Tocotronic

Tocotronic und die Festung der Einsamkeit

Countersound #16: Philip Dulle findet Musik gegen Corona.

Drucken

Schriftgröße

Im Frühjahr ohne Anfang und Ende, ohne Berührungen und Nähe, sollte man möglichst oft zu Musik greifen, die einen, wenn nicht schon umarmt, dann doch ein Stück weit an der Hand nimmt. Tocotronic ist so eine Band, die seit ihrer Gründung in Hamburg im Jahr 1993 stets mit ihren Fans mitgegangen und mitgewachsen ist – eine Schicksalsgemeinschaft, mit der die großen Freuden und kleinen Tragödien durchgestanden wurden. Kein Wunder, dass die Musiker um Sänger und Texter Dirk von Lowtzow nun ein Lied zum „Sag-Alles-Ab“-Lockdown veröffentlichen.

Die vier Minuten und 18 Sekunden „Hoffnung“ bilden den Soundtrack für das neue Leben in der fortress of solitude, der Festung der Einsamkeit. „Ein kleines Stück lyrics and music / Gegen die Vereinzelung“, singt von Lowtzow mantraartig in dem Lied, das von ruhigen Gitarren und sanften Streichern ein Gefühl von Ewigkeit vermittelt: „In jedem Ton liegt eine Hoffnung / Eine Aktion in jedem Klang.“ Tocotronic liefert mit ihrer feinen Meditationsübung aus Pop und Isolation keine falschen Versprechungen, auch keinen Ausweg aus der Krise – und spenden dennoch Trost: Gegen die Vereinzelung hilft Musik und der Gedanke, dass man in der unfreiwilligen Vereinsamung mehr gemeinsam ist. „Wenn ich dich nicht bei mir wüsste / Hätte ich umsonst gelebt.“

Alles wird gut.

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.