Mehr als nur Essen: Vollpension, Habibi & Hawara und VinziRast
In der hiesigen Gastro-Landschaft gibt es Projekte, die sich der Kritik eigentlich entziehen. Soziale Überlegungen, Integration und Völkerverständigung sind ihnen ebenso wichtig, wie gutes Essen zu servieren und eine super Zeit zu verschaffen. Heute also ein unkritisch-kritischer Blick auf drei in vielerlei Hinsicht empfehlenswerte Lokale.
Vereinend: VinziRast mittendrin, Währinger Straße
Das Haus der VinziRast in der Währinger Straße im 9. Wiener Gemeindebezirk bietet Lebensraum für verschiedene Menschen: Obdachlose, Geflüchtete und Studenten wohnen darin. Im Erdgeschoß befindet sich das Lokal „mittendrin“, und dort arbeiten die Bewohner, freiwillige Helfer sowie Fachkräfte zusammen und kredenzen – neben einem kleinen À-la-carte-Angebot – täglich zwei Menüs um 12,90 Euro. Das Lokal ist sehr schick mit viel Holz gestaltet worden. Das Essen wird flink serviert. Hätte ich nicht gewusst, dass hier nicht nur Profis arbeiten, ich hätte es nicht gemerkt. Die Zucchinisuppe wurde mit reichlich Zitronengras und Szechuan-Pfeffer vermengt. Das Gras tut der Zucchini in dieser Menge zwar nicht unbedingt einen Gefallen, eigentlich ist es eher eine Zitronengras-Suppe mit Zucchini, aber das ist ja auch kein Schaden. Zwei Eier hat die Shakshouka (Bild oben) abbekommen, dazu viel Mangold, Petersilie, Schnittlauch, gewürfelte Tomaten und – natürlich – Tomatensauce (welche ein bisschen mehr Power vertragen hätte). Trotzdem: Alles frisch, alles top.
Stimmung: Modernes Lokal mit sozialer Ader
Empfehlung: Hingehen!
VinziRast mittendrin
Währinger Straße 19
1090 Wien
vinzirast.at
Integrativ: Habibi und Hawara, Rochusmarkt
2016 hatte man mit dem Projekt Habibi und Hawara die Idee, Geflüchteten und Personen in schwierigen Situationen eine Perspektive zu geben und sie innerhalb eines Gastronomiebetriebs zu beschäftigen. 2023 befanden sich die Habibi-und-Hawara-Lokale dann selbst in einer finanziell schwierigen Situation. Sparen wir uns heute die Details, ursprünglich gab es jedenfalls fünf Standorte, einer hat unweit des Rochusmarktes im 3. Wiener Gemeindebezirk überlebt. Dienstag bis Freitag kann man sich dort am All-you-can-eat-Buffet um 17,60 Euro bedienen, Samstag und Sonntag gibt es einen Brunch. Das Essen selbst ist von orientalischer Couleur – und hat manchmal die üblichen Buffet-Probleme: Die geschmacklich tadellose Knoblauchsuppe (Bild oben) ist ein paar Grad zu kühl, die Hauptspeise überzeugt dafür. Die Hühner-Tajine (Bild ganz oben) ist sehr gelungen – saftig das Geflügel, kernig die Belugalinsen, bissfest das Wurzelgemüse, tadellos der Reis. Am Salatbuffet gibt es unter anderem einen mit schwarzem Sesam vermengten asiatischen Gurkensalat und Labneh. Am Ende dann noch Süßes: Der arabische Grießkuchen Basbousa rundet die Völkerverständigung wunderbar ab.
Stimmung: Kantinen-Vibes mit internationalem Flair
Empfehlung: Hingehen!
Habibi und Hawara
Kundmanngasse 21–27
1030 Wien
habibi.at
Generationenübergreifend: Vollpension, Schleifmühlgasse
„Jo … Wo setz I di denn hin?“, runzelt der etwas ältere Herr am Empfang der Vollpension die Stirn. Hier ohne Reservierung aufzukreuzen, ist wohl keine gute Idee. Das sinnvolle Konzept der Vollpension kommt also an, hier werden nämlich viele ältere Menschen beschäftigt – den Kuchen backt die „Oma“. Das Lokal schafft die Möglichkeit, sich im Alter zu der oft geringen Pension etwas dazuzuverdienen. Die Vollpension posaunt das aber auch ganz groß raus, hier in der Schleifmühlgasse wird so ziemlich jedes Alte-Leute-Klischee bemüht, das einem Marketingmenschen für das Großstadtpublikum halt so einfällt. Der Fokus des Angebots liegt auf Frühstück und Kuchen. Das auf der Karte rot angestrichene „Oma-Voll-Verwöhn-Paket“ ist eine durchaus seltsame Mischung: Es besteht aus 0,5 Liter hausgemachtem Kracherl, einem Heißgetränk und einem Stück Kuchen um insgesamt nicht unsportliche 15,90 Euro. Der Service händigt einen Oma-Dollar aus, und damit bezahlt man dann bei der Kuchenvitrine. Dort findet man Strudel, Streuselkuchen und Schokotorte (Bild oben). Letztere schmeckt deutlich besser als die von der eigenen Oma.
Stimmung: Oma-Klischees, die Sinn ergeben
Empfehlung: Hingehen!
Vollpension
Schleifmühlgasse 16
1040 Wien
vollpension.wien