ARA Areal in Wien
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100 Mio. Euro für den österreichischen Wirtschaftsstandort

Harald Hauke, Vorstandssprecher der Altstoff Recycling Austria AG (ARA), spricht darüber, warum Investitionen in die Kreislaufwirtschaft dringend notwendig sind.

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Die Kreislaufwirtschaft ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern bietet auch einen volks- und marktwirtschaftlichen Mehrwert. Welche großen Veränderungen bringt die Transformation für Unternehmen mit sich?

Harald Hauke: Ab 2030 dürfen nur noch Verpackungen in Umlauf gebracht werden, die recyclingfähig sind oder Rezyklate enthalten. Mit der EU-Verpackungsverordnung (PPWR) gibt es erstmals einen verbindlichen Rahmen für den Einsatz von Rezyklaten. Sekundärrohstoffe werden damit zur Voraussetzung. 

Ab 2030 gelten verpflichtende Anteile von Rezyklaten in Kunststoffverpackungen, was bedeutet das konkret?

Hauke: Verpflichtende Rezyklatanteile, ökologisch gestaffelte Tarife, erweiterte Kennzeichnungspflichten und verbindliche Quoten usw. Die Anforderungen an Verpackungen steigen und mit ihnen die Nachfrage nach Rezyklaten. Bis 2030 wird europaweit ein Engpass von rund 30 % bei Kunststoff-Rezyklaten erwartet.

Wie reagiert die ARA auf diesen Herausforderungen?

Hauke: Seit über 30 Jahren treiben wir die Kreislaufwirtschaft in Österreich aktiv voran, nicht umsonst gilt Österreich als Vorbild im Recycling. Die ab 2030 geltenden EU-Vorgaben für Verpackungen aus Glas, Metall und Papier erfüllen wir bereits heute, einzig im Bereich Kunststoff braucht es noch Anstrengungen. Daher setzen wir gezielt auf Sortierung und Aufbereitung: Wir haben gemeinsam mit unseren Partnern Bernegger und Der Grüne Punkt eine der modernsten Sortieranlagen gebaut. 2026 erfährt sie mit dem von der ARA patentierten Verfahren UPCYCLE eine Erweiterung, um auch Sortierreste für das Recycling aufzubereiten. Insgesamt haben wir damit gemeinsam mit unseren Partnern 100 Mio. Euro investiert, um die österreichische Wirtschaft mit Rezyklaten zu versorgen und die EU-Recyclingziele zu erreichen. 

Harald Hauke
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„Durch die neue EU-Verpackungsverordnung werden sich die Anteile an Sekundärrohstoffen in Verpackungen und somit ihr Bedarf deutlich erhöhen. Mit unseren Innovationen und Investitionen stärken wir die österreichische Industrie.“

Harald Hauke, ARA Vorstandssprecher

In welchen Bereichen ist der Einsatz von Sekundärrohstoffen besonders herausfordernd?

Hauke: Das betrifft zum Beispiel Verpackungen, die hohe Anforderungen an Hygiene und Schadstofffreiheit stellen, wie etwa Lebensmittel. Während aus PET-Flaschen mit dem heutigen Stand der Technik vergleichsweise einfach wieder PET-Flaschen hergestellt werden können, ist das bei vielen anderen Kunststoffverpackungen, die in Kontakt mit Lebensmitteln stehen, (noch) nicht der Fall. Stichwort in diesem Kontext ist „food grade“, was übersetzt so viel wie „lebensmittelecht“ bedeutet. Diese Materialien müssen in ihrer Reinheit und Sicherheit hohe Qualitätsstandards erfüllen, damit sie für den Markt zugelassen werden. 

Wie kann das erreicht werden?

Hauke: Den Einsatz von recycelten Materialien im Lebensbereich fördern wir durch eine Vielzahl an Maßnahmen. Einen großen Beitrag leistet das Verfahren UPCYCLE. Diese Technologie haben wir bei der ARA entwickelt und patentiert. Seit Anfang des Jahres wenden wir sie in unserer Pilotanlage in Pöchlarn in Niederösterreich an. So ermöglichen wir es, Sortierreste weiterzuverarbeiten, die bisher nur mehr als Ersatzbrennstoff genutzt werden konnten. Das war vor allem dann der Fall, wenn sie zu stark verschmutzt oder zu klein sind. Aber auch, wenn sie aus unterschiedlichen chemischen Stoffen bestehen, wie es beispielsweise bei Getränkeverbundkartons der Fall ist. Mit UPCYCLE können wir diese Stoffe dem Recyclingprozess zuführen und sie im Kreislauf halten. Das erhöht Ausbeute und Recyclingquote. Durch eine vorgeschaltete Feinsortierung können Lebensmittelverpackungen aussortiert werden. Damit sind die Voraussetzungen für mechanisches Recycling für die anschließende Verwendung im Lebensmittelbereich gegeben. 

Sie betonen häufig, dass wir Ressourcen neu denken müssen. Was ist damit gemeint?

Hauke: Kreislaufwirtschaft lebt von Innovation und Technologie. Um Reststoffe zu nutzen, arbeiten wir mit Partner:innen wie der FH Salzburg am Campus Kuchl zusammen und recyceln etwa Lippenstifte. Die daraus gewonnenen Öle, Wachse oder Fette eignen sich ideal für die Imprägnierung von Holz. Durch die Farbstoffe kann das Holz auch optisch gezielt veredelt werden. Im Mittelpunkt eines anderen Projektes steht Kaffeesatz, der über hohes Potenzial zur industriellen Nutzung verfügt. Mit Holzfasern und biologisch abbaubaren Bindemitteln kombiniert, kann daraus ein Plattenwertstoff für die Möbelherstellung entstehen, der durch eine besondere Optik und aromatischen Duft überzeugt.