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Nieder mit der Freiheit!

Wer oder was auch immer sich Trump in den Weg stellt – Richter, Verfassungsprinzipien, Bürgerrechte, Universitäten –, wird ausgehebelt. Kann ein Mann die älteste Demokratie der Welt in eine Autokratie verwandeln?

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Marci Shore, Timothy Snyder und Jason Stanley lehrten und forschten bis vor Kurzem an der amerikanischen Elite-Universität Yale. Ihr Fachgebiet: autoritäre Regime. Jetzt haben alle drei ihre Jobs gekündigt und das Land verlassen. In einem Gastbeitrag für die „New York Times“ erläuterten sie ihre Beweggründe. Professor Stanley sagte, er wolle den Amerikanern durch seinen Protest klarmachen, dass sie gerade einen „demokratischen Notfall“ erlebten; Professorin Shore zog einen drastischen Vergleich: „Wir sind wie die Leute auf der Titanic, die meinen, unser Schiff könne niemals sinken.“ Professor Snyder schließlich warnte vor der Idee, die USA als historische Ausnahme anzusehen, als Staat, in dem so etwas wie Faschismus per Definition niemals passieren könne: „Und am Ende verwendet man das Wort ‚Freiheit‘, doch es bedeutet längst ‚Autoritarismus‘.“

Sehen Shore, Snyder und Stanley viel zu schwarz? Nun, immerhin gehören die drei zu den besten Fachleuten auf ihrem Gebiet. Und sie sind mit ihren Prognosen nicht allein. Viele Medien in den USA beschreiben seit Donald Trumps Amtsantritt beunruhigende Szenarien. „Autokratischer Durchbruch: Trumps Showdown mit den Gerichten bringt die USA nahe daran, die Demokratie aufzugeben“, titelt der Sender NBC. Autoren der renommierten Denkfabrik Brookings Institution schreiben von „gefährlichen Rissen in den Säulen der US-Demokratie“.

Vorfälle, die solch düstere Beschreibungen rechtfertigen, gibt es genug: Deportationen von Migranten auf fragwürdiger Rechtsgrundlage; Entlassungen von missliebigen Beamten; Einschüchterungen von Richtern; willkürliche Festnahmen von Studierenden; ein Feldzug gegen die Harvard-Universität, gegen Anwaltskanzleien und gegen Unternehmen, die Diversitätsprogramme durchführen.

Siobhán Geets

Siobhán Geets

ist seit 2020 im Außenpolitik-Ressort.

Robert Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur