Das Projekt „China Targets“ unter Leitung des „International Consortium of Investigative Journalists“ (ICIJ) befasst sich mit den geheimen Auslands-Strategien Chinas.
Projekt „China Targets"
Menschenjagd auf Peking-Art
Investigativ-Projekt „China Targets“: Wie China weltweit versucht, seiner Gegner habhaft zu werden und Kritiker mundtot zu machen. Und warum auch Österreich davon betroffen ist.
Am Karfreitag-Nachmittag hat der Kampf für Menschenrechte Zwangspause – zumindest in Österreich. Mit konzentriertem Gesicht hält Thupten Dergey sein Ohr an die Gegensprechanlage bei der geschlossenen Pforte des Außenministeriums am Wiener Minoritenplatz. Ganz kann er nicht glauben, was er da zu hören bekommt.
Der aus Tibet stammende Student setzt sich für die Rechte seiner von China unterdrückten und verfolgten Landsleute ein. Er und eine Mitstreiterin wollen eigentlich nur ein Forderungsschreiben im Ministerium abgeben. Das hat normalerweise bis 16 Uhr geöffnet, jetzt ist es noch nicht einmal drei. Doch der Portier bleibt freundlich, aber bestimmt: Er selbst dürfe keine Post übernehmen. Und die zuständige Stelle sei am Karfreitag ab Mittag zu. Nächste Chance: am Dienstag nach dem verlängerten Osterwochenende. Daran ist nicht zu rütteln. Dumm nur, dass das chinesische Regime bei der Verfolgung der Tibeter nicht tagelang Pause macht, meinen die Aktivisten.
Thupten Dergey von „Students for a Free Tibet – Austria“ und eine Mitstreiterin wollen einen Brief mit Forderungen beim Außenministerium in Wien abgeben.
Nicht nur, dass China keine Pause macht – es macht auch nicht an der eigenen Staatsgrenze halt. profil ist Teil einer internationalen Investigativ-Kooperation unter Leitung des „International Consortium of Investigative Journalists“ (ICIJ) mit Sitz in Washington. Zehn Monate lang haben sich mehr als hundert Journalistinnen und Journalisten aus dreißig Ländern mit den geheimen Auslands-Strategien der autoritären Führung in Peking auseinandergesetzt. An der Recherche sind insgesamt 43 Medienhäuser beteiligt – unter anderem der britische „Guardian“, die „Washington Post“, „Le Monde“ und das deutsche Investigativ-Büro „Paper Trail Media“. In Österreich berichtet – neben profil – auch die Tageszeitung „Der Standard“. Der Name des Rechercheprojekts: „China Targets“ (sinngemäß übersetzt: in Chinas Visier).
An der internationalen Investigativ-Kooperation „China Targets“ unter Leitung des „International Consortium of Investigative Journalists“ (ICIJ) sind 104 Journalistinnen und Journalisten von 43 Medienhäusern beteiligt – darunter auch profil.
Chinas „fünf Gifte“
Es geht China darum, Kritiker und eigene Staatsbürger, die aus irgendeinem Grund auf der schwarzen Liste des Regimes gelandet sind, überall auf der Welt zu überwachen, einzuschüchtern, und sie manchmal sogar gegen ihren Willen in ihr Herkunftsland zurückzubringen. Betroffen sind beileibe nicht nur Tibeter, sondern auch Vertreter der muslimischen Volksgruppe der Uiguren, Mitglieder der spirituellen „Falun Gong“-Bewegung, Befürworter der Unabhängigkeit Taiwans und überhaupt jeder, der sich etwas zu stark für Demokratie im Reich der Mitte einsetzt. „Fünf Gifte“ nennt China das. Unliebsame, vielleicht sogar machtgefährdende Einflüsse, denen das kommunistische Regime den Garaus machen will. Egal, wo auf der Welt – auch in Österreich.
Die österreichische Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) verweist in ihrem Verfassungsschutzbericht 2023 auf „das Risiko transnationaler Repression auf österreichischem Bundesgebiet“. Die chinesische Diaspora sei einerseits ein Werkzeug der chinesischen Nachrichtendienste, andererseits aber auch ein Ziel derselben. Im Visier sehen die österreichischen Verfassungsschützer vor allem Mitglieder der „fünf Gifte“.
Angst vor Durchgriff Pekings
profil hat im Rahmen der Recherche mit Personen aus mehreren der genannten Gruppen gesprochen. Und es zeigt sich deutlich, dass die Angst vor dem umfassenden Durchgriff Chinas auch hierzulande groß ist. Kaum jemand will mit seinem Namen in der Zeitung stehen. Eine der Hauptsorgen: Familienmitglieder, die in China leben, könnten von den dortigen Behörden unter Druck gesetzt werden. Manche haben den Kontakt mit der Heimat völlig abgebrochen, um nur ja niemandem zu schaden. Gezielte Einschüchterungsversuche seien in seiner Community üblich, meint einer der Gesprächspartner. Hinter vorgehaltener Hand ist auch zu hören, dass es rund um Veranstaltungen einzelner der von China besonders verfolgten Gruppen zu Drohungen kommen soll – natürlich nur von anonymen Absendern und nicht von offiziellen Staatsstellen.
Ein Problem der – offenbar mit Angst einhergehenden – Vertraulichkeitsbitten: Da kaum etwas in der journalistischen Recherche auf einzelne Personen rückführbar sein darf, können viele Details nicht unabhängig verifiziert werden. Was jedoch feststeht: Das Vorgehen Chinas gegen regimekritische Teile seiner Auslands-Diaspora wird auch hierzulande vom Verfassungsschutz als reales Risiko gesehen. Und es findet – zumindest indirekt – mittlerweile auch Niederschlag in Gerichtsurteilen und im heimischen Asylsystem.
Staatschef Xi Jinping lenkt China mit eiserner Hand
Asyl für Auslands-Verfolgte
profil hat im Rahmen der Recherche zum Projekt „China Targets“ hunderte – anonymisierte und öffentlich einsehbare – Asyl-Urteile des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) analysiert. Dabei stechen drei Fälle besonders ins Auge. Sie stammen allesamt aus dem Jahr 2021. Es geht dabei um Uiguren, die zunächst von China in die Türkei ausgewandert waren. Dort fühlten sie sich jedoch durch die chinesischen Behörden so unter Druck gesetzt, dass sie nach Österreich flüchteten.
Einer der Betroffenen gab nach seiner Ankunft in Österreich zu Protokoll, in Istanbul vom chinesischen Geheimdienst per E-Mail und auch telefonisch kontaktiert worden zu sein. Er sei aufgefordert worden, als Agent die eigene, uigurische Community auszuspionieren. Da er den Chinesen keine Details weitergeleitet habe, sei er bedroht worden. Er sei zwar zur türkischen Polizei gegangen, diese sei jedoch untätig geblieben.
Auch die Ehefrau des Mannes sagte aus, in der Türkei von Chinesen bedroht worden zu sein. Sie sei telefonisch angewiesen worden, Informationen über Uiguren in der Türkei weiterzugeben. Nachdem sie abgelehnt habe, sei ihr Bruder in China festgenommen worden. Da sich die politische Situation zwischen der Türkei und China verbessert habe, könne sie der türkischen Regierung nicht mehr vertrauen, sie entsprechend zu schützen.
Die zuständige Behörde in erster Instanz – das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) – hatte dem Ehepaar mit seinen beiden Kindern zunächst Asyl in Österreich verwehrt. Das Bundesverwaltungsgericht stellte aber fest, dass die Behörde sich mit der Situation der Uiguren nicht ausreichend auseinandergesetzt hatte: „Aus aktuellen Berichten geht jedenfalls hervor, dass der chinesischen Regierung in Hinblick auf die uigurische Minderheit in China jedenfalls Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzulasten sind und sich die Maßnahmen seitens der chinesischen Regierung auch auf die Unterdrückung und Verfolgung von im Ausland lebenden Uiguren erstrecken“, hielt das Gericht fest. Zur neuerlichen Abklärung wurde der Fall ans BFA zurückverwiesen. Laut Auskunft der Anwaltskanzlei, welche den Fall vor dem BVwG betreut hatte, erhielt die Familie im Endeffekt dann tatsächlich Asyl.
Aufforderung zur Spitzeltätigkeit
In den beiden anderen Fällen aus dem Jahr 2021, auf die profil gestoßen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht den Asylstatus den Betroffenen jeweils gleich direkt zuerkannt. In Bezug auf einen uigurischen Mann stellte das Gericht unter anderem fest: „Während seines Aufenthaltes in der Türkei bekam der Beschwerdeführer auch immer wieder Anrufe von der chinesischen Polizei, wobei er befragt wurde, warum er sich in der Türkei aufhalte und was er da mache.“ Im Februar 2019 sei der Mann von einem Chinesen angerufen worden, der angegeben habe, von der chinesischen Botschaft zu sein. Man habe ein Treffen verlangt und den Uiguren mit einem Auto zu einem Bürogebäude gebracht. Dort seien ihm in Anwesenheit weiterer chinesischer Personen Fotos seiner Eltern sowie von unbekannten Uiguren vorgelegt worden. „Der Beschwerdeführer wurde dann aufgefordert, Informationen über jene abgebildeten Personen, die in Istanbul leben, zu beschaffen“, heißt es im BVwG-Entscheid. Falls er nicht kooperieren würde, sei gedroht worden, dass dann seine Eltern in Gefahr wären.
Aus Sicht des Gerichts handelte es sich demnach um einen Uiguren, der seinen muslimischen Glauben praktiziere und bereits ins Blickfeld der chinesischen Behörden geraten sei – wobei er sich der Aufforderung zur Spitzeltätigkeit „durch seine Ausreise entzog“. Das lasse den Betroffenen in China, wohin er sonst abgeschoben werden müsste, „im erheblichen Maße gefährdet erscheinen“.
Eine uigurische Frau wiederum fühlte sich in der Türkei nicht mehr sicher, weil sie in Istanbul und Ankara an Demonstrationen gegen das Regime in Peking teilgenommen hatte. Da die Frau schon bei früheren Auslandsaufenthalten „ins Blickfeld chinesischer Staatsorgane geraten“ sei und nunmehr eine rege exilpolitische Tätigkeit – in der Türkei, aber später auch in Österreich – entfaltet habe, erscheine sie „in der Volksrepublik China im erheblichen Maße gefährdet“, urteilte das Bundesverwaltungsgericht.
Da nur die BVwG-Entscheide in zweiter Instanz öffentlich einsehbar sind, lässt sich nicht ausschließen, dass es auf erstinstanzlicher Ebene noch weitere derartige Asylzuerkennungen gegeben hat. Die Fälle zeigen jedenfalls, dass die Verfolgung von Auslandschinesen durch Peking auch von einem österreichischen Gericht als glaubwürdig erachtet wird. Und sie zeigen zwei wesentliche Strategien: Einschüchterung – auch mit Blick auf Familienangehörige in China; sowie das versuchte Rekrutieren von Spitzeln in den eigenen Reihen.
China verfügt über ein ausgefeiltes elektronisches Überwachungssystem.
Trojaner: digital und analog
Doch das Repertoire des kommunistischen Staates ist noch deutlich vielfältiger. Im eigenen Land verfügt China bekanntlich über eines der ausgefeiltesten elektronischen Überwachungs- und Kontrollsysteme der Welt. Die digitalen Fähigkeiten sollen aber offenbar auch gegen unliebsame Auslandschinesen eingesetzt werden.
Laut Recherchen von „Standard“, ZDF, „Der Spiegel“ und „Paper Trail Media“ sollen hochrangige Mitglieder des in München ansässigen „Weltkongresses der Uiguren“ Anfang 2025 mehrere E-Mails erhalten haben, in denen sich offenbar ein chinesischer Staatstrojaner verbarg. Eine Software also, die es allem Anschein nach ermöglichen sollte, die Dissidenten aus der Ferne unbemerkt zu überwachen. Laut der auf digitale Spähprogramme spezialisierten Forschungsgruppe „Citizen Lab“ von der Universität Toronto stimmte die eingesetzte Methodik mit jener staatlicher chinesischer Hackergruppen überein.
Schein-NGOs bei der UNO
Trojanische Pferde kommen jedoch nicht nur in der digitalen Welt vor, sondern mitunter auch im analogen Leben. Wie das Projekt „China Targets“ zeigt, hat Peking bei der UNO in Genf zig Schein-NGOs in Stellung gebracht. Das sind Gruppierungen, die offiziell als Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) daherkommen, tatsächlich jedoch eng mit dem chinesischen Staat beziehungsweise der Kommunistischen Partei verbandelt sind. Der Fachbegriff für sie lautet „GONGOs“ (Government-Organised NGOs; zu Deutsch: regierungsorganisierte Nicht-Regierungs-Organisationen) – ein Widerspruch in sich.
In Genf tagt mehrmals pro Jahr der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen – eine wichtige internationale Bühne, auf der China ungern bloßgestellt wird. Dort spielen jedoch nicht nur UNO-Mitgliedstaaten eine Rolle, auch NGOs können um Akkreditierung ansuchen. Aktuell verfügen 106 Organisationen aus China, Hongkong, Macau und Taiwan über den begehrten „Konsultativstatus“. Den ICIJ-Recherchen zufolge sind 59 von ihnen jedoch eng mit der Regierung oder Partei verbunden.
Faktisch handelt es sich also um Schein-NGOs. Diese loben in ihren Wortmeldungen oft die chinesische Regierung. Kritikern zufolge sorgen sie aber auch dafür, den limitierten Platz für zivilgesellschaftliche Akteure bei der UNO noch weiter einzuschränken. Und sie sollen auch an der Einschüchterung von China-Kritikern mitwirken. Zumindest einer davon kommt aus Österreich – Thupten Dergey, der eingangs erwähnte Tibet-Aktivist.
Dergey ist 24 Jahre alt, in Tibet geboren und lebt in Wien. Seine Eltern seien 2008 nach Österreich geflohen, erzählt der Student im Gespräch mit profil. Er selbst sei 2010 nachgekommen. Seit zweieinhalb Jahren engagiere er sich nunmehr aktiv für die Rechte der Tibeter. Mittlerweile ist Dergey Co-Präsident der Menschenrechtsorganisation „Students for a Free Tibet“ in Österreich.
Im Jänner 2024 stand bei der UNO in Genf eine Länderüberprüfung der Situation in China an, Dergey fuhr hin. Bereits in der Menschenschlange bei der ersten Sicherheitskontrolle seien viele chinesische Vertreter gestanden, erzählt der Aktivist. Er geht davon aus, dass es sich um Repräsentanten chinesischer GONGOs gehandelt habe. „Wir sind fotografiert worden, obwohl das bei der UNO verboten ist“, sagt Dergey. Als er dann die Sicherheitskontrolle passiert gehabt habe, sei er in Richtung Sitzungsgebäude gelaufen. Und plötzlich habe er festgestellt, dass parallel zu ihm ein chinesischer Mann gelaufen sei. Dieser sei immer dann stehengeblieben, wenn auch er selbst Halt gemacht habe. „Ich habe versucht, ihn abzuschütteln“, erzählt Dergey.
Vor dem Konferenzsaal habe es dann eine weitere Warteschlange gegeben. Auch dort seien er und andere Aktivisten fotografiert worden. „Ständig sind Leute auf mich zugegangen, die mich auf Chinesisch angesprochen haben“, sagt Dergey. „Da hatte ich schon Angst, das sind ja Regierungsleute.“
Dergey beklagt, dass die Vereinten Nationen keinen Weg gefunden hätten, effektiv gegen das Fotografieren und Filmen vorzugehen. „Das ist gefährlich“, betont der Aktivist. Das chinesische Regime sei mit seinen Gegnern schließlich nicht zimperlich. Mittlerweile zeigt Dergey öffentlich sein Gesicht, wenn er gegen das Vorgehen Pekings protestiert. Die chinesischen Behörden hätten in der Zwischenzeit ohnehin genug Fotos von ihm, meint der Student achselzuckend.
Thupten Dergey setzt sich für die Rechte der Tibeter ein.
Demo in Budapest
Das liegt wohl auch daran, dass Dergey es nicht bei der Reise nach Genf belassen hat, sondern einige Wochen später, im Mai 2024, nach Budapest gefahren ist. Dort wurde ein ganz besonderer Staatsgast erwartet – der chinesische Präsident Xi Jinping höchstpersönlich. Dergey und andere Aktivisten wollten die Gelegenheit nutzen, um öffentlichkeitswirksam zu protestieren. Das klappte nicht ganz so wie geplant.
„An jeder Ecke stand ein Haufen Chinesen mit Flaggen“, erzählt Dergey. Dann seien zwei Leute mit Kameras auf ihn zugekommen. Sie hätten sich direkt vor ihn gestellt und fotografiert. „Ich bin dann weggegangen, aber mehrere Chinesen sind mir gefolgt“, berichtet der Aktivist. Er sei losgerannt, die Chinesen hinterher. „Ich habe Angst gehabt“, sagt Dergey. Die Chinesen seien mit den Stangen ihrer Fahnen auf ihn losgegangen. Er habe sich an ungarische Polizisten gewandt, die auf der Straße gestanden seien. Die hätten aber nur gesagt: „Wir sehen nichts.“
Als Konsequenz aus seiner aktivistischen Tätigkeit habe er den Kontakt in seine ursprüngliche Heimat mittlerweile abgebrochen, erzählt Dergey. „Ich rufe nicht in Tibet an, weil ich weiß, dass die Leute zuhause Probleme bekommen würden.“ Ein Bekannter von ihm habe mit Angehörigen in der Heimat telefoniert. Daraufhin seien gleich die Behörden bei Familienmitgliedern vorstellig geworden.
Fahndungsausschreibungen – sogenannte „Red Notices“ – können von autoritären Staaten wie China ausgenutzt werden.
Der Interpol-Trick
Nicht immer begnügt sich China damit, seine Gegner im Ausland einzuschüchtern. Manchmal sollen diese – gegen ihren Willen – in die Heimat zurückgeholt werden. Wie die ICIJ-Recherchen gezeigt haben, stellt das Fahndungssystem der internationalen Polizeiorganisation Interpol dafür ein wichtiges Instrument dar.
Jeder Mitgliedsstaat kann behördlich gesuchte Personen einmelden, die sich im Ausland befinden. Interpol erlässt nach einer Vorprüfung Fahndungsausschreibungen – sogenannte „Red Notices“. Die anderen Mitgliedsstaaten sollen die gesuchten Personen schnappen, falls sie dort auftauchen. Ein wichtiges System, um flüchtige Verbrecher und Verdächtige dingfest zu machen – aber auch eines, das ausgenutzt werden kann.
Eigenen Angaben zufolge hat Peking im Laufe der vergangenen Jahre Interpol dazu genutzt, insgesamt zumindest 479 Personen zu finden, festzunehmen und zurückzubringen. Die Polizeiorganisation betont auf Anfrage, es gäbe „robuste“ Prozesse, um sicherzustellen, dass das System angemessen genutzt werde. Die Erst-Entscheidung, eine „Red Notice“ zuzulassen, könne allerdings nur auf Basis der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Informationen erfolgen.
Für einen autoritären Staat wie China, in dem die Justiz mitunter der Politik folgt und nicht umgekehrt, kann das nützliche Spielräume eröffnen.
ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). 2022 wurde er mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreis ausgezeichnet.