es ja auch noch den geradezu ikonografischen jüdischen Witz aus der Sammlung Salcia Landmann, in dem ein Paar vor dem abstrakten Gemälde „Mandelbaum an der Riviera“ darüber streitet, ob es ein Porträt oder eine Landschaft darstellen soll.

So haben sich die Früchte, die botanisch korrekt Kerne bzw. Samen eines Steinobstgewächses sind, in sämtliche Speiserituale des Judentums integriert: Charosset ist eine Paste aus Obst, Mandeln, Wein und Gewürzen, mit der das Pessach-Fest beginnt; Hamantaschen aus Mandelteig gibt es zu Purim und Chanukah; Marzipan aus Mandeln und Zucker wird in jüdischen Haushalten oft selbst hergestellt; und nicht zuletzt enthält auch die Farce für Gefilte Fisch – wir kehren also langsam zurück zur Forelle – häufig geriebene oder mitfaschierte Mandeln.

Es ist die Zubereitung, die dem traditionellen Gericht seinen Namen verleiht, denn der Fisch wird vor dem Braten im Produkt der Mühle gewälzt. Was für eine langweilige Erklärung im Vergleich zu jener an den Haaren herbeigezogenen, die Franz Schubert gleichsam als Namensgeber sieht. Immerhin verschmilzt der Küchenklassiker gleich zwei berühmte Werke miteinander: den Liederzyklus „Die schöne Müllerin“ und das „Lied von der Forelle“.

Wollen wir also Schubert seinen Anteil an der Forelle Müllerin lassen; er ist ja derzeit eh zeitgemäß und angesagt wie noch nie. Ich schiebe hier drei dringende Empfehlungen ein: die großartige „Winterreise“ von Clara Frühstück (Klavier) und Oliver Welter (E-Gitarre), die Schubert-Bearbeitungen der Osttiroler Musicbanda Franui (derzeit mit den Strottern live unterwegs) und Roland Neuwirths ins Wienerische übertragene „Winterreise“ mit Florian Krumpöck am Klavier.

In Frankreich ist die Art der Müllerin übrigens ebenfalls sehr beliebt; dort sind es oft Seezungen aus der Bretagne, die à la meunière zubereitet werden. Es gibt dort übrigens noch einen anderen Namen für die Forelle: truite amandine (Forelle mit Mandeln), einst auch ein Signature Dish im legendären, 2004 verblichenen Restaurant Lutèce in New York.

Das Rezept ist, zu guter Letzt, schnell erzählt: Die ausgenommenen Forellen werden trockengetupft, innen mit etwas Salz und Butter gefüllt und in Mehl gewälzt. Dann wird das überschüssige Mehl abgeklopft, und die Fische werden langsam in einer Mischung aus Butter und Öl goldbraun gebraten und währenddessen außen leicht gesalzen. Parallel brutzelt in einer Pfanne mit reichlich Butter pro Fisch 1 EL Mandelspäne knusprig; die Butter soll sich dabei in eine nicht allzu dunkle Beurre noisette (Nussbutter bzw. braune Butter) verwandeln. Dann löffelt man Butter und Mandeln über die Fische und serviert sie mit Petersil- oder Salzkartoffeln, einer Zitronenspalte und einem guten Salat nach Belieben.

Und weil unser Sommelier diesmal unvergoren bleibt, mische ich mich kurz ein: Die beiden Alte-Reben-Weine der Sorten Riesling und Grüner Veltliner vom Weingut Ebner-Ebenauer hätten auch dem Schubert Franzl gut zum Fisch geschmeckt; schließlich lautete sein Spitzname Schwammerl nach dem wienerischen Wort Schwåm für Schwips.