Eine Kiste mit Red Bull Dosen
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Red Bull: Warum die EU-Kartellbehörde ermittelt

Vorwürfe gegen Red Bull: Die EU-Kommission untersucht, ob das Unternehmen seine starke Marktposition auf verbotene Weise ausgenutzt haben könnte.

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Die EU-Kommission nimmt den Salzburger Energydrink-Hersteller Red Bull ins Visier. Die Behörde hat ein Kartellverfahren eröffnet und prüft, ob das Unternehmen den Wettbewerb unzulässig ausgebremst und seine marktbeherrschende Position ausgenützt hat. Nach Angaben aus Brüssel gibt es Hinweise darauf, dass Red Bull Supermärkte und Tankstellen mit „monetären“ und „nicht-monetären“ Anreizen dazu veranlasst haben könnte, Konkurrenzprodukte weniger sichtbar zu platzieren. Zudem soll das Unternehmen seine Rolle als „Category Manager“ genutzt haben, um die Präsenz anderer Marken zu beeinträchtigen. Bei solchen Category-Management-Vereinbarungen übertragen Geschäfte einem Lieferanten die Verwaltung einer bestimmten Produktkategorie – etwa von Energy-Drinks. Dadurch erhält der Lieferant auch Einfluss auf die Präsentation konkurrierender Produkte. Red Bull war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Bereits in der Vergangenheit setzte sich der Konzern jedoch rechtlich gegen das Vorgehen der Wettbewerbshüter zur Wehr. 

Red Bull ist weltweit der größte Hersteller von Energydrinks und zählt in Österreich zu den bekanntesten Marken. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete der Konzern laut Geschäftsbericht einen Nettoumsatz von 11,2 Milliarden Euro und einen Gewinn von 1,58 Milliarden Euro.

Wir wollen prüfen, ob diese Praktiken dazu führen könnten, dass Preise hoch bleiben und Verbraucherinnen und Verbraucher bei Energy-Drinks weniger Auswahl haben

Teresa Ribera

EU-Wettbewerbskommissarin

Ermittlungen gegen den roten Bullen begannen schon 2023 durch Vorwürfe des US-Konkurrenten Monster Energy, der zum Teil Coca-Cola gehört. Die EU-Kommission erklärte, es gebe Hinweise darauf, dass der heimische Getränkehersteller eine europaweite Strategie entwickelt haben könnte, um den Wettbewerb im Segment von Energy-Drinks mit mehr als 250 Millilitern pro Dose zu beschränken. Sollten die Anschuldigungen der Behörde stimmen, hätte Red Bull damit möglicherweise versucht, mit unlauteren Methoden seine Marktstellung zu sichern.

Einen konkreten Hinweis hat die Kommission. Red Bull soll demnach die mutmaßliche Benachteiligungs-Strategie zumindest in den Niederlanden schon umgesetzt haben. Dort habe das Unternehmen einer Pressemitteilung der EU-Kommission zufolge offenbar eine marktbeherrschende Stellung im Großhandel inne. „Wir wollen prüfen, ob diese Praktiken dazu führen könnten, dass Preise hoch bleiben und Verbraucherinnen und Verbraucher bei Energy-Drinks weniger Auswahl haben“, wird EU-Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera in dieser Mitteilung zitiert. 

Vorwürfe dieser Art sind in der Getränkebranche kein Einzelfall. Die Brau Union, Österreichs größter Braukonzern, muss sich derzeit vor dem Wiener Kartellgericht verantworten. Im Kern geht es um einen ähnlichen Vorwurf: Ein marktbeherrschender Player soll kleinere Mitbewerber durch strukturellen Druck vom Handel ferngehalten haben. Die Brau Union bestreitet die Vorwürfe.

„Anreize“ im Handel oder in der Gastronomie sind im Getränkevertrieb grundsätzlich nichts Neues. Hersteller kämpfen um Regalflächen und Sichtbarkeit, verschenken Werbematerial und investieren in Schankanlagen – ein Kampf um Marktanteile. Manche Produzenten gewähren sogar Kredite, um ganze Lokale vorzufinanzieren. Dass große Unternehmen dabei deutlich mehr Finanzkraft haben als kleine Produzenten, liegt auf der Hand. Die juristische Frage lautet jedoch, ab wann das Buhlen um Abnehmer einen Verstoß gegen Wettbewerbsregeln darstellt und ob Konkurrenten damit gezielt vom Markt gedrängt werden.

Hausdurchsuchungen und juristisches Tauziehen

Bereits im März 2023 hatte die Bundeswettbewerbsbehörde im Auftrag der EU-Kommission die Red-Bull-Zentrale in Fuschl am See durchsucht. Das Unternehmen sagte damals völlige Kooperation mit den Behörden zu. Im heurigen Jahr versuchte Red Bull dann jedoch, die Razzia gerichtlich anzufechten und für nichtig erklären zu lassen. Das Unternehmen verlangte unter anderem Einsicht in sämtliche Unterlagen, um zu prüfen, ob die Behörde bei Erlass des Beschlusses überhaupt ausreichend belastbare Hinweise für einen Wettbewerbsverstoß hatte.

Brüssel legte daraufhin eine Übersicht und eine Zusammenfassung der geforderten Indizien vor. Red Bull argumentierte dennoch, der Beschluss sei unklar formuliert, Zweck und Gegenstand der Nachprüfung nicht eindeutig erkennbar. 

Das Gericht folgte dieser Darstellung allerdings nicht. Der Beschluss beschreibe die wesentlichen Merkmale der mutmaßlichen Verstöße ausreichend detailliert, heißt es im Urteil. Die Kommission habe nachvollziehbar dargelegt, wonach sie gesucht habe und worauf sich die Untersuchung beziehe. Kein einziges Argument der Kläger stelle die Begründung des Beschlusses ernsthaft infrage, so die Richter.

Kevin Yang

Kevin Yang

seit November 2024 im Digitalteam von profil. Davor bei Wiener Zeitung und ORF.