Österreichs Kehrtwende in der Gaza-Frage
„Ein sofortiges Ende des Krieges im Gazastreifen“, fordern die Außenministerinnen und -minister von 28 Ländern in einer gemeinsamen Erklärung und kritisieren Israel für die sich drastisch verschlechternde humanitäre Lage. Österreich gehört, neben EU-Mitgliedsländern wie Italien, Frankreich, den Niederlanden oder Polen zu den Unterzeichnern. Deutschland hat den Appell nicht mitgetragen. Österreich – einer der engsten Verbündeten Israels in der EU – allerdings schon. Das ist ein Novum. Österreich hatte in der Vergangenheit auf UN-Ebene immer wieder gegen Sanktionen oder einen Waffenstillstand gestimmt.
Was passiert rund um die Verteilzentren?
„Über 800 Palästinenser“ seien rund um Verteilzentren für Hilfsgüter ums Leben gekommen, heißt es in dem Schreiben. Betrieben werden diese Verteilstellen von der US-amerikanischen Gaza Humanitarian Foundation (GHF), die seit Ende Mai für den allergrößten Teil der Lieferung und Verteilung von Lebensmittelhilfe im Gazastreifen sorgt. Die GHF wurde auf Initiative der israelischen Regierung eingerichtet und soll eine Alternative zu den Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen bieten, an deren Neutralität Israel zweifelt.
Im Gegenzug seht die GHF in der Kritik (Lesen Sie hier ein aktuelles profil-Interview mit dem Vorsitzenden Johnnie Moore), weil immer wieder Menschen bei der Verteilung von Hilfsgütern sterben. Augenzeugen und Hilfsorganisationen berichteten wiederholt, wie israelische Soldaten auf Menschenmengen schießen. Israel dementiert das, spricht von Warnschüssen. Trotz der offensichtlich gefährlichen Lage wagen sich immer wieder hungernde Menschen zu den Verteilzentren. Laut den Vereinten Nationen ist die komplette Bevölkerung des Gazastreifens von einer Hungersnot bedroht.
Bereits Ende Juni kritisierte Meinl-Reisinger die GHF-Stiftung als „unzuverlässig“. Man plane nicht, Hilfsgelder aus Österreich über die GHF abzuwickeln, stellte sie auf einer Pressekonferenz klar.
Israel: „Falsches Signal“ an die Hamas
Israel wies die Erklärung der 28 Staaten als „ohne Bezug zur Wirklichkeit“ zurück und sprach von einem „falschen Signal“ an die islamistische Hamas, die den Krieg mit dem Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 losgetreten hatte. Bei dem Angriff wurden damals etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln nach Gaza verschleppt. Damals stand die gesamte westliche Welt geeint hinter Israel.
Aber mittlerweile, nach fast zwei Jahren Krieg und zehntausenden Toten in Gaza, darunter vielen Kinder, bröckelt die Unterstützung in Europa . Auch in Österreich scheint sich mit der neuen Bundesregierung und insbesondere dem von den NEOS geführten Außenministerium eine Kehrtwende abzuzeichnen.