Der Schauspieler Michael Chernus als Massenmörder John Wayne Gacy in einer Szene aus der Miniserie "Devil in Disguise"
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„Devil in Disguise“: Mehr als bloß Leichen im Kriechkeller

Die Miniserie „Devil in Disguise“ über den Clown-Killer John Wayne Gacy entdeckt im hoffnungslos übersättigten True-Crime-Genre das Mitgefühl wieder.

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Die Popkultur liebt ihre Ungeheuer. Kaum ein Genre hat sich so hartnäckig gegen jede Abnutzung immunisiert wie jenes der True Crime; speziell, wenn es um Serienkiller geht. Zuletzt sorgte indes die Ed-Gein-Staffel der „Monster“-Anthologie für eine Art Weckruf: Deren maßloser Zynismus und Voyeurismus erwies sich selbst für Angstlust-Aficionados als zu viel des Schlechten – vom bizarren Ansinnen der Netflix-Show, die Titelfigur zum Proto-Influencer des modernen Horrorkinos zu verklären, ganz zu schweigen.

In diesem Umfeld mutet „Devil in Disguise“ (ab sofort auf Sky) nun wie ein Befreiungsschlag an. Die Miniserie über John Wayne Gacy, jenen sadistischen Clown im Kostüm eines Bauunternehmers, der in den 1970er-Jahren mindestens 33 junge Männer ermordete, erliegt erst gar nicht dem Versuch, das Publikum mit expliziten Blut-und-Beuschel-Exzessen ködern zu wollen. Serienschöpfer und Showrunner Patrick Macmanus wagt sich stattdessen an eine Neujustierung der Genre-Prioritäten: Ihm ist es wichtiger, den Opfern Zeit zu schenken, um sie noch einmal atmen, lieben und vom besseren Morgen träumen zu lassen.

So richtet der Achtteiler seinen Blick auf die realen Auswirkungen der Gewalt: Anhand einer nüchternen, bemessenen Bildsprache untersucht „Devil in Disguise“ auch die Unzulänglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden, deren damals zeitgemäße Bigotterie und Homophobie maßgeblich dazu beitrugen, dass die Taten lange unentdeckt bleiben konnten. Der bei Bedarf leutselige Gacy (beklemmend: Michael Chernus) wusste die moralischen Blindstellen jener Ära kaltblütig auszunutzen.

Selten gelingt es einer True-Crime-Serie derart glaubhaft, Anstand zu wahren: Seiner tragischen Thematik nähert sich „Devil in Disguise“ mit Respekt und Empathie. Die tiefe Traurigkeit über die geraubten Leben Dutzender junger Männer wird nicht verhehlt. Zu lachen gibt es hier, Clown hin oder her, garantiert nichts.