Ein Mann, es ist Bundeskanzler Stocker, steht auf einer Bühne und spricht.
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Nach Mahrer-Rücktritt: Ist der Schaden für die ÖVP reparabel?

Die Krise der Wirtschaftskammer schlägt voll auf die ÖVP durch. Das Image als Wirtschaftspartei ist in Gefahr.

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Dienstagabend war ein Fixtermin. Alles, was in Österreich politisch Rang und Namen hat, fand sich im VIP-Bereich des Wiener Ernst-Happel-Stadions ein, um die Fußballnationalmannschaft gegen Bosnien-Herzegowina anzufeuern. Wirklich alles? Nein: Die Vertreter der schwarzen Wirtschaft – Funktionäre, Mandatare, Freunde des Hauses – trafen sich in der Zentrale des ÖVP-Wirtschaftsbundes in der Wiener Mozartgasse zur traditionellen Vorweihnachtsveranstaltung „Wein und Maroni“. Zum Feiern war angesichts der Turbulenzen wohl keinem zumute. Hauptdarstellerin des Abends war Martha Schultz. Die 62-jährige Tourismus-Unternehmerin aus dem Zillertal hat nach dem Rücktritt von Harald Mahrer die Wirtschaftskammer interimistisch und den Wirtschaftsbund geschäftsführend übernommen.

Die erste Schockstarre in der ÖVP ist überwunden. Die Partei befindet sich nach dem Ausnahme- nun im Schwebezustand. Dass die Affäre Schaden verursacht hat, ist evident. Ob und wie schnell dieser reparabel ist, kann derzeit niemand sagen. In den zwei wichtigsten schwarzen Landesorganisationen, Ober- und Niederösterreich, macht sich Nervosität breit.

Als die Debatte um Harald Mahrer vergangene Woche am Eskalieren war, veröffentlichte ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti in einer Aussendung eine Solidaritätsadresse. Fehler seien passiert, man traue Mahrer aber zu, nun Reformen in der Wirtschaftskammer umzusetzen. Obwohl es sich um eine dürre Pflichtübung handelte, wurde parteiintern gegrummelt, ÖVP-Chef Christian Stocker und sein Generalsekretär hätten den Skandal damit ohne Not in die Partei transferiert. Allerdings: Dort war er zu diesem Zeitpunkt schon längst aufgeschlagen. Nicht nur im Wirtschaftsbund sind kleine ehrenamtliche Funktionäre unter den – falschen – Generalverdacht geraten, Abkassierer zu sein. Auch aus dem Bauernbund und dem Arbeitnehmerbund ÖAAB berichten Funktionäre, sich an den Stammtischen rechtfertigen zu müssen und angestänkert zu werden.

Gernot Bauer

Gernot Bauer

ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und seit 2025 Leiter des Innenpolitik-Ressorts. Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl.