„Wow!“: Netanjahu schlägt Trump für Friedensnobelpreis vor
Donald Trump liebt Schmeicheleien. „Bootlicking“ (Stiefelleckerei) nennt man das, worin sich das Umfeld des US-Präsidenten tagtäglich übt, und zuletzt hat sich einer als besonders talentierter Schleimer bewiesen: Benjamin Netanjahu.
Bei der Blitzvisite des israelischen Premiers am Montag in Washington hätte es um ein Friedensabkommen für den Nahen Osten und neue Atomgespräche mit dem Iran gehen sollen. Doch das Abendessen im Blue Room des Weißen Hauses geriet zur peinlichen Anbiederung. Noch vor dem ersten Gang beugte sich Netanjahu über den festlich gedeckten Tisch und überreichte Trump einen Brief: die Nominierung für den Friedensnobelpreis, den Trump schon lange ersehnt. „Sie sollten ihn kriegen“, sagte Netanjahu. Immerhin würde Trump „Frieden in einem Land, in einer Region nach der anderen“ schaffen.
Von einer Aufzählung dieser Regionen sah Netanjahu ab, wohl, weil es Trumps bisher in keinem einzigen Fall gelungen ist, Frieden zu schaffen: Nicht im Ukrainekrieg, den er innerhalb von 24 Stunden beenden wollte, und schon gar nicht im Nahen Osten.
Trump betrachtete den Brief für einen Augenblick, er wirkte überrascht. „Wow“, sagte er dann, „danke, besonders von Ihnen bedeutet mir das sehr viel“.
Dokumentiert wurde das alles von einem Kamerateam, denn Sinn der Schmeicheleien ist es, sie möglichst öffentlich zur Schau zu stellen. Aufmerksamkeit steht für Donald Trump an erster Stelle.
Mark Ruttes Lobhudelei
Vorausgegangen war dem Treffen in Washington ein zwölftägiger Krieg Israels gegen den Iran, in den Trump eingriff, indem er die stärksten nicht atomaren Bomben der Welt auf iranische Atomanlagen werfen ließ. „Die Partnerschaft zwischen Präsident Trump und mir hat einen historischen Sieg gebracht“, sagte Netanjahu beim Abendessen. Und Trump legte nach: Die US-Schläge gegen den Iran erinnerten an ein „gewisses anderes Ereignis“. Gemeint sind die amerikanischen Atombomben auf Japan im Jahr 1945 auf Befehl des damaligen Präsidenten Harry Truman. „Dessen Bild hängt jetzt im Foyer“, sagte Trump. Die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki hätten „viele Kämpfe beendet“.
Sichtlich beeindruckt von Donald Trump ist offenbar auch Mark Rutte. Der NATO-Generalsekretär stellte neue Höchstwerte in der Lobhudelei auf, als er Trump vor dem NATO-Gipfel in Den Haag Ende Juni bejubelte. „Du wirst erreichen, was KEIN amerikanischer Präsident in Jahrzehnten geschafft hat. Europa wird auf GROSSE Weise zahlen, das soll es auch, und es wird dein Sieg sein“, schrieb Rutte. Trumps Pressesprecherin hätte es nicht besser formulieren können. Es lohnt sich wirklich, die ganze Botschaft zu lesen, allerdings braucht man dafür einen starken Magen.
Rutte schickte seine Nachricht an Trump, der sie kurzerhand auf seiner eigenen Plattform „Truth Social“ veröffentlichte. Keine Schmeichelei, kein Lob, nicht einmal die peinlichste Speichelleckerei darf in Trumps Welt privat bleiben. Die Öffentlichkeit muss immer wieder daran erinnert werden, wie brillant er ist.
Gefährliches „Sanewashing“
Das Problem mit Trump ist, dass er seine Haltung jederzeit ändern kann. In den vergangenen Monaten hat er sich vom erklärten Freund Putins zu dessen Kritiker gewandelt. Er droht mit Sanktionen, um wenige Stunden später Verständnis für Russlands Vorgehen zu zeigen.
Als Israel die Angriffe auf den Iran startete, reagierte Trump zunächst zurückhaltend. Bunkerbrechende Bomben schickte er erst, als klar wurde, wie erfolgreich Israels Militärschläge waren. Und im Handelskrieg mit dem Rest der Welt verkündet Trump Rekordzölle, um diese dann abzuschwächen, auszusetzen oder zu verschieben.
Trump ist unberechenbar, er lügt und verdreht, und wer sich bei ihm einschleimt hilft ihm dabei, sein Verhalten zu legitimieren. „Sanewashing“ nennt man die Verharmlosung radikaler Ideen, und sie hilft Menschen wie Trump, ihren Wahnsinn einem breiten Publikum als normal zu verkaufen. Der faktenbasierte Diskurs ist damit endgültig dahin.
Am Ende stehen sich Propaganda und Gegenpropaganda gegenüber. Der Geschmeichelte steht als jemand da, der sich zur eigenen Selbsterhöhung etwas vormachen lassen muss, und der Schmeichler hat sich selbst erniedrigt. Ob das der richtige Umgang mit Donald Trump ist, darf angezweifelt werden.