Emils Ösi-Odyssee
Emil, der kürzlich aus Nordeuropa ins österreichische Alpenvorland migrierte Jung-Elch, steht möglicherweise unmittelbar vor seiner Abschiebung. Er könne hier nicht bleiben, erklärten Experten und Behördenvertreter zuletzt, es wäre das Beste für ihn und die heimische Bevölkerung, wenn er wieder weg wäre; nicht zuletzt, weil er eine 200 Kilogramm schwere, kaum berechenbare Gefahr für den Personenkraftverkehr darstelle. Ein zwangsweiser Abtransport wird nicht mehr ausgeschlossen, auch von einem möglichen Abschuss ist bereits die Rede.
Das alles ist natürlich ein bisschen traurig, aber immerhin eröffnet es uns die schöne Gelegenheit, wieder einmal auf die Bedeutung des sogenannten Elchtests hinzuweisen, jene standardisierte PKW-Fahrstabilitäts-Prüfung, bei der die damals ganz neue Mercedes-A-Klasse im Herbst 1997 überraschend durchgefallen war. Das Problem konnte seinerzeit durch den Einbau eines Elektronischen Stabilitätsprogramms (ESP) recht rasch gelöst werden. Heute dagegen steht die deutsche Autobranche vor einem Hindernis, das den Vergleich mit einem ausgewachsenen Elch nicht zu scheuen braucht: die eigene Zukunft.
Und diese steht tatsächlich ziemlich wackelig da. Innerhalb von zwölf Monaten wurden in der deutschen Auto-Industrie – laut einer Studie der Beratungsgesellschaft EY – nicht weniger als 51.500 Stellen abgebaut, fast sieben Prozent aller Arbeitsplätze der Branche. Die großen deutschen Produzenten und Zulieferer befinden sich allesamt im Umbruch, sprich: Restrukturierungs- und Sparprogramm. Mittelbar betrifft das auch ihre österreichischen Filialen und Partner, weshalb die heimische Politik jetzt stark auf die Bremse steigt. Und zwar – wo sonst? – beim Klimaschutzgesetz.
Wie ein kürzlich via „Standard“ öffentlich gewordener Gesetzesentwurf zeigt, arbeitet Umweltminister Norbert Totschnig derzeit an einer Aufweichung des österreichischen Klimapfads. Diese könnte so deutlich ausfallen, dass wir auf diesem Weg womöglich steckenbleiben werden. Weil wir – und hier beißt sich der Elch selbst in den Schwanz – im Gegensatz zu Problemvieh Emil keine Schwimmhaut zwischen den Vorderhufen haben, die uns über derart aufgeweichtes Terrain bugsieren könnte. Merke: Politik ist auch das Überqueren sumpfiger Gefilde.
Was uns wiederum zu einem Hinweis in eigener Sache führt: Am 17. September wird im Wiener Theater Akzent unsere Jubiläums-Veranstaltungsreihe „55 Jahre unbequeme Wahrheiten“ fortgesetzt – mit einem Abend unter dem Titel „profil und die FPÖ. Wenn Journalisten ins Visier der Politik geraten“. Mit profil-Chefredakteurin Anna Thalhammer diskutieren Andreas Mölzer, ehemaliger freiheitlicher Abgeordneter zum Europäischen Parlament, Heinz-Christian Strache, Ex-Vizekanzler, Eva Linsinger, ORF-Report, und Gernot Bauer, profil-Innenpolitikchef. Alle Infos zu Programm, Terminen und Karten finden Sie hier.