US-Präsident Trump und FBI-Chef James Comey 2017 im Weißen Haus
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Trump und seine Feinde: Korruption bei grellem Tageslicht

Donald Trump hasst den ehemaligen FBI-Chef James Comey. Was folgt, ist ein offen ausgetragener Kampf zwischen Korruption und Rechtsstaat.

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Korruption muss nicht im Geheimen passieren. Zwar ist das der übliche Weg, dass sich Mächtige mittels dunkler Machenschaften unbemerkt Vorteile verschaffen. Doch dass es auch anders geht, beweist der Mann, der einmal sagte, er könne auch jemanden in der New Yorker Fifth Avenue erschießen und würde dennoch keine Wählerstimmen verlieren – Donald Trump.

Mehrmals geriet der US-Präsident ins Fadenkreuz von Ermittlungsbehörden und Justiz. Er durchlief zwei Amtsenthebungsverfahren (und wurde nicht des Amtes enthoben) und vier Strafverfahren (einmal verurteilt in 34 Anklagepunkten). In einem der Amtsenthebungsverfahren spielte der damalige Chef der US-Ermittlungsbehörde FBI, James Comey, eine wichtige Rolle. Das FBI hatte untersucht, ob Mitglieder von Trumps Wahlkampfteam von 2016 unerlaubte Kontakte zu Vertretern der russischen Regierung gepflegt hatten. Trump entließ Comey 2017 aus seinem Amt als FBI-Chef. Seit damals sind die beiden Gegner, man könnte auch sagen: Feinde.

Noch nie in der jüngeren Geschichte der USA hat ein amtierender Präsident so ungeniert aus eigenem Antrieb und entgegen den Ermittlungsergebnissen der Justiz einen US-Bürger vor ein Strafgericht stellen lassen. 

Trump will jetzt, in seiner zweiten Amtszeit, Comey vor Gericht und ins Gefängnis bringen. Als Vehikel dafür soll ein angebliches Delikt des Ex-FBI-Chefs dienen: Im Zuge einer Befragung im Kongress im September 2020 wurde Comey gefragt, ob er genehmigt habe, dass Informationen aus den FBI-Ermittlungen an das „Wall Street Journal“ weitergegeben wurden. Comey verneinte. Das sei eine Falschaussage gewesen, so der Verdacht.

Nach langen Ermittlungen kam der zuständige Staatsanwalt Erik Siebert – er war von Trump bestellt worden – zu dem Schluss, dass es keine ausreichenden Beweise für eine Anklage gegen Comey gebe. Damit wäre der Fall in einem Rechtsstaat beendet gewesen. Doch Trump wollte dies nicht akzeptieren und kündigte öffentlich an, Siebert feuern zu wollen. Dieser trat zurück. (Trump beharrt darauf, ihn entlassen zu haben; aber egal.)

Die Zeit drängte. Eine Woche nach Sieberts Rücktritt hätte die Verjährungsfrist geendet, innerhalb derer eine Anklage gegen Comey noch möglich wäre. Trump gab bekannt, er wolle Lindsay Halligan, seine ehemalige Anwältin, zur Nachfolgerin von Siebert ernennen, obwohl diese noch nie als Staatsanwältin gearbeitet hatte. Und er forderte Justizministerin Pam Bondi in einer öffentlich einsehbaren Nachricht auf der Plattform „Truth Social“ auf, Comey (und zwei weitere seiner Feinde) sollten endlich angeklagt werden. Genau so kam es. Halligan wurde zur Staatsanwältin ernannt und brachte zwei Tage später eine Klage gegen Comey ein.

Noch nie in der jüngeren Geschichte der USA hat ein amtierender Präsident so ungeniert aus eigenem Antrieb und entgegen den Ermittlungsergebnissen der Justiz einen US-Bürger vor ein Strafgericht stellen lassen. Trump missbraucht seine Macht zum eigenen Vorteil – ohne dies auch nur ansatzweise zu vertuschen. Es ist Korruption bei grellem Tageslicht.

Jetzt wehrt sich der Rechtsstaat. Eine Bundesrichterin entschied am Montag, dass die Bestellung von Lindsay Halligan zur Staatsanwältin widerrechtlich abgelaufen sei. Die von Halligan eingebrachten Anklagen, sowohl die gegen Comey, als auch die gegen Letitia James, eine weitere Feindin Trumps, müssen deshalb eingestellt werden.

Hat der Rechtsstaat doch gesiegt? Die Korruption gibt sich nicht geschlagen. Die Klagen gegen Comey und auch gegen James sollen erneut eingebracht werden, gab Justizministerin Pam Bondi bekannt. Von wem, und wie das (im Fall Comey) trotz mittlerweile abgelaufener Verjährungsfrist gehen soll, darüber wird noch beratschlagt.

Selten wurde das Duell zwischen Korruption und Rechtsstaatlichkeit so offen ausgetragen wie im Match Trump versus Comey.

Robert Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur.