profil vor 25 Jahren: Geliebter Sohn

Mütter zwischen Fürsorge, Erotik und Inzest. Das profil vor 25 Jahren.

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Wahrscheinlich würde Facebook oder Instagram das Coverfoto der profil-Ausgabe vom 22. März 1993 umgehend löschen: Es zeigt Oberkörper und Penis eines nackten Buben, auf dessen Bauch eine Frauenhand liegt. "Mütter und Söhne" lautete das Thema der Titelgeschichte, in der es um die "Grenze zwischen Zärtlichkeit und Sexualität" ging. "In Zeiten der Reaktion auf Studenten-und Frauenrevolten" sei rund um "Mutterpower und Männermacht" auch viel Ideologie im Spiel, schrieb profil. Feministinnen hätten den Vater-Tochter-Inzest aufgedeckt, nun würden die Männer "zurückschlagen", die Mutter-Sohn-Beziehung durchleuchten und konstatieren, dass sich Mutterliebe "oft zwischen Fürsorge, Erotik und Inzest" bewege.

"Eskalationsstrategie" in Nordkorea

Um Vater und Sohn ging es unter anderem auf der koreanischen Halbinsel. Nordkoreas Diktator Kim Il-Sung hatte gerade den Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag angekündigt, rund eine Million Soldaten in Alarmbereitschaft versetzt und Telefonverbindungen zum Ausland abgeschaltet. "Die Geheimdienste der Welt sind sich einig: Nordkorea wird demnächst zur Atommacht", berichtete profil. In Südkorea interpretiere man Kims "Eskalationsstrategie" als "Begleitmusik für den Machtwechsel in Pjöngjang": Auf den "Großen Führer" Kim Il-Sung solle nun sein Sohn, der 51-jährige "Liebe Führer" Kim Jong-Il folgen. Mit ihm an der Macht würde eine "nordkoreanische Atombombe erst recht zu einem Alptraum für die Nachbarstaaten", schrieb profil, denn "der rote Prinz" gelte als "unberechenbar".