Hohe, schlanke, weiße Säule auf einer Hügelkuppe, umgeben von trockenem Gras und einem klaren blauen Himmel mit einigen Wolken.
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Die neuen Erneuerbaren

400 Meter hohe Windräder, ein Wasserstoffspeicher, der ohne Batterien auskommt, und Solarfenster, die PV-Dachanlagen überflüssig machen: Diese Innovationen treiben die Stromwende voran.

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Sonnige Aussichten

2024 wurden in Österreich laut E-Control 84.900 neue PV-Anlagen errichtet, die zusammen mit den schon bestehenden 8,2 TWh Strom erzeugten. Wenn sich die Idee des US-Technologieunternehmens Ubiquitous Power durchsetzt, ist künftig jedes Wohnungsfenster ein eigenes Kleinkraftwerk. Eine Spezialbeschichtung lässt das sichtbare Lichtspektrum durch das Glas und nützt das infrarote und ultraviolette Spektrum zur Stromgewinnung. Am gleichen Prinzip forschen auch noch andere Unternehmen, teils mit einer Materialschicht zwischen zwei Scheiben. Nachteil: Der Wirkungsgrad beträgt derzeit nur ein Viertel herkömmlicher Solarzellen. Der Welser Unternehmer Klaus Fronius, der in den 1970er-Jahren die Schweißtechnik revolutionierte, macht sich hingegen mehr Gedanken über die Speicherung von Solarstrom. Mit seiner Grünland Innovations GmbH will er die Wasserstofftechnik für alle zugänglich machen und entwickelte dafür eine Technologie, die ohne herkömmliche Batterien auskommt. Der Clou: Sein „Power Tower“ genannter Speicher recycelt für die Umwandlung von Solarstrom in Wasserstoff mittels Hydrolyse ein Abfallprodukt der Automobilindustrie: Magnesium.

Wind of Change

Alter schützt nicht vor Erfindergeist: Der ostdeutsche Ingenieur Horst Bendix  konzipierte noch kurz vor seinem Tod mit 93 Jahren das höchste Windrad der Welt. Es wird derzeit in der Lausitz errichtet. Gut 400 Meter messend, soll es fast viermal so viel Strom generieren wie herkömmliche Windräder, weil der Wind so hoch oben wetterunabhängig stärker und kontinuierlicher bläst als in Bodennähe. Bendix verschob damit bisherige statische Limits durch eine revolutionäre Stahlfachwerk-Modulkonstruktion, die von traditionellen Bauweisen abweicht und den Schwerpunkt nach unten verlagert. 

Andere neue Windkraftanlagen kommen sogar ganz ohne Rotorblätter aus und setzen stattdessen auf schwingende Masten. Wie gut das funktioniert, demonstriert etwa das spanische Technologie-Start-up Vortex Bladeless. Deren im Boden verankerte, leicht zylindrische Anlage (Bild) beginnt schon bei leichtem Wind geräuschlos zu schwingen und verwandelt die Bewegung in Strom – im großen Stil wie bei herkömmlichen Windrädern oder aber mit einer 85 Zentimeter kleinen Version für den Hausgebrauch, die in Verbindung mit Solarmodulen ein Eigenheim mit Strom versorgen kann.

Alles Gute kommt von unten

Wenn es um Geothermie geht, ist das vulkanische Island internationaler Vorreiter: 90 Prozent des Warmwassers sowie 26 Prozent der Elektrizität stammen aus geothermischer Energie, also Erdwärme, die aus Bohrlöchern aus dem Erdinneren gezapft wird. Österreich ist dafür zwar geologisch nicht ganz so gut aufgestellt, betreibt aber immerhin auch neun geothermische Wärmeheizwerke mit einer Gesamtleistung von ca. 95 MW. Nun entsteht in Aspern die erste Tiefengeothermieanlage Wiens, die ab 2028 bis zu 200.000 Haushalte mit Energie versorgen soll. Die Anlage, die aus drei Kilometern Tiefe 100 Grad heißes Wasser aus dem Aderklaaer Konglomerat an die Oberfläche pumpt, liegt im internationalen Trend: Die Geothermie erlebt derzeit jährliche globale Wachstumsraten von fünf Prozent, am stärksten engagieren sich auf internationaler Ebene China und die Türkei. Hauptverantwortlich für den Zuwachs ist freilich die Wärmenutzung durch individuelle Erdwärmepumpen. Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) schätzt, dass in Österreich derzeit 70.000 Anlagen installiert sind, die rund 1 GW Strom erzeugen.

Text: Alexander Lisetz