Verschwörungstheoretiker Martin Rutter mit roter Mütze hält Schild mit der Aufschrift „Lügenpresse!!! ES REICHT!!!“.
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FPÖ lädt Verschwörungstheoretiker Rutter zu Veranstaltungsserie

Das freiheitliche Bildungsinstitut veranstaltet „Corona-Stammtische“. Dort darf auch der rechtsextreme Verschwörungstheoretiker Martin Rutter seine Thesen als Vortragender verbreiten.

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Wenn Martin Rutter alles glaubt, was er in seinem Telegram-Kanal postet, muss man ihn sich als sehr ängstlichen Menschen vorstellen.

Rutter wittert an jeder Ecke ein Komplott gegen sich und seine Anhänger. Er hält Wettermanipulationen in Form von Chemtrails für plausibel, gibt Tipps, wie man sich vor einem angeblichen „Bankencrash“ schützen könne und bewirbt „energetische“ Platten, die Schlafzimmer vor „Elektrosmog“ schützen sollen. Die von US-Rechten in die Welt gesetzte Verschwörungsfantasie, wonach die Frau des französischen Präsidenten, Brigitte Macron, in Wahrheit ein Mann sein könnte, verbreitet Rutter mit dem Kommentar, sie „wäre nicht der erste Transgender in diesem kranken Spiel!“ Belege sucht man auf seinem Kanal vergeblich, doch die verächtliche Agitation gegen Frauen in Machtpositionen zieht sich durch: Für EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen und Neos-Außenministerin Beate Meinl-Reisinger hat sich Rutter besonders beleidigende Spitznamen ausgedacht. profil verzichtet darauf, sie hier anzuführen.

Die Lieblingsthemen des Kärntners Rutter, der als Organisator der Corona-Demos bekannt wurde, sind aber weiterhin: Impfungen, die „Pharma-Lobby“ und die WHO. Rutter fordert Verhaftungen von Impfbefürwortern und bezeichnet Impfkampagnen gar als „Massenmord“.

Vorträge für FPÖ-Bildungsinstitut

Auf den Corona-Demos hatte Rutter bereits erste Berührungspunkte mit der FPÖ – doch nun hofieren ihn die Freiheitlichen ganz offen, wie zwei Einladungsflyer zeigen, die profil vorliegen. Kommenden Freitag und Samstag, dem 10. und 11. Oktober, tourt Rutter auf Einladung des Freiheitlichen Bildungsinstituts (offizielles Kürzel: FBI) durch Niederösterreich. In Kilb (Bezirk Melk) und der Bezirkshauptstadt Horn wird er bei „Corona-Stammtischen“ als „Vortragender“ angekündigt.

Dem Einladungsflyer ist zu entnehmen, dass es um die „kritische Aufarbeitung der Coronamaßnahmen“ gehen soll. Dabei wollen Rutter und die FPÖ auch „die Rolle internationaler Organisationen wie WHO und EU“ und „alternative Strategien für zukünftige Krisen – mit Fokus auf Eigenverantwortung“ besprechen.

Zahlt das FPÖ-Bildungsinstitut für die Vorträge ein Honorar an Rutter? Dazu wollte das FBI auf Anfrage nichts sagen. Auch inhaltlich ließen sich die Organisatoren nicht in die Karten blicken.

FBI rechtfertigt Einladung Rutters

Bei früheren Veranstaltungen zum Thema Corona, die von Rutter und seinem „Impfopfer“-Verein organisiert wurden, behauptete ein Arzt, dass Impfstoffe „Neuroroboter“ enthalten würden – auch wenn sich das von selbst versteht, sei hier darauf hingewiesen: Das ist ein weiterer Verschwörungsmythos. Durch eine Klage Rutters gegen profil ist auch vom Landesgericht Wien bestätigt, dass man Rutter sowohl als „Verschwörungstheoretiker“ als auch als „rechtsextrem“ bezeichnen kann. Er selbst wählt freundlichere Selbstbeschreibungen: „Systemkritiker und Mr. Megademo“.

Auf Rutters extreme Positionen und unbelegte Behauptungen angesprochen, rechtfertigte das FBI die Einladungspolitik so: Rutter sei „eine zentrale Persönlichkeit im gesamten Corona-Komplex“. Die Stammtische würden „die staatsbürgerliche Aufklärung und den gesellschaftlichen Diskurs“ fördern. Der „mündige Bürger“ könne sich selbst sein Bild machen.

FPÖ: Keine Auskunft zu Fördergeldern

Wovon sich der „mündige Bürger“ allerdings noch immer kein Bild machen kann, sind die Auszahlungen des von der FPÖ eingerichteten Corona-Fonds in Niederösterreich. profil berichtete im Vorjahr, dass mehreren von Rutters „Impfopfer“-Vereinen (er gründete für jeden niederösterreichischen Bezirk einen) eine Förderzusage vom Land erhalten hatten – eine Empörungswelle war die Folge, der sich auch Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) anschloss. Ob das Geld inzwischen ausbezahlt wurde oder der Förderantrag abgewiesen wurde, ist offen und wurde vom zuständigen FPÖ-Landesrat Martin Antauer auf profil-Anfrage nicht beantwortet.

Rutters Telegram-Kanal zeugt jedenfalls von seiner zunehmenden FPÖ-Nähe: Vor einigen Tagen teilte er ein Gewinnspiel. Hauptpreis: ein „Meet and greet“ mit Parteichef Herbert Kickl.

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef und seit 2025 Mitglied der Chefredaktion bei profil. Gründete und leitet den Faktencheck faktiv.