Staatssekretärin Königsberger-Ludwig kritisiert unterschiedliche Kassenleistungen in den Ländern

Ärzte-Gesamtvertrag: SPÖ nimmt Landesärztekammern ins Visier

SPÖ-Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig sieht sich durch den Rechnungshof bestärkt. In Richtung Entmachtung der Landesärztekammern „muss man diskutieren“.

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Der Rechnungshof empfiehlt in einem unveröffentlichten Rohbericht, den Einfluss der Landesärztekammern zu beschneiden – um einen bundesweit einheitlichen Gesamtvertrag zwischen Ärzteschaft und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zu ermöglichen, profil und ORF berichteten exklusiv. Gesundheitsstaatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) kann sich eine solche Entmachtung vorstellen. Die Empfehlungen des Rechnungshofs nehme sie „sehr ernst“, den laufenden Verhandlungen wolle sie jedoch nicht vorgreifen, sagte sie am Donnerstag im Ö1-Mittagsjournal. 

Eine Reaktion der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) auf den Rohbericht folgte noch am Vorabend in einer Aussendung. Darin weist die Standesvertretung den Vorwurf einer Blockadehaltung durch die Landesärztekammern zurück und verweist auf den 2020 erarbeiteten „umfassenden einheitlichen Leistungskatalog“. Dieser beinhalte „alle zeitgemäßen medizinischen Leistungen, die in Ordinationen erbracht werden können“, so ÖÄK-Präsident Johannes Steinhart. „Seither ist seitens der ÖGK jedoch nichts passiert“.

Die ÖGK drängt währenddessen auf eine rasche Wiederaufnahme der Verhandlungen für den Gesamtvertrag. „Wir wollen konstruktiv und lösungsorientiert alle gemeinsamen Herausforderungen im niedergelassenen Bereich besprechen“, sagen ÖGK-Obmann Andreas Huss und sein Stellvertreter Peter McDonald in einer Presseaussendung. Die ÖGK übermittelt ihrerseits Termine und Vorschläge an die Ärztekammer. 

Die Konfrontation zwischen Ärztevertretung und Gesundheitskasse geht damit in eine weitere Runde. Wie so oft geht es um die Tarife der mächtigen Ärzteschaft, die von der ÖGK vergütet werden. Für Montag sind Warnstreiks der Ärzte angekündigt – allerdings nur in Kärnten, wie die dortige Landesärztekammer verlautbarte. Ein Sinnbild des Fleckerlteppichs in der österreichischen Gesundheitspolitik. 

Ungleiches Honorar für gleiche Leistung

Es sei schlicht „nicht plausibel“, warum bestimmte Leistungen beim selben Versicherungsträger nicht gleich vergütet werden, stellt der Rechnungshof in seinem Rohbericht fest, der profil vorliegt. Tatsächlich werden nach wie vor einzelne Kassenleistungen wie Hautkrebsvorsorge oder EKG-Untersuchungen je nach Bundesland unterschiedlich vergütet. Laut Rechnungshof erschweren die geltenden Gesetze einen österreichweiten einheitlichen Tarifvertrag. Denn neben der ÖGK und der bundesweiten Ärztekammer müssen auch alle neun Landesärztekammern am Verhandlungstisch Platz nehmen – viele Stimmen, um sich auf ein Ergebnis zu verständigen. Die Prüfer empfehlen daher wörtlich, „eine Regierungsvorlage zur Änderung der Rahmenbedingungen vorzubereiten, etwa mit dem Entfall der Zustimmung der einzelnen Landesärztekammern“. Eine de facto Entmachtung der Standesvertreter.

„Das ist ein unhaltbarer Zustand“, kritisiert Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) die unterschiedlichen Kassenleistungen in den Bundesländern und sieht im Rechnungshof-Rohbericht Rückenwind für ihr Reformvorhaben eines Gesamtvertrags. Sollte dieser an den Honorarvorstellungen der einzelnen Landesärztekammern scheitern, müsse man „auch in diese Richtung diskutieren“ sie zu entmachten, so Königsberger-Ludwig. Dem wolle sie aber nicht vorgreifen.

Dass das kein einfaches Unterfangen ist, musste ihr Vorgänger erfahren. „Wenn du als Gesundheitsminister etwas ändern willst, sind plötzlich alle gegen dich“, kritisiert Ex-Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) im Ö1-Morgenjournal die Vielzahl an Interessen am Verhandlungstisch, „zu viele Köche verderben den Brei“. Ein Gesetz, um die Landesärztekammern zu entmachten, sei „Grundvoraussetzung, um dorthin zu kommen“, sagt er mit Blick auf einheitliche Leistungen. Dieses Gesetz hätte bereits in der letzten Legislaturperiode umgesetzt werden sollen, betont Rauch. In seiner Amtszeit sei das am Widerstand des Koalitionspartners ÖVP gescheitert. 

Königsberger-Ludwig zeigt sich hingegen optimistisch: „Weil wir den Gesamtvertrag auch im Regierungsübereinkommen festgeschrieben haben.“ 

Dieser Artikel wurde am 14.08.2025, 16.45 Uhr um die Stellungnahme der ÖGK ergänzt. 

Kevin Yang

Kevin Yang

seit November 2024 im Digitalteam und faktiv Faktenchecker. Davor bei der Wiener Zeitung und ORF.