Babyfriedhof am Wiener Zentralfriedhof in Simmering
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Mutterschutz bei Fehlgeburt: Ein Einfallstor für Abtreibungsgegner?

ÖVP-Familienministerin Claudia Plakolm fordert Mutterschutz für Frauen nach Schwangerschaftsverlust. Warum ihre Koalitionspartner SPÖ und Neos dagegen sind.

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Es war Montagmorgen, der 26. September 2022. Monika Romaniewicz stand im Wartezimmer der Praxis ihrer Hausärztin, und ihr kamen die Tränen. Da war sie nun mit all den niesenden und hustenden Patientinnen und Patienten und musste sich um eine schnöde Krankschreibung anstellen. „Nur war ich nicht krank“, sagt sie: „Mein Zustand hatte nichts mit Krankheit zu tun.“ Monika Romaniewicz war gerade erst Mutter geworden – auch wenn sie kein Kind hatte.

Vier Tage zuvor hatte Romaniewicz eine Entbindung. Unter Wehen brachte sie ihren Sohn in der 20. Schwangerschaftswoche tot zur Welt. Inmitten der Schwangerschaft war ihre Fruchtblase geplatzt, weshalb sich die Lunge des Fötus nicht entwickeln konnte. Die Ärzte rieten zu einer Geburtseinleitung. Zwei Tage lang dauerte diese stille Geburt. Romaniewiczs Sohn trägt den Namen Alex.

Er hatte ein Gewicht von 290 Gramm und keine Lebenszeichen bei der Geburt. Genau deshalb hatte Monika Romaniewicz sich in die Hausarztpraxis schleppen müssen, denn ihr, die eine Fehlgeburt erlitten hatte, stand kein Mutterschutz zu. Das wäre anders gewesen, hätte ihr Sohn mehr als 500 Gramm gewogen – so sieht es die österreichische Gesetzeslage seit den 1970er-Jahren vor. In diesem Fall hätte Romaniewicz Anspruch auf acht Wochen Mutterschutz gehabt. Hätte er bei seinem eigenen Geburtsgewicht ein Lebenszeichen von sich gegeben, hätte sie gar 16 Wochen Mutterschutz gehabt. Aber bei einem Gewicht unter 500 Gramm und ohne Lebenszeichen galt, was Romaniewicz passiert war, als „Fehlgeburt“ – und somit als Krankheitsfall. Also musste Romaniewicz wie jeder Grippefall zur Hausärztin tingeln.

Nina Brnada

Nina Brnada

Redakteurin im Österreich-Ressort. Davor Falter Wochenzeitung.