Reichtum ist keine Schande!

Dem Beispiel Donald Trumps folgend sollten auch andere Vertreter des kleinen Mannes ihre hart erarbeitete Kohle nicht länger verstecken.

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Rechtspopulistische Politiker werden bekanntlich in ihrem gesamten Denken und Tun nur von einer einzigen Sorge angetrieben: jener um das Wohlergehen des ehrlichen kleinen Mannes, dem die Eliten permanent auf den Kopf scheißen. Damit einher ging bislang meist die Ansicht, dass sich die Volkstribunen besser nicht dabei ertappen lassen sollten, privat Reichtümer eher fragwürdiger Herkunft aufzutürmen, da widrigenfalls eine gewisse Entfremdung der weniger betuchten Stammwählerschaft nicht auszuschließen sei.

Dieser alten europäischen Denkschule gehorchend, herrscht nun im Moment in Ungarn gerade Aufregung wegen geheimer Filmaufnahmen aus einem nicht eben kleinteilig gehaltenen Anwesen, in dem – mutmaßlich – Viktor Orbán residiert: Hatvanpuszta, ein luxuriöser Schlosskomplex westlich von Budapest, ganz in der Nähe von Orbáns Heimatort. Der Gulasch-Gröfaz erklärte als Reaktion auf die Kritik, die ihm entgegenschlug, das weitläufige Gelände samt diverser Poolanlagen und einem herrschaftlichen Speisesaal gehöre gar nicht ihm, sondern seinem 84-jährigen Vater, und der wiederum gab zu Protokoll, er habe ein landwirtschaftliches Anwesen aus dem 19. Jahrhundert historisch akkurat nachbauen wollen.

Nun, wer das Bildmaterial aus dem orbánschen Nebenerwerbsbauernhof sichtet, kann nur zum Schluss kommen, dass an der Richtigkeit dieser Aussage kein Zweifel besteht. Genau so muss das alles vor 200 Jahren ausgesehen haben, und zwar bis ins letzte Whirlpooldüsen-Detail. Und ebenso ohne jeden Zweifel hat Orbán Senior sicherlich sein Lebtag recht brav gearbeitet – irgendwie wird er sich so ein besseres Schrebergartl am Lebensabend also schon verdient haben!

Wie sehr Orbán die väterliche Wunschimmobilie noch bei seiner Gefolgschaft schaden wird, bleibt abzuwarten. Wladimir Putin hatte es da etwas praktischer, als sein Schwarzmeer-Schloss ruchbar wurde. Er muss zwar bei den Insassen seiner Neo-UdSSR auch ein wenig aufs Image achten, aber zumindest seine Wahlergebnisse rechnet er sich praktischerweise schon länger selber aus. Einzig Alexej Nawalny, der Putins bescheidene Datscha – eh nur mit 1000 Zimmern, er hat halt viele Bücher – schamlos ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt hatte, bekam ein paar Folgen der unangenehmeren Art zu spüren. Wobei: Da Putin sein Domizil nicht nur vor den eigenen Landsleuten geheim halten musste, sondern auch vor ukrainischen Drohnen, wurde es in der Zwischenzeit wieder geschleift. Zu unsicher. So sad!

Womit wir auch gleich elegant zur neuen Benchmark bezüglich der nicht ganz so verklemmten Zurschaustellung von obszönen Geldmengen übergeleitet hätten, ins Versailles des Trash-Zeitalters, nach Mar-a-Lago. Donald Trump schreibt auch hier die Gesetze neu, er hält es offenkundig für vollkommen unnötig, seinen Reichtum großartig zu verstecken, schließlich hat er ihn sich hart ererbt. Und ihn anschließend mit immer hochanständigen Geschäftspraktiken zumindest nicht völlig durchgebracht. Wenn das nicht der amerikanische Traum ist – was dann? Der amerikanische kleine Mann hegt immer Bewunderung für Leute, die es zu Geld gebracht haben, verbunden mit dem nicht gänzlich unkindlichen Glauben, man könnte ja im Land der unbegrenzten Möglichkeiten jederzeit der Nächste sein, der auch stinkreich wird. Trump und sein Clan schlagen auch weiterhin völlig ungeniert Profit aus seiner Präsidentschaft, niemanden scheint das zu stören.

Inwieweit dieses erfolgreiche Beispiel der Monetarisierung des Amtes auch bei uns für eine Amerikanisierung sorgen wird, bleibt noch abzuwarten. Vorsicht ist hier angebracht, weil bei uns ist der Neid immer noch ein Hund – und ein guter Verbündeter für die Vertretung der permanent Unerfreuten an der Wahlurne. Vielleicht sind wir wie Ungarn also noch nicht ganz so weit. Herbert Kickl hält sich bedeckt, wie er ja überhaupt bezüglich seines gesamten Privatlebens sehr vorsichtig ist und es mehr oder weniger geheim hält. Zur Frage nach seinen persönlichen Finanzen gibt es also maximal Mutmaßungen, denen zufolge sie nicht zum Schlechtesten stehen dürften. Aber das sind, wie gesagt, nur Mutmaßungen, die haben die Ideenschmiede nie verlassen.

Andererseits steht Kickl eher im Ruf, in vielerlei Hinsicht einen eher frugalen Lebensstil zu pflegen. Wenn er sich tatsächlich einmal zu einer Homestory hinreißen lassen sollte, weil ihn die Wahlkampfmanager halt gar so heftig quälen, dass er eine machen muss, dann würde man eher erwarten, dass er das Nagelbrett im Schlafzimmer seiner Jurte in den Gurktaler Alpen herzeigt denn ein Satin-Himmelbett im Schloss am Wörthersee.

Aber wir lassen uns gerne überraschen. Und schaden würde ihm wohl weder das eine noch das andere.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz