
Eine nächtliche Straßenszene in einer Stadt mit beleuchteten Gebäuden und Ampeln.
Maulwurf im Staatsschutz enttarnt und verhaftet
Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) hat schon wieder ein Problem mit Maulwürfen. Ein Mitarbeiter wurde verhaftet und vorläufig vom Dienst suspendiert. Der Mann arbeitet im Bereich Terrorismus und soll nach profil-Informationen Personen im islamistischen Bereich (Muslimbruderschaft) darüber informiert haben, dass gegen sie ermittelt wird. Und teilweise, so der Verdacht, soll er ihnen auch mitgeteilt haben, worum es geht. Ein herber Schlag für die DSN: Denn die Bedrohungslage ist derzeit hoch. Die islamistischen Netzwerke höchst aktiv – dementsprechend intensiv war und ist die Arbeit im Amt rund um derartige Zellen. Jegliche Art von Vorfeldermittlungen kann freilich durch solche Leaks sabotiert werden.
Nach profil-Informationen hat es auch eine Hausdurchsuchung bei dem Mitarbeiter gegeben. Der Mann wurde in Gewahrsam genommen, angezeigt und bereits befragt.
Herber Rückschlag
Für die DSN ist dieser Fall besonders bitter. Nach der Skandalhausdurchsuchung im Jahr 2018 unter Innenminister Herbert Kickl musste das Amt völlig neu aufgestellt werden, da das Amt handlungsunfähig geworden war - und außerdem das Vertrauen internationaler Partner verloren hatte.
Hintergrund der Razzia war ein Pamphlet voller Lügen – wie man heute weiß, sollen auch dahinter ehemalige Mitarbeiter des Verfassungsschutzes stehen. Sie stehen heute im Verdacht, für Russland spioniert – und somit auch das Herz des österreichischen Sicherheitsapparates absichtlich sabotiert zu haben. Und das vermutlich über Jahre, der mutmaßlich angerichtete Schaden ist enorm.
Die Aufarbeitung der Causa kostet den Staat viele Ressourcen, Zeit und Geld. Einem der Hauptbeschuldigten, Egisto Ott wird bald der Prozess gemacht - ebenso einem seiner in Verdacht stehenden Komplizen. Eine Anklage liegt bereits vor, profil berichtete ausführlich. Der Einspruch der Verteidigung wurde in Rekordzeit abgeschmettert, ein Prozesstermin sollte bald vorliegen. Es gilt die Unschuldsvermutung, Ott bestreitet alle Vorwürfe. Ein anderer Hauptbeschuldigter, Martin Weiss, ehemaliger wichtiger Abteilungsleiter des Nachrichtendienstes ist de facto auf der Flucht, und entzieht sich dem internationalen Haftbefehlt. Er arbeitete direkt für Jan Marsalek, dem flüchtigen Wirecardboss, der nun als Spion in Moskau lebt. Er versorgte den Kreml jahrelang mit höchst geheimen Informationen - auch aus Österreich. Seine Zellen sollen noch immer aktiv sein, auch da laufen derzeit massive Ermittlungen.
Dieses Mal war die Front eben nicht Russland - sondern eine andere, riesige Bedrohung in diesem Land: Islamistische Netzwerke. Seit der Nahostkonflikt so hochgekocht ist, hat sich die Lage in ganz Europa massiv verschärft. In Österreich im Besonderen, da die Politik am Ende aus Staatsräson doch auf der Seite Israels steht. Der Jahrestag des Wiener Terroranschlags naht - und die DSN hat in den vergangenen Monaten auf Hochtouren ermittelt, weil sich eben strukturell schon zeigte, was sich hier zusammenbraute.
Zuletzt wurden in Deutschland Hamas-Terroristen verhaftet, die einen Terroranschläge geplant hatten. Es wurden Berge an Waffen sichergestellt - deren Lieferung auch über Österreich lief. Die DSN kooperierte zur Aufklärung des Falles mit den deutschen Behörden ebenso wie mit dem israelischen Geheimdienst Mossad. Dass die palästinensische Terrororganisation auf europäischem Grund und Boden neuerdings auch Terroranschläge plant, ist neu. Bisher hat man in Europa eher versucht Geld zu waschen oder Spenden zu sammeln. Wien gilt als Hotspot für derartige Aktivitäten - die USA etwa, haben deswegen in Österreich lebende Personen auf die Sanktionsliste gesetzt. Die DSN hat sich in den vergangenen Jahren große Expertise im Bereich des islamischen Terrors erarbeitet und setzt einen Fokus darauf. Die Qualität der Ermittlungen in diesem Bereich waren nicht immer gut - vor allem die Arbeit der Staatsanwaltschaften nicht. Die letzte große Aktion gegen die Muslimbruderschaft, die sogenannte Operation Luxor, endete in einem juristischen Desaster. Es gab zeitweise mehr als 100 Beschuldigte, es blieb de facto nichts übrig. Das heißt freilich nicht, dass es keine Bedrohung gibt, und man hat in den vergangenen Jahren durchaus dazugelernt, wie man solche Ermittlungen angehen muss, damit sie halten - und eben nicht zu einer Pauschalverurteilung einer ganzen Volksgruppe werden,.
Das Amt hat nach der Razzia 2018 höhere Sicherheitsstandards eingezogen, damit solche Fälle möglichst nicht mehr vorkommen und bald enttarnt werden können. In dieses Sicherheitsnetz ist nun auch der Mitarbeiter gegangen, der nun des Amtsmissbrauchs verdächtigt wird. Wie viel Schaden vorher angerichtet wurde ist nun Gegenstand von Ermittlungen.
Das Innenministerium bestätigt auf Anfrage von profil den Fall und sagt: "Wir halten fest, der Mitarbeiter wurde vorläufig suspendiert. Er war noch nicht lange im Amt tätig, die Sicherheitsmechanismen der DSN haben funktioniert und etwas enttarnt, das vermutlich nicht in Ordnung war. Freilich gilt die Unschuldsvermutung."