Kommentar

Rechtsparteien: Neue Protestbewegungen

Am rechten Rand ist das politische Angebot derzeit groß. Mehr als 30 Prozent nützen es. Kann es die FPÖ allein ausschöpfen, ist sie stärkste Partei.

Drucken

Schriftgröße

FPÖ-Obmann Herbert Kickl und der frühere BZÖ-Abgeordnete Gerald Grosz wurden von Jörg Haider geprägt. 2005 kam der Bruch. Als Haider nach parteiinternen Auseinandersetzungen das BZÖ von der FPÖ abspaltete, folgte ihm Grosz. Kickl blieb bei den Original-Freiheitlichen um Heinz-Christian Strache.

Bei der Nationalratswahl 2006 wurden FPÖ und BZÖ für ihre Streitereien bestraft. Die FPÖ erhielt nur elf Prozent, das BZÖ gerade einmal vier. Man erholte sich rasch. Bei der Neuwahl 2008 kam die FPÖ bereits wieder auf 17 Prozent, das BZÖ auf elf.

Dass das Potenzial für rechte Protestparteien bei rund einem Drittel liegt, ist eine Konstante der österreichischen Innenpolitik – die sich auch bei der Wahl 2013 bestätigte. Die FPÖ kam auf 20 Prozent. Das BZÖ erhielt nur 3,5 Prozent und flog aus dem Parlament. Aufgesaugt wurden die Stimmen von einem neuen Mitbewerber: dem Team Stronach, das aus dem Stand 5,7 Prozent erhielt.

Auch bei der Bundespräsidentenwahl war das Rechtsaußen-Angebot breit – und wurde von einem Drittel der Wählerinnen und Wähler genutzt: FPÖ-Kandidat Walter Rosenkranz kam auf 18 Prozent, Gerald Grosz auf sechs Prozent und Tassilo Wallentin auf acht Prozent.

Walter Rosenkranz‘ Ergebnis ist nicht berauschend, aber angesichts der neuen Konkurrenz durchaus respektabel. Wie eine Umfrage des Meinungsforschers Peter Hajek zeigt, war das Hauptmotiv für Rosenkranz-Wähler allerdings nicht die Person des Kandidaten, sondern die Ablehnung von Amtsinhaber Alexander Van der Bellen. Der trockene Jurist Rosenkranz vermag vielleicht eine Jahrestagung von Rechtsanwälten zu rocken, aber nicht die gesamte FPÖ-Zielgruppe. Gerald Grosz führte dagegen einen Wahlkampf, wie er auch von einem Kandidaten Herbert Kickl zu erwarten gewesen wäre: krawallig, aggressiv, in Wortwahl und Zuspitzung gnadenlos.

Im Vergleich zu Grosz wirkte Tassilo Wallentin geradezu seriös. Wie Frank Stronach lehnt Wallentin die Politik und ihre Repräsentanten als Ganzes ab; und wie Stronach gelingt es ihm damit, der FPÖ Protestwähler abzujagen.

In den Umfragen liegt die FPÖ derzeit bei 23 Prozent. Die Differenz zum blauen Ergebnis der Bundespräsidentschaftswahl zeigt, dass Konkurrenten am rechten Rand der FPÖ schaden. Walter Rosenkranz – Klubobmann während der ÖVP-FPÖ-Koalition – steht für die frühere Regierungspartei FPÖ. Herbert Kickl macht die Freiheitlichen wieder zur Partei des institutionalisierten Protests. Doch ihr Monopol als rechte Protestpartei hat die FPÖ verloren. Dank der sozialen Medien können sich neue Gruppierungen in kürzester Zeit formieren, wie das Beispiel der Impfgegner-Partei MFG zeigt. Allerdings lösen sich solche Ein-Thema-Parteien auch rasch wieder auf. MFG-Chef Michael Brunner ging bei der Bundespräsidentschaftswahl unter.

Für die nächste Nationalratswahl müssen die Freiheitlichen hoffen, dass es am rechten Rand kein ähnlich diverses Angebot gibt wie bei der Bundespräsidentschaftswahl; und dass es ihrem Spitzenkandidaten gelingt, Rechtsaußen-Wähler, reine Protestwähler, aber auch Mitte-Rechts-Wechselwähler gleichermaßen anzusprechen. Herbert Kickl ist angesichts seiner schlechten Beliebtheitswerte wohl nicht der Mann dafür. An der Spitze einer rechtspopulistischen Partei muss kein Prince Charming stehen. Ein größerer Sympathieträger als der jetzige Parteichef könnte allerdings – potenziell – ein Drittel der Stimmen erhalten. Und theoretisch könnte das den ersten Platz bedeuten.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.