
Gestrandet in einer Ersatzfamilie: Paula Beer in Christian Petzolds neuem Film "Miroir No. 3"
Viennale 2025: 20 dringende Empfehlungen aus dem Festivalprogramm
Jedes Jahr wieder, wenn Wiens größtes Filmfestival, die Viennale, den cinephilen Teil dieser Stadt 12 Tage lang in Aufruhr versetzt, wird die Frage nach den herausragenden, unversäumbaren Werken aufgeworfen. Daher an dieser Stelle: 20 schnelle Hinweise auf große Kinoereignisse. Mit dem jüngsten Film des neuen Viennale-Präsidenten, mit Christian Petzolds stiller, aber abgründiger Familienstudie „Miroirs No. 3“, benannt übrigens nach einem Ravel-Klavierstück, wird am 16. August eröffnet.
Wer auf starkes amerikanisches Independentkino steht, wird sich über „Sorry, Baby“, das Debüt der jungen US-Schauspielerin Eva Victor, freuen; es mischt eigensinnig Heiteres, Trauriges, Absurdes und Traumatisches. An den vor wenigen Tagen erst verstorbenen Kinoessayisten Hartmut Bitomsky erinnert man mit dessen Meisterwerk „Der VW-Komplex“ (1989).
Erfindungsreich, hochpolitisch und dennoch sehr heiter gibt sich der Politthriller „O agente secreto“ des immer noch zu wenig besungenen Brasilianers Kleber Mendonça Filho, der – keine Übertreibung – zu den brillantesten Regiekräften dieser Erde zählt.
Der New Yorker Kent Jones reist mit einem viel kleineren, aber nicht minder exquisiten Film nach Wien: „Late Fame“ heißt seine, nach Schnitzler-Vorlage, um den Schauspieler Willem Dafoe konzipierte Hipster- und Dichtererzählung. Wie Dafoe selbst wird auch dessen Kollegin, die Französin Juliette Binoche, in Wien erwartet, die ihr tänzerisch-dokumentarisches, 2007 gedrehtes, aber erst jetzt veröffentlichtes Regiedebüt mitbringt: "In-I in Motion" zeigt Binoche bei ihrem Wagnis, mit dem britischen Choreografen Akram Khan eine Performance zu erarbeiten.
Im Österreichischen Filmmuseum zeigt man, im Rahmen der alljährlichen großen Viennale-Retrospektive, kostbare Werke des vor allem in den 1920er-Jahren kreativ florierenden französischen Avantgardisten Jean Epstein. In die Kurzfilmschiene locken vielversprechende Namen und Titel, nahegelegt sei etwa das Programm „Natural Darkness“, in dem sich nicht nur Viktoria Schmids neuer Film findet, sondern auch Manuel Knapps ästhetisch frappierende, lichtblitzende Nachtwaldexkursion „De natura tenebrarum“.
Pflicht außerdem – und hier wird's wirklich kursorisch: die neuen Produktionen des iranischen Dissidenten Jafar Panahi und der US-Sozialseismografin Kelly Reichardt, der erste Dokumentarfilm der argentinischen Politkämpferin Lucrecia Martel und die in jedem Sinne wilde "Dracula"-Variation des verschmitzten Rumänen Radu Jude; die jüngsten Werke des Italieners Pietro Marcello (ein Präzisionshistoriendrama), der US-Eigensinnler Lee Anne Schmitt (ein scharfkantiger Amerika-Essay), Jim Jarmusch (ein lakonischer Episodenfilm über die Fragilität familiärer Bindungen), und Richard Linklater (eine makellose Komödie über die Genese des Godard-Debüts "Außer Atem"); die neuen Filme der französischen Altmeisterin Claire Denis (ein postkoloniales Drama aus Westafrika), des italienischen Dokumentarkünstlers Gianfranco Rosi (eine bildgewaltige neapolitanische Reise) sowie der US-Dokumentaristin Laura Poitras, die uns diesmal die Notwendigkeit des investigativen Journalismus am Beispiel des My-Lai- und Abu-Ghraib-Aufdeckers Seymour Hersh nahebringt.