Sektionschef Christian Pilnacek

Verfassungsgerichtshof kippt FPÖ-U-Ausschuss zu Pilnacek und Corona

Die FPÖ wollte einen U-Ausschuss zu Corona und den Fall „Pilnacek“, die Regierung lehnte ihn ab. Das VfGH gibt nun der Regierung recht.

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Am 21. Mai brachte die FPÖ im Nationalrat das Verlangen auf Einsetzung eines „ÖVP-Machtmissbrauchs-Untersuchungsausschusses“ ein. Untersuchungsgegenstand sollten einerseits die Ermittlungen in Zusammenhang mit dem Tod von Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek im Oktober 2023 sein, zum anderen die Corona-Politik der türkis-grünen Bundesregierung, insbesondere der behördliche Umgang mit Corona-Demonstrationen und „regierungs- und maßnahmenkritischen Bürgern“, wie im blauen Antrag zu lesen ist. 

Schon bei der Parlamentsdiskussion über das Verlangen auf Einsetzung des U-Ausschusses im Mai orteten die anderen Fraktionen rechtliche Probleme. Denn laut Artikel 53 der Bundesverfassung kann nur ein „bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes“ Untersuchungsgegenstand sein. 

Doch was hat der Tod des Sektionschefs mit der türkis-grünen Corona-Politik zu tun? Der juristische Kunstgriff der FPÖ: In beiden Fällen habe die ÖVP als Kanzlerpartei versucht, Kritiker einzuschüchtern. Laut dem blauen Antrag bestehe „der Verdacht der unsachlichen oder rein parteipolitisch motivierten Einflussnahme“ auf Polizei, Staatsanwaltschaften, Versammlungsbehörden und Medien durch ÖVP-Vertreter in Innen- und Justizministerium sowie im Bundeskanzleramt. Schwarz und Rot überzeugte die Argumentation nicht. Von einem „Wirr-Warr-Ausschuss“ sprach die ÖVP, von „Kraut und Rüben“ die SPÖ. Im Juli lehnten ÖVP, SPÖ und Neos im Geschäftsordnungsausschuss den U-Ausschuss-Antrag der freiheitlichen Abgeordneten ab. Diese wandten sich daraufhin an den Verfassungsgerichtshof, um den Beschluss des Geschäftsordnungsausschusses anzufechten.

Höchstrichter Verena Madner und Christoph Grabenwarter

Nun hat das Höchstgericht unter Vorsitz von Vizepräsidentin Verena Madner in einem Erkenntnis vom 12. August entschieden – und zwar gegen die FPÖ. Deren Anfechtung wird als „unbegründet“ abgewiesen.

Der VfGH untersuchte konkret nicht den Antrag der FPÖ, sondern den Beschluss des Geschäftsordnungsausschusses, mit dem dieser das freiheitliche Verlangen auf einen Untersuchungsausschuss für unzulässig erklärte.

Der Geschäftsordnungsausschuss gehe, so der VfGH, „mit hinreichender Begründung zutreffend davon aus, dass zwischen den einzelnen in den Beweisthemen genannten Bereichen und mit dem zu untersuchenden Vorgang kein offenkundiger Zusammenhang besteht und das vorliegende Verlangen auch aus anderen Gründen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen“ entspreche.

Die von der FPÖ verlangte Untersuchung sei „nicht auf einen bestimmbaren Vorgang beschränkt“, sondern beziehe sich „vielmehr auf die gesamte Aufgabenerfüllung bestimmter genannter Bundesministerien und der ihnen unterstehenden Behörden“.

Die FPÖ habe in ihrem Antrag „unbestimmte Begriffe und Formulierungen verwendet“. Auch würden „Konkretisierungen“ fehlen. Die im FPÖ-Verlangen angeführten Beweisthemen seien „mit dem zu untersuchenden Vorgang weder im Einsetzungsverlangen dargelegt noch offenkundig“.

Insgesamt würden die FPÖ-Abgeordneten in ihrem Antrag „die verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen Untersuchungsgegenstand“ verkennen. 

Ein Mann spricht bei einer Demo, es ist FPÖ-Chef Kickl

Die FPÖ wird nun wohl einen abgeänderten Antrag einbringen und statt eines U-Ausschusses zwei beantragen, die hintereinander durchgeführt werden würden. Denkbar ist aber auch, dass die FPÖ die Lust auf einen Pilnacek-Ausschuss verloren hat und sich ausschließlich ihrem Leibthema „Corona“ widmet. Auf die Entscheidung des VfGH reagierte die Partei vorhersehbar aggressiv. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker sprach von einem „Sieg der Blockierer und Vertuscher und einen schwarzen Tag für die parlamentarische Kontrolle“. Das „System“ schütze die ÖVP.

Gernot Bauer

Gernot Bauer

ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und seit 2025 Leiter des Innenpolitik-Ressorts. Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl.