Genozid: Geschichte eines umkämpften Begriffs
1944
Der polnisch-jüdische Rechtsanwalt Raphael Lemkin erwähnt das Wort „Genozid“ das erste Mal in dem Buch „Axis Rule in Occupied Europe“. Es setzt sich aus dem griechischen Wort genos (Rasse, Stamm) und dem lateinischen Suffix -zid (Töten) zusammen.
1948
Die UN-Generalversammlung nimmt eine von Lemkin miterarbeitete Völkermordkonvention an. 55 UN-Mitgliedsstaaten stimmen dafür, kein einziger Staat dagegen.
1965
Uruguay erkennt den Völkermord an den Armeniern an. Es ist das erste Mal, dass ein Staat ein Ereignis als Genozid einstuft.
Die osmanische Regierung trieb die in Kleinasien lebenden Armenier 1915-1916 auf Todesmärsche.
Rund eine Million Menschen starben.
1994-2012
Der vom UN-Sicherheitsrat eingerichtete Internationale Strafgerichtshof für Ruanda verurteilt mehr als 60 Personen wegen Völkermord an den ethnischen Gruppen der Tutsis und Twa im Jahr 1994. Es ist das erste internationale Strafgericht, das Personen wegen Völkermordes verurteilt.
2004 und 2007
Das Massaker von Srebrenica wird 2004 vom Internationalen Jugoslawien Tribunal und 2007 vom Internationalen Gerichtshof (IGH) als Genozid eingestuft. Eine im UN-Sicherheitsrat eingebrachte Resolution scheitert 2015 am Veto Russlands.
Mehr als 8000 Bosniaken werden 1995 von bosnisch-serbischen Soldaten ermordet.
Der Großteil der Opfer waren Männer und männliche Minderjährige.
2009
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag stellt einen Haftbefehl gegen Sudans Präsident Omar al-Baschir wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Dafur-Konflikt aus, im Jahr 2010 kommt der Vorwurf des Völkermordes hinzu. Es ist der erste Haftbefehl gegen einen amtierenden Staatschef wegen Völkermordes. In Darfur im Westsudan hatte die dem Präsidenten unterstehende Dschandschawid-Miliz ab 2003 rund 400.000 Angehörige afrikanischer Stammesgruppen getötet.