Mit Buddha am Buffet: David Byrnes lebensbejahendes neues Album
Mag die Weltlage auch verdrießlich erscheinen: David Byrne verliert seine Zuversicht nicht. Bereits mit dem Großprojekt „American Utopia“, das Album, Broadway-Show und Spike-Lee-Doku umfasste, hat der ehemalige Talking-Heads-Kopf 2020 die konstruktive Kraft des Positiven ausgelotet. Dass er auf seinem neuen Soloalbum „Who is the Sky?“ erneut reasons to be cheerful sucht und findet, sollte daher nicht als Flucht vor der Realität gelesen werden, vielmehr als fortgesetzt reflektierte künstlerische Haltung. Schließlich ist Byrne nach wie vor meisterhaft darin, den Absurditäten und Wundern des Alltags ansteckende naive melodies und kluge, forschungsfreudige Pop-Auslegungen abzutrotzen.
Das unverkennbar brüchig-eindringliche Timbre des gebürtigen Schotten legt sich hier über Kompositionen, die in Kooperation mit dem New Yorker Ghost Train Orchestra entstanden sind. Der überschwängliche Opener „Everybody Laughs” huldigt den geteilten Erfahrungen der vielfältigen menschlichen Existenz, „My Apartment is My Friend” nicht minder mitreißend der Beziehung zu den eigenen vier Wänden. „I Met the Buddha at a Downtown Party“ zeichnet mit spitzbübischem Humor das Porträt einer Gottheit, die der Erleuchtung überdrüssig ist und nun lieber das süße Buffet heimsucht. Und eine ironisch-liebevolle Ode an die Bereicherung durch klügere Herzensmenschen folgt: „She Explains Things To Me“. Ein Hoch aufs womansplaining!
Die Hoffnung auf eine Reunion der Stammband, zuletzt genährt durch die Reprise des ikonischen Konzertfilms „Stop Making Sense” und ein erstes Video zum Songklassiker „Psycho Killer”, hat sich zwar zerschlagen. Den Art-Pop-Thron lässt Byrne auf „Who is the Sky?“ mit immenser Lässigkeit, fein austarierten Harmonien und elaborierten Spinnereien indes nicht verwaisen. Jugendlich frisch und frei im Kopf ist der 73-Jährige geblieben und lässt dabei noch unerschütterlich den Optimismus hochleben; da ist es nur angemessen, dass er bei Vertreterinnen jüngerer Musikergenerationen – von Olivia Rodrigo bis St. Vincent – höchstes Ansehen genießt. Zynische alte Grantler gibt es ohnehin mehr als genug.