Die Österreichische Gesundheitskasse muss sparen

ÖGK-Sparpaket: Die Führungsetage bleibt verschont

Während die Gesundheitskasse ihre Versicherten auf Einsparungen einschwört, tagten 250 Führungskräfte zweieinhalb Tage lang in einem Luxushotel. Ein mickriger Teil des Milliardenbudgets der Kasse – aber ein fragliches Signal.

Drucken

Schriftgröße

Als die 250 Führungskräfte der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) Anfang Mai ins Viersterne-Superior-Ressort Brandlhof in Saalfelden reisten, muss die Stimmung anfangs etwas getrübt gewesen sein. Exakt eine Woche zuvor musste die Kasse per Presseaussendung „Schritte zur Finanzkonsolidierung“ (vulgo: ein Sparpaket) präsentieren, um das prognostizierte Defizit von 900 Millionen Euro abzumildern.

Kürzen will die Kasse, so viel ist bekannt, bei MRTs, bei Physiotherapie und Vitamin-D-Bluttests. Auch Selbstbehalte für Krankentransporte sollen kommen. Viele der Kosten sind tatsächlich davon galoppiert, was mitunter an zu großzügigen Überweisungen von einzelnen Hausärzten liegen dürfte. Die Kasse will ihre Vertragspartner nun „sensibilisieren“. Für die Patienten bedeutet das: weniger Leistungen.

Klausur im Luxusressort mit „Zipfelbob-Race“

Glück für die Kassen-Manager: Die zweieinhalbtägige Klausur namens „Saalfelden V“ von 5. bis 7. Mai war vom Sparpaket nicht betroffen. Die Krisenstimmung dürfte in dem Hotel mit Pools, Sauna und 18-Loch-Golfplatz bald verflogen sein. Denn bereits in den Jahren zuvor waren dort entsprechende Seminare des ÖGK-Leitungsteams abgehalten worden – und eines ist gewiss: Es waren keine reinen Arbeitsmeetings.

Der genaue Programmablauf für 2025 ist zwar nicht bekannt. Doch Bilder aus den Vorjahren, die der „Kronen Zeitung“ und profil zugespielt wurden, belegen, wie Luftballone aufgeblasen und auf Bobbycars montiert wurden. Offenbar gab es ausführlich Zeit für eine große Bastelstunde mit dem Ziel des Teambuildings. „ÖGK – wir lochen alle Bälle ein“ ist da auf einem ÖGK-Plakat zu lesen. Oder: „ÖGK – alles ist möglich“. Möglich war auf der Klausur jedenfalls auch ein „Zipfelbob-Race“.

In einem internen Beitrag nach „Saalfelden IV“ im Jahr 2024 wurde der Ausflug so zusammengefasst: „Welch geniale Baumeister unsere Führungskräfte jenseits der Schreibtische sind, zeigte sich nicht nur in den Gruppennamen. Mission Impossible, Ballonfahrt, Team up in the air, ÖGKar, Pendeltruppe und viele mehr bastelten da intensiv am gemeinsamen Erfolg“.

Koordinierungsbedarf evident

Niemand wird der ÖGK absprechen, dass die Kasse mit einem Budget von satten 21 Milliarden Euro und knapp 12.000 Angestellten einen erheblichen Koordinierungsbedarf hat. Klausuren von Führungskräften sind bei solchen Organisationsgrößen der Regelfall, zumal die Fusion der neun Gebietskrankenkassen zur ÖGK noch lange nicht abgeschlossen ist.

In Zeiten eines Sparpakets stellt sich allerdings die Frage, ob es auch ein Hotel ohne Golfkurs getan hätte – Stichwort: Mit gutem Beispiel vorangehen. So hat die Bundesregierung bei ihrem Sparpaket nicht nur bei Familienleistungen die Valorisierung ausgesetzt, sondern auch bei der Parteienförderung. Bei der ÖGK dagegen sind die Verwaltungskosten seit 2020 um 38 Prozent gestiegen, wie profil diese Woche aufdeckte. Die Steigerung liegt deutlich über der Inflation.

Klausur wird 2026 wiederholt

In einem internen Dokument der Kasse, in dem weitere Sparpläne gewälzt werden, ist man sich dem Problem der kostspieligen Klausuren bewusst. Dort wird die Frage gestellt: „Wie viele Klausuren sind tatsächlich notwendig & in welcher Konstellation? Was kann durch MS Teams abgelöst werden?“ 

Das Einsparungspotenzial einzelner Klausuren wird mit 500.000 Euro beziffert. 

Saalfelden ist da nicht mitgemeint: Für Mai 2026 hat die Kasse bereits wieder im Brandlhof reserviert.

Leider gibt es keine Möglichkeit eine Klausur mit 250 Teilnehmern in den Räumlichkeiten einer ÖGK Landesstelle durchzuführen.

ÖGK-Pressestelle

Auf gemeinsame Anfrage von „Krone“ und profil wollte die Kasse nicht sagen, wie viel die Führungskräfteklausur kostete. Das jährliche Event in Saalfelden sei nötig, um die weitere Ausrichtung der Kasse zu besprechen, da die ÖGK „eine noch recht junge Organisation ist und die Fusion naturgemäß einen großen Change-Prozess ausgelöst hat“. Und: „Im Rahmen der Finanzkonsolidierung überprüfen wir alle unsere Kosten und identifizieren Sparpotenziale, das ist auch bei der Führungskräfteklausur geschehen und umgesetzt worden.“

Der Brandlhof in Saalfelden, Austragungsort der ÖGK-Klausur

Luxus im Grünen

Der Brandlhof in Saalfelden (Salzburg) war wiederholt Austragungsort von ÖGK-Führungskräfteklausuren.

Zum luxuriösen Austragungsort, immerhin das „Golfhotel des Jahres 2024“, sagt die ÖGK: „Leider gibt es keine Möglichkeit eine Klausur mit 250 Teilnehmern in den Räumlichkeiten einer ÖGK Landesstelle durchzuführen, daher müssen wir auf externe Räumlichkeiten ausweichen“. Man habe Vergleichsangebote eingeholt und sich für die kostengünstigste Variante entschieden.

Die Buchung für 2026 erklärt die Kasse so, dass es nur „wenige Anbieter mit dieser Kapazität“ gebe. Saalfelden VI kann kommen.

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef und seit 2025 Mitglied der Chefredaktion bei profil. Gründete und leitet den Faktencheck faktiv.