Dominik Oberhofer, Neos-Abgeordneter im Nationalrat
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Faktencheck: Regierung investiert weniger in die Bahn als früher

Die Neos sind erst sieben Monate in der Regierung, da schmückt sich Verkehrssprecher Dominik Oberhofer mit den höchsten Investitionen in die Bahninfrastruktur aller Zeiten. Kann das stimmen? Nein.

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(...) wir investieren wie keine andere Bundesregierung zuvor in den Ausbau der Schiene, der Bahn und vor allem der Öffis in Österreich.

Dominik Oberhofer (Neos)

Nationalratssitzung am 22.10.2025

Falsch

Österreich gilt als Land der Bahnfahrer. In keinem anderen EU-Mitgliedstaat werden pro Einwohner mehr Kilometer auf der Schiene zurückgelegt. Auch der Nationalratsabgeordnete Dominik Oberhofer (Neos) ist, nach eigenen Angaben, passionierter Eisenbahn-Liebhaber und auch politisch versucht der Tiroler auf den Zug aufzuspringen.

Der Neos-Mann versuchte in seiner Rede im Parlament den Bahnausbau, als Erfolg der aktuellen Bundesregierung darzustellen. So soll die Dreierkoalition unter Neos-Beteiligung „wie keine andere Bundesregierung zuvor“ in die Bahninfrastruktur investiert haben – und das trotz Budgetlochs. Doch stimmt das?

Ob bei der Sanierung von Bahnhöfen, der Instandhaltung von Schienen oder dem Bau neuer Tunnel: Der Ausbau und die Erhaltung der landesweiten Bahninfrastruktur ist ein milliardenschweres und langjähriges Unterfangen. Die Fertigstellung des Megaprojekts Koralmtunnel etwa dauerte 16 Jahre, der Umbau des Wiener Südbahnhofs zum Hauptbahnhof dauerte sechs Jahre. Zeitspannen, die länger sind, als die Amtsdauer der meisten Verkehrsminister.

Damit Bahnprojekte über Jahre finanziert und umgesetzt werden können, gibt es einen sogenannten Rahmenplan. Die Bundesregierung legt dabei in Rücksprache mit den ÖBB fest, wie viel Steuergeld aus dem Budget in den kommenden sechs Jahren investiert werden soll. Grundsätzlich gilt: Je mehr Infrastruktur-Projekte geplant sind, desto höher fallen die Investitionen im Rahmenplan aus. Allerdings: Der Rahmenplan wird jährlich angepasst und um ein weiteres Jahr fortgeschrieben, denn der Rahmenplan ist kein starrer Finanzierungsplan. Auch da große Infrastruktur-Projekte in Verzug geraten können, etwa durch ausstehende Genehmigungen, unerwartete Naturereignisse oder fehlendes Personal.

Für den aktuellen Rahmenplan 2025 bis 2030 hat die Bundesregierung mit Verkehrsminister Peter Hanke (SPÖ) ein Volumen von 19,7 Milliarden Euro beschlossen – aufgrund des akuten Spardrucks sieht der Sechsjahresplan um 1,45 Milliarden Euro weniger vor als noch im Vorjahr unter der damaligen Ministerin Leonore Gewessler (Grüne). Für laufende Großprojekte wie den Brennerbasistunnel haben die geringeren Mittel jedoch keine Auswirkungen, teilt ein Sprecher der ÖBB mit, die sich der angespannten Budgetlage bewusst ist. Um „den aktuellen Notwendigkeiten im Bereich der Budgetkonsolidierung gerecht“ zu werden, würden allerdings andere Vorhaben wie die Flughafenschnellbahn (Niederösterreich), die Neubaustrecke Köstendorf-Salzburg oder Projekte im Ennstal (Salzburg/Steiermark) verschoben werden. Verkehrsminister Hanke wählte seine Worte zum Rahmenplan deutlich vorsichtiger als Oberhofer, der Minister meinte, die Ausgaben würden „weiterhin auf hohem Niveau“ bleiben.

Baumeister in nur sieben Monaten?

Auf profil-Anfrage legt sich Oberhofer eine interessante Argumentationslinie zurecht: Der Rahmenplan sei keine „Abrechnung“, sondern ein rein veranschlagtes Budget. Dass die Mittel vollständig von der ÖBB abgerufen werden bezweifelt Oberhofer. In seiner Rede hätte er sich allein auf das Budgetjahr 2025 bezogen und präzisiert auf Nachfrage: „Noch nie wurde so viel Geld in die Schiene investiert wie heuer.“ Entscheidend sei, „was jetzt gebaut wird, nicht was geplant ist“.

Allerdings ist die Regierung erst seit März im Amt, die meisten Ausgaben im heurigen Jahr wurden noch unter Türkis-Grün besiegelt. Wie viel konkret die Dreierkoalition seit März zu den Investitionen, in die Schiene beigetragen hat, konnte der Neos-Verkehrssprecher auf Nachfrage von profil jedoch nicht beziffern.

Stattdessen verweist Oberhofer auf den Rechnungsabschluss durch den Rechnungshof – dieser wird allerdings erst 2026 erscheinen.

Das rot-geführte Bundesministerium für Infrastruktur (BMIMI) hält auf Anfrage fest, dass der Vergleich einzelner Jahre sinnvoll sein kann, um die Abweichung von Ist und Soll-Zielen von Bauprojekten zu vergleichen. Um allerdings die Wirksamkeit von Investitionen zu messen (Fertigstellung von Strecken, Auswirkungen auf Fahrzeiten und Kapazitäten) „wäre hingegen die längerfristige Betrachtung aussagekräftiger“, so das BMIMI.

Laut den aktuellen Budgetunterlagen des Finanzministeriums gab der Bund im Vorjahr 3,19 Milliarden Euro und im Jahr 2023 2,99 Milliarden Euro für die Bahninfrastruktur aus, weniger als veranschlagt. Ein Rückblick in die Budgetunterlagen 2023 zeigt: Damals wurden Investitionen von 3,22 und für 2024 von 3,34 Milliarden Euro veranschlagt. Für heuer rechnet das Finanzministerium mit 3,23 Milliarden Euro, diese Zahl basiert allerdings auf den Planwerten des Rahmenplans. Also weniger budgetiert wie damals für das Jahr 2024. 

Ob heuer tatsächlich mehr investiert wird als jemals zuvor, kann also erst im kommenden Jahr beantwortet werden. Budgetiert ist heuer jedenfalls weniger als noch im Jahr 2024. Damals waren 3,34 Milliarden Euro vorgesehen. Geworden sind es tatsächlich 3,19 Milliarden. Für heuer rechnet das Finanzministerium mit 3,23 Milliarden. Oberhofer vergleicht also den Planwert 2025 mit den tatsächlich verbuchten Investitionen der Vorjahre. 

Wie man es auch dreht: Seine Behauptung wird nicht richtiger.  

Fazit

Oberhofers Aussage ist falsch. Projekte, die heuer fort- und umgesetzt werden, sind zum Teil auf die Planung und Finanzierung der Vorgängerregierungen zurückzuführen. Gegenüber profil gesteht das auch Oberhofer ein. Welchen Anteil die Dreierkoalition überhaupt auf das Investitionsvolumen des heurigen Jahres hat, lässt sich nicht beziffern.

Dazu kommt: Der aktuelle Rahmenplan 2025-2030 weist im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang der Investitionen um 1,45 Milliarden Euro auf. Die ÖBB bestätigt zudem, dass Investitionen aufgrund der Budgetlage sinken und deshalb Projekte verschoben werden. Auch wenn die Investitionen in die Bahn weiterhin hoch sind, werden sie nach derzeitigen Plänen hinter denen der Vorgängerregierung liegen und damit nicht die höchsten aller Zeiten sein.

Kevin Yang

Kevin Yang

seit November 2024 im Digitalteam von profil. Davor bei Wiener Zeitung und ORF.