Doskozil kauft gemeinnützigen Wohnbau von Raiffeisen und Erste Bank
Wer rasch eine moderne Mietwohnung im Burgenland benötigt, wird auf „nebau.at“, der Website der Neue Eisenstädter Gemeinnützige Bau-, Wohn- und Siedlungs-GmbH, fündig. Sofort beziehbar wären etwa Wohnungen in der Bischof-Stefan-Laszlo-Straße in Eisenstadt, in der Feuerwehrgasse in Purbach oder in der Steinamangererstraße in Oberwart. Motto der Gesellschaft: „Ihre Wohnzukunft in sicheren Händen.“
Die Zukunft der „Neue Eisenstädter“ und ihrer bisher realisierten 5000 Wohnungen liegt bald in anderen Händen als bisher. Gegründet wurde das Unternehmen 1982. Hauptgesellschafter sind mit jeweils 49,98 Prozent die Raiffeisen Landesbank Burgenland und die UBG-Unternehmensbeteiligungs-GmbH. Diese steht zu hundert Prozent im Eigentum der Erste Bank und hält Beteiligungen an insgesamt elf Wohnbaugesellschaften in Österreich. Die Stadt Eisenstadt hält einen Minianteil von 0,04 Prozent an der „Neue Eisenstädter“.
Beide Kreditinstitute (die Erste Bank indirekt über die UBG) sind bereit, ihre Anteile zu verkaufen. Allerdings ist der Deal keine Idee der Banken, sondern des Landes Burgenland. Genauer: von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, SPÖ, höchstpersönlich.
Übernimmt die öffentliche Hand ein Unternehmen von privaten Eigentümern, handelt es sich bekanntermaßen um eine Verstaatlichung – von der die Öffentlichkeit, vor allem die 302.000 Burgenländerinnen und Burgenländer, bisher nichts erfahren durften. Transparenz ist nicht erwünscht.
Verhandlungen vor Abschluss
Die Verhandlungen zwischen dem Land und den zwei Banken begannen vor einem Jahr – und stehen profil-Informationen zufolge unmittelbar vor der Vertragsunterzeichnung. Hoch verschulden muss sich das Land Burgenland für den Deal nicht. Der Verkauf einer gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft darf nur zum Stammkapital erfolgen, nicht zum Wert des Vermögens. Dieses ist enorm. Laut der aktuellen Bilanz (Stichtag: 31. Dezember 2023) verfügt die „Neue Eisenstädter“ über Sachanlagevermögen im Wert von 556 Millionen Euro, darunter Wohngebäude (im Wert von 133 Millionen Euro), unbebaute Grundstücke (49 Millionen Euro), unternehmenseigenes Miteigentum (160 Millionen Euro) und nicht abgerechnete Bauten (195 Millionen Euro).
Mit der Übernahme der Anteile wird das Land Burgenland also über Nacht ein Vermögen von einer halben Milliarde Euro erhalten – muss dafür aber nur zehn Millionen Euro bezahlen. So viel macht das Stammkapital der „Neue Eisenstädter“ aus. Raiffeisen und UBG leisteten Einlage in Höhe von jeweils 4,998 Millionen Euro, die Stadt Eisenstadt in Höhe von 4000 Euro.
Auf Anfrage von profil erklären Raiffeisen Burgenland und Erste Bank, zu möglichen Geschäftsvorhaben keine Auskunft geben zu können. Johannes Zink, Rechtsanwalt des Landes, teilt nur mit, dass man keinen Kommentar dazu abgeben werde.
Druck vom Landeshauptmann?
In burgenländischen Polit- und Wirtschaftskreisen wird gemunkelt, Landeshauptmann Doskozil habe großen Druck auf die Bosse von Raiffeisen Burgenland und Erste Bank ausgeübt, dem Land die „Neue Eisenstädter“ zu überlassen. Seit Jahren hat Doskozil die vier gemeinnützigen Bauträger des Burgenlandes im Visier, die seiner Ansicht nach mit Gemeinnützigkeit wenig zu tun haben. Sein Vorwurf: Statt Mieten zu senken, würden die Unternehmen Kapital anhäufen. Und von Mietern, die ihre Wohnungen kaufen wollen, verlangten die Gesellschaften nicht – wie von Doskozil gefordert – lediglich die Errichtungskosten, sondern den Verkehrswert. Für Doskozil ein Unding: Leistbares Wohnen für alle Burgenländer ist seit seinem Amtsantritt im Februar 2019 das zentrale politische Versprechen des Landeshauptmanns.
Man kann den Kauf der „Neue Eisenstädter“ auch als große Wette des Landeshauptmanns begreifen. Als neuer Eigentümer muss Doskozil beweisen, dass seine Wohnbauvereinigung deutlich billiger sozialen Wohnraum schaffen kann als die von ihm so scharf kritisierten anderen Gemeinnützigen im Burgenland.
Auch abseits des gemeinnützigen Wohnbaus befindet sich Hans Peter Doskozil in Shoppinglaune am Immobilienmarkt. Mittwoch wurde bekannt, dass das Land die Zentrale der Raiffeisenlandesbank Burgenland in Eisenstadt um 11,4 Millionen Euro erworben hat. Die Bank verlegt ihren Standort an den Rand der Landeshauptstadt, wo im Jahr 2030 neue Büros bezogen werden. Ein Teil des dafür erworbenen Grundstücks gehörte ausgerechnet der „Neue Eisenstädter“ – quasi ein Deal der Mutter mit der Tochter. Der Kaufpreis sei „marktüblich“ gewesen, heißt es auf profil-Anfrage von Raiffeisen.