Die weltberühmte Betrügerin Anna Delvey trägt ihre Fußfessel mit Stil.
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Neue Fußfessel-Regeln: 150 Häftlinge pro Jahr könnten früher raus

Seit Montag können Häftlinge früher mit einer Fußfessel in den elektronisch überwachten Hausarrest entlassen werden. Einer von ihnen könnte auch Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser sein.

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In den österreichischen Gefängnissen könnte es bald leerer werden – allerdings nur um etwas mehr als ein Hundertstel der Häftlinge. Grund dafür ist die seit Montag offiziell geltende Ausweitung des elektronisch überwachten Hausarrests. Das bedeutet, dass Häftlinge mit einer elektronischen Fußfessel die Justizvollzugsanstalt statt einem Jahr, zwei Jahre vor Beendigung ihrer Haftstrafe verlassen können. Um die Fußfessel beantragen zu können, müssen sie allerdings mehrere Voraussetzungen erfüllen: eine geeignete Unterkunft im Inland, eine Beschäftigung, ein ausreichendes Einkommen sowie das schriftliche Einverständnis aller im selben Haushalt lebenden Personen. 

Ausgenommen von der Möglichkeit sind Sexual- und Kapitalverbrecher. Ob die Anträge bewilligt werden, entscheiden die jeweiligen Gefängnisse gemeinsam mit der Bewährungshilfe Neustart. Steffen Felscher, Leiter von Neustart, begrüßt in einem Interview mit dem ORF die neue Regelung: „Wir reden im Zusammenhang mit der Fußfessel natürlich auch von der Möglichkeit, die Unterkunft zu erhalten, den Arbeitsplatz zu erhalten und natürlich auch das ganze familiäre und soziale Umfeld.“ 

Auch Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der in der BUWOG-Affäre rechtskräftig zu vier Jahren Haft verurteilt wurde, könnte somit früher aus der Justizanstalt (JA) Innsbruck entlassen werden. Zurzeit erholt sich der 56-Jährige allerdings von einer Not-OP, die Anfang der Woche durchgeführt wurde. „Der Zustand war lebensbedrohlich“, meinte sein Verteidiger Manfred Ainedter am Mittwochnachmittag zur APA. 

Ein dauerhafter Garant für Freiheit ist der elektronisch überwachte Hausarrest allerdings nicht, denn die Auflagen für die Fußfessel bleiben auch nach der Bewilligung streng. Häftlinge mit Fußfesseln werden dauerhaft überwacht. Bei Fehlverhalten, freiwilligem Verzicht, Arbeitsplatzverlust oder dem Verlust einer Wohnung könnte der elektronisch überwachte Hausarrest vorzeitig abgebrochen werden.

In Österreich befinden sich derzeit (Stand 1. September 2025) 10.013 Personen hinter Gittern – 368 von ihnen im elektronisch überwachten Hausarrest. Das Justizministerium rechnet damit, dass mit der Gesetzesänderung circa 150 zusätzliche Personen pro Jahr dazukommen werden – das sind etwa eineinhalb Prozent aller Häftlinge.

Ob man das Gefängnis verfrüht verlassen kann oder nicht, kann aber auch von der finanziellen Situation der Person abhängen. Eine Fußfessel kostet Häftlinge bis zu 22 Euro pro Tag. Das Bundesministerium für Justiz betonte gegenüber profil, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Inhaftierten allerdings berücksichtigt werde und es zu einer Reduktion des Kostenbeitrags kommen könne. Bekommt ein Häftling, der sich in Untersuchungshaft befindet, die Fußfessel, muss er für diese nicht zahlen. 

Grassers Anwalt Norbert Wess habe den Antrag auf eine Fußfessel bereits gestellt, wie der „Standard“ berichtete. Obwohl Grasser zu vier Jahren Haft verurteilt wurde, könnte er schon bald zu den Fußfesselträgern zählen. Denn bei der ersten Verurteilung haben Straftäter die Chance, nach der Hälfte der Strafe freizukommen. Durch die neuen Regeln könnte Grasser bereits jetzt eine Fußfessel bekommen. Damit hätte er drei Monate in einer Haftanstalt verbracht. Wann über seinen Antrag entschieden wird, ist allerdings offen.

Natalia Anders

Natalia Anders

ist seit Juni 2023 Teil des Online-Ressorts und für Social Media zuständig.