Honduras: Trump-Kandidat führt, Präsidentin spricht von Wahlputsch
Lange hatte sich Xiomara Castro zurückgehalten. Doch am Dienstag äußerte sich die scheidende Präsidentin von Honduras erstmals seit dem Wahltag am 30. November. Bei einer Kundgebung fand sie eindringliche Worte: „Wir erleben einen Prozess, der von Drohungen, Manipulation des TREP (Stimmenübertragungssystem) und Verfälschung des Volkswillens geprägt ist.“ Auch verurteilte sie die Einmischung des US-Präsidenten Donald Trump, der „dem honduranischen Volk gedroht“ habe. Trump hatte dazu aufgerufen, den Konservativen Nasry Asfura zu wählen, nur dann sei Honduras die Unterstützung der USA sicher.
Asfura führt Stand Mittwochmorgen in den Auszählungen haarscharf mit 1,32 Prozentpunkten vor dem Liberalen Salvador Nasralla. 99,4 Prozent der Stimmenzettel sind da bereits ausgezählt. Rixi Moncada, die Kandidatin der regierenden Linken, ist abgeschlagen auf Platz drei. Die Straßen der Hauptstadt Tegucigalpa blieben trotz Protestaufrufen der linken Libre-Partei weitgehend friedlich. Libre-Anhänger versammelten sich, ein paar Autoreifen brannten.
Viele Stimmen werden überprüft
Das Wahlergebnis zieht sich wegen technischer Schwierigkeiten. Die Auszählung musste zweimal unterbrochen werden, weil die Website der Wahlkommission zeitweise nicht erreichbar war. 14,5 Prozent der Stimmzettel weisen zudem Unstimmigkeiten auf und werden überprüft. Die Wahlkommission hat bis zum 30. Dezember Zeit, ein endgültiges Ergebnis zu verkünden.
Schon vor der Wahl warnte die NGO Human Rights Watch, faire Wahlen seien bedroht. Die EU sendete ein Team zur Wahlbeobachtung nach Honduras. Libre warf der Opposition im Wahlkampf vor, Betrug zu planen. Mit zunehmender Dauer der Auszählung nahmen die Anschuldigungen zu.
Der Zweitplatzierte Nasralla erklärte sich ebenfalls zum Wahlsieger. Er schrieb auf der Kurznachrichtenplattform „X“, dass die Firma ASD, die die Wahlergebnisse übermittelt, korrupt sei. Immer wenn er in Führung gehe, würde sie das System abschalten und die Stimmen an die konservative Partei weiterleiten. Seine Partei werde „keinen Betrug zulassen“. Zudem sollen Unbefugte von ASD Passwörter für das Stimmenübertragungssystem angefordert haben.
Die linke Kandidatin Moncada forderte am Sonntag ebenso wie Castro eine Annullierung der Ergebnisse und sah einen Wahlputsch. Auch bei den vergangenen beiden Wahlen 2021 und 2017 wurden Betrugsvorwürfe laut, und es kam zu Neuauszählungen von Stimmen. 2017 starben 30 Menschen bei Massenprotesten gegen den Wahlsieg des Konservativen Juan Orlando Hernández.
Papa, zu Diensten
Sein Nachfolger bei den Konservativen und nach derzeitigem Stand Wahlsieger, Nasry Asfura, ist 67 Jahre und hat palästinensische Wurzeln. Er studierte Bauingenieurswesen, schloss das Studium aber nicht ab. Seit den 1990ern ist er politisch aktiv, arbeitete sich von diversen Jobs in der kommunalen Verwaltung bis ins Amt des Bürgermeisters von Tegucigalpa und Comayagua hoch. Nebenbei etablierte er sich als Geschäftsmann in der Bauwirtschaft. Sein Spitzname „Tito“ heißt auf Spanisch so viel wie Onkel, im Wahlkampf nutzte er seinen Markenspruch „Papi, a la orden!“ („Papa, zu Diensten!“), um Bürgernähe zu transportieren.
Dieses Markenzeichen verdiente sich Asfura, weil er in seiner Amtszeit als Bürgermeister von 2014 bis 2022 die Infrastruktur der Hauptstadt, vor allem Straßen, verbessern ließ. Asfura wird aber auch vorgeworfen, während dieser Zeit öffentliche Gelder veruntreut und Geld gewaschen zu haben. Er bestreitet die Anschuldigungen, sagt, sie seien politisch motiviert. 2021 tauchte sein Name in den Pandora Papers auf, einem Rechercheprojekt des internationalen Journalisten-Netzwerks ICIJ zu Steueroasen und Offshore-Firmen. Ein paar Wochen danach verlor er die Präsidentschaftswahl klar gegen Castro von Libre.
Vierter Anlauf
Gegner Salvador Nasralla ist noch ein paar Jahre älter, 72, und war Fernsehmoderator einer Game-Show. Er und seine Liberale Partei warben mit Korruptionsbekämpfung und Rechtsstaatlichkeit. Er versuchte schon 2013 und 2017 mit unterschiedlichen Parteien Präsident zu werden, 2022 schaffte er es in einer Koalition mit den Linken ins Vizeamt hinter Castro. 2024 trat er jedoch zurück, um sich den Liberalen anzuschließen und einen erneuten Versuch zu wagen.
Klar verloren haben die Linken und deren Spitzenkandidatin Rixi Moncada, eine Anwältin. Asfura und Nasralla kritisierten sie für ihre engen Beziehungen zu den wirtschaftlich geschwächten Ländern Kuba und Venezuela und bezeichneten sie als Kommunistin. Die beiden Politiker stellten in Aussicht, die Beziehungen zu Taiwan wieder aufzunehmen. Castro hatte diese beendet, um China als wichtigen Handelspartner für Rohstoffe nicht zu verärgern. Unter der linken Regierung gingen Armut und Kriminalität leicht zurück, die Wirtschaft erholte sich. Libre hatte 2021 das Zweiparteiensystem von Liberalen und Konservativen beendet, ist nun aber abgewählt worden. Honduras beschäftigt vor allem Teuerung, Armut, Korruption und Drogenhandel.
Es könnte auch darum gehen, die Hegemonie der amerikanischen Positionen im großkaribischen Becken sicherzustellen.
Lateinamerika-Experte
China vs. USA in Lateinamerika
Dass Trump vor dem Wahltag Asfura den Rücken stärkte und ankündigte, die Vereinigten Staaten würden in Zukunft eng mit ihm zusammenarbeiten, hat einen Grund: Die USA versuchen ihren Einfluss in Mittelamerika auszubauen, auch, um sich Rohstoffe zu sichern. Also stellt sich Trump gegen linke Regierungen – und folgt damit einem Trend. 2023 wählten schon Paraguay, Ecuador und Argentinien rechte Präsidenten, in El Salvador wurde 2024 Präsident Nayib Bukele wiedergewählt, der eine rechte Wirtschaftspolitik verfolgt. Bei der Wahl in Bolivien schaffte es heuer die linke regierende Partei MAS nicht in die Stichwahl. Bei der Abstimmung in Chile am 14. Dezember ist der rechtskonservative José Antonio Kast favorisiert.
China hat aber auch großen Einfluss in der Region. In Peru hat es einen Hafen gebaut, in Brasilien hat der chinesische Autohersteller BYD sein größtes Werk außerhalb Asiens eröffnet. Rund 8,2 Milliarden Euro will China für die Entwicklung der Region zur Verfügung stellen. China werde immer ein "guter Freund und Partner" Lateinamerikas sein, sagte Präsident Xi Jinping vor ein paar Monaten auf einem Forum mit der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC).
Trumps Strategie: Angriff. Er droht mit seinen Kriegsschiffen Venezuela, schließt Angriffe auf Mexiko und Kolumbien nicht aus . Zum Fall Venezuela sagte Lateinamerika-Experte Günter Maihold von der FU Berlin dem ZDF: "Es könnte auch darum gehen, die Hegemonie der amerikanischen Positionen im großkaribischen Becken sicherzustellen. Trump hat ja doch relativ deutlich gemacht, dass er da als Player wieder auftreten will." Auch die Ölvorkommen in Venezuela seien ein Motiv, große Teile davon sind wegen Kreditschulden aber an China verpfändet, so Maihold.
Trump begnadigt Ex-Präsidenten
In Honduras dürfte nun Trump seine Beziehungen stärken können, sollten die Wahlergebnisse bestehen bleiben. Vor gut einer Woche hatte er auch den ehemaligen honduranischen Präsidenten Hernández begnadigt. Ein amerikanisches Gericht hatte ihn zu 45 Jahren Haft verurteilt, weil er große Mengen Drogen gehandelt haben soll und so Gewalt und Sucht in den USA gefördert habe. Trump schrieb auf seiner Social-Media-Plattform „Truth Social“, er sei „unfair“ behandelt worden. Damit hat sich der US-Präsident nicht nur Freunde in Lateinamerika gemacht. Hernández könnte nun in Honduras ins Gefängnis kommen.