Morgenpost

Das stinkt zum Himmel!

Wir recherchieren zu Ufos, Parfums, Karenz und Pop. Und wir verraten Ihnen einen guten Grund, warum Sie sich jetzt schon auf den Sommer freuen können.

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Es waren also doch keine Aliens - und nach aktuellem Stand auch vermutlich keine Spionage. Nach dem Abschuss mehrerer Flugobjekte über Nordamerika in der letzten Woche verfielen nicht nur Verschwörungstheoretiker in Schnappatmung, sondern auch das US-Verteidigungsministerium. Das Weiße Haus in Washington D.C. schließt mittlerweile "außerterrestrisches Eingreifen” dezidiert aus, nicht aber der Krisenstab im Pentagon. Nachdem das US-Militär nach der Sichtung des ersten vermeintlichen Spionageballons ihre Radare feiner einstellte, ploppten auf den Bildschirmen prompt drei weitere Objekte auf. Der Abschussbefehl erfolgte binnen weniger Stunden, angeblich wegen der Gefahr für die zivile Luftfahrt. Einige in den USA hyperventilieren deshalb, allen voran (Boulevard-)Medien - und Twitter; auch weil offen hitzig über außerirdischen Erstkontakt debattiert wird. Das übt Druck auf die Regierung von Joe Biden aus - enormen Druck. Deshalb sei laut Völkerrechtsexperte Ralph Janik die Entscheidung zum Abschuss der Objekte eher überhitzt als rational einzustufen - mit weitreichenden Folgen. Sanktionen gegen China und eine wesentliche Verschlechterung der bereits mehr als angeschlagenen Beziehungen sind zu erwarten. Kleiner Spoiler: Bisher gab es keinen einzigen Hinweis darauf, dass es sich bei den Ballonen um Spionage-Objekte handelte

Es liegt etwas in der Luft

Vielleicht der Geruch von Nutella? Das ist zumindest der Lieblingsduft von Jeremy Fragrance. Fragrance ist Parfum-Influencer, und hat damit eine riesige Followerschaft in den sozialen Medien aufgebaut. Der Berufsalltag sieht so aus: Jeremy Fragrance atmet mit fratzenhaft verzogenem Gesicht schwer in der Kamera, schnuppert an Gegenständen, sprüht sich Parfum aus dem Flacon direkt ins Gesicht, macht einarmige Liegestütze und fährt einen roten Ferrari, auf dessen Fahrertür sein Name steht. Zwischendurch testet er Düfte, rezensiert sie mit Urteilen wie "Oh yeah, this smells SEXY" oder "Kraft! Power! Strength!" und bewirbt seinen Parfum-Online-Shop. Warum ist der Deutsche damit so erfolgreich? Lena Leibetseder hat sich das genauer angesehen. 

Karenz-KO 

Den Aufreger der Woche kann eindeutig Arbeitsminister Martin Kocher für sich verbuchen. Er sagte in einem Kurier-Interview„In Österreich wird bei Sozial- und Familienleistungen wenig unterschieden, ob jemand 20 oder 38 Stunden arbeitet. Wenn Menschen freiwillig weniger arbeiten, dann gibt es weniger Grund, Sozialleistungen zu zahlen.“  

Die Aussage hat so gut wie alle aufgeregt, einige wenige positive Stimmen kamen aus der Wirtschaft. Ob SNU oder nicht, in Österreich arbeitet fast jede zweite Frau Teilzeit und nur etwa jeder zehnte Mann. Die meisten Frauen machen das aber nicht um mehr Zeit für Lepschi und Co zu haben, sondern weil sie Kinder oder ältere Familienmitglieder betreuen. Bei Männern ist das nicht so eindeutig.

Gründe für Teilzeit bei Frauen und Männer 

 Doch in der Debatte taucht immer wieder ein Mythos auf: Immer mehr junge Menschen arbeiten Teilzeit. Das stimmt nicht, es interessieren sich zwar viele dafür, doch zahlenmäßig sind es wenige, die es tatsächlich angehen. AMS-Chef Johannes Kopf erläuterte das vor ein paar Monaten im profil. Ein zentraler Grund dafür ist sicherlich der niedrigere Lohn bei weniger Arbeitszeit. 

Eine zweite Frage, die wir uns stellen sollten ist aber auch: Selbst bei besserer Kinderbetreuung - die unbedingt notwendig ist - ist es des Feminismus letzter Schluss, dass Eltern von Kleinkindern beide 40 Stunden arbeiten, dazwischen Kind & Haushalt unterbringen, sich streiten und erschöpft sind? Denn auch mit guter Kinderbetreuung ist die Verdoppelung der Familienarbeitszeit nicht ohne. AK und ÖGB schlugen hier ein sehr konkretes Modell vor, wie Anreize für 30-Stunden für beide Elternteile geschaffen werden können. (Link) Das wäre zukunftsträchtiger als das klassische Modell Frau - 20 Stunden, Mann - 40 Stunden. Kinderbetreuung könnte gleicher aufgeteilt werden, die Pensionslücke wäre niedriger und der Gender Pay Gap wohl auch.

“Sperrige Themen in einem gefälligen Spektakel“

Morgen erscheint zudem das achte Studioalbum der Hamburger Hip-Hop-Dadaisten Deichkind. Passender Zeitgeisttitel: “Neus Vom Dauerzustand” (die eigenwillige Schreibweise ist hier beabsichtigt). Die Deichkind-Musiker Porky und Kryptik Joe erzählen im Gespräch mit profil (die ganze Geschichte lesen Sie hier), warum das neue Werk zwar doch eine Art Corona-Album ist, man aber lieber nach den leisen und lauten Zwischentönen im Hier und Jetzt sucht ( „Deichkind sind sperrige Themen in einem gefälligen Spektakel.“). Die 15 neuen Songs funktionieren dabei als Spiegel und Gradmesser der Gegenwart. Es geht um First-World-Probleme, um das zornige Bürgertum, falsche Heilsversprechen und eine Gesellschaft in chronischer Erregung. „Ich les’, was in den News steht / Und flipp’ hier gerade aus / Alle nur am Durchdrehen, alles gerade aus / Doch ich muss jetzt hier durchgehen, einfach geradeaus, yeah”, heißt es im Song “Gerdeaus”. Ihre Tournee startet die Band übrigens am 21. Juni in der Wiener Stadthalle. Ein erstklassiger Grund, sich auf den Sommer zu freuen. 

Einen schönen, erfolgreichen Donnerstag!

Ihre profil-Redaktion

Maximilian Mayerhofer

Maximilian Mayerhofer

war bis Mai 2023 Online-Redakteur bei profil. Davor war er beim TV-Sender PULS 4 tätig.

Clara Peterlik

Clara Peterlik

ist seit Juni 2022 in der profil-Wirtschaftsredaktion. Davor war sie bei Bloomberg und Ö1.

Lena Leibetseder

Lena Leibetseder

ist seit 2020 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. Schreibt über Popkultur und Politik.

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.