Ferhat-Döner hat expandiert: So schmeckt's im neuen „Kulu“
Zwischen dem in Österreich mittlerweile weltberühmten „Ferhat-Döner“ im 10. Wiener Gemeindebezirk und dem etwa 100 Meter davon entfernten brandneuen Ferhat-Lokal „Kulu Grill & Etli Ekmek“ gibt es einen wesentlichen Unterschied: Während der Döner-Betrieb wegen der unglaublichen Menschenschlange davor für Verwunderung sorgt, stellt sich diese im „Kulu“ erst im Inneren der Gaststätte ein.
Dabei scheint der Fall, von außen betrachtet, noch eindeutig: Eine Glasfront gibt den Blick auf einen riesigen Kohlegrill frei, der dahinter platzierte golden-schimmernde Hochofen spuckt neben dem namensgebenden Etli Ekmek, ein gebackenes Fleischbrot, auch ganz viel Feuer und Glut aus. Wenn Ferhat Yildirim jetzt noch die arge Männer-Hard-Rock-Band AC/DC als Hintergrundbeschallung einspielen würde – er wäre fertig, der Stoff, aus dem die „DMAX“-Doku-Regisseursträume gemacht sind.
Gezahlt wird – wie in Fast-Food-Lokalen nicht unüblich – schon bevor man die Spezialität des Hauses zum Tisch serviert bekommt. Mit der vom Kassier ausgehändigten Tischnummer dackelt man artig zum Platz, ganz so wie bei der Burger-Kette aus Amerika mit dem M im Namen. Allerdings funktioniert dieses System dort auch relativ reibungslos. Im „Kulu“ ist das anders: Der Bezahlvorgang fand am Freitagabend um 17.48 Uhr statt, serviert wurde ein Teil des Essens um 18.14 Uhr – und 26 Minuten Wartezeit sind in der Ferhat-Döner-Schlange vielleicht kein großes Thema, aber für dieses Gastro-Konzept hier doch einfach zu lange. Und ob es die sehr nette Servicebrigade besonders lustig findet, ständig mit dem warmen Essen durch das ganze Lokal zu irren, bevor die vom Gast aufgestellte Tischnummer endlich gefunden ist, habe ich mich nicht zu fragen getraut.
Aber vielleicht ist das „Kulu“ auch gar kein Fast-Food-Lokal? Die „Original Ferhat Kola“, die sich Dürstende unter Zuhilfenahme eines mutmaßlich aus der Zukunft stammenden Barcode-Scanners selbst aus der Schankanlage zapfen, deutet zwar darauf hin; die daraus entnommenen Pappbecher fügen sich aber alles andere als nahtlos in das sonst sehr schöne Lokal ein: braune Möblierung, weiche Sitzpolsterung, ein akkurat gefliester Boden – gemütliches Verweilen wäre hier durchaus denkbar.
Zum Etli Ekmek (Bild ganz oben): Das Fleischbrot stammt – so erklärt es das Lokal – aus der türkischen Provinz Konya, dort liegt auch die Stadtgemeinde Kulu. Hier in Favoriten ist das Brot außen stark ausgehärtet und dunkel, zum Zentrum hin wird es weicher. Darauf breitet sich eine nicht gerade fettarme Mischung aus Faschiertem, Paprika, Zwiebel und Tomaten aus. In Summe eine nicht unlustige Angelegenheit.
Einige Zeit später findet dann der Grillteller für zwei Personen (Bild oben) den Weg zu uns und bietet eine Art Küchenrunde: Brot oben, Brot unten und dazwischen Huhn vom Spieß, Lamm, Köfte, würziges Adana – alles einwandfrei-zart und von wunderbarem Holzkohle-Aroma durchdrungen.
Am Tisch sorgen dann noch Saucen und Toppings für Platzarmut: roher Zwiebel mit sehr intensiv-salzigen, eingelegten Pfefferoni, eine Dill-Joghurt-Sauce, ein Dip, bestehend aus Paprika, Zwiebel und Tomaten, sowie eine Tomaten-Gurke-Petersilien-Mischung. So wird das Essen immerhin für das Auge gesünder. Ein weiterer Benefit für die Linie: Dessert gibt es auf der Karte keines – und Dürüm geht sich nach dem Grillteller ganz bestimmt keiner mehr aus.
Inzwischen ist es dunkel geworden in Wien-Favoriten, da sieht die Glut gleich noch mal spektakulärer aus. Die äußere Aufmachung wird das „Kulu“ zweifellos zum programmierten Hit machen. Doch drinnen muss sich das Lokal erst noch entschließen, was es sein will. Für ein Fast-Food-Lokal dauert das alles zu lange, für ein gesetztes Essen ist es – dem Fast-Food-System sei Dank – zu konfus. Aber sei’s drum: Bei Ferhat ist Warten ja Teil des Erlebnisses. Und es lohnt sich dann halt doch immer.
Stimmung: Warten bei Ferhat jetzt auch indoor möglich!
Empfehlung: An den Tagen davor und danach besser nur Salat konsumieren
Preisverhältnis: Sandwich/Dürüm/Etli Ekmek 5,90–11,50, Grillteller 9,90–21,90 Euro
Kulu
Favoritenstraße 104,
1100 Wien
Di–So 11–22 Uhr
Tel.: 0699/114 25 842
kulu-restaurant.at