Egisto Ott, ehemaliger Chefinspektor des BVT, vor Gericht. Auf dem Bild links sieht er in die Kamera, auf dem Bild rechts dreht er sich weg.
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Ott-Anklage: Was hinter dem Verdacht der Russland-Spionage steckt

Seit Jahren ermittelt die Justiz gegen den ehemaligen BVT-Beamten Egisto Ott. Einzelne Nebenaspekte wurden bereits vor Gericht verhandelt, manche fallen gelassen. Jetzt geht es ans Eingemachte – um den schweren Verdacht der Russland-Spionage.

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Ein ehemaliger Verfassungsschützer, acht Geschworene – und die alles entscheidende Frage: schuldig oder nicht? So könnte es bald für Egisto Ott laufen, jenen früheren Beamten des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), der im Zentrum einer Staatsaffäre steht. 

Die Staatsanwaltschaft Wien hat vor Kurzem beim Wiener Straflandesgericht Anklage gegen Ott erhoben. Sie strebt einen Geschworenen-Prozess an: acht Laienrichter, durch das Los ausgewählte Männer und Frauen, die per Mehrheitsbeschluss über Schuld oder Unschuld entscheiden. Die demokratisch unmittelbarste Form der Rechtsprechung.

In Österreich kommen Geschworene nur in besonderen Fällen zum Einsatz. Etwa wenn besonders lange Gefängnisstrafen drohen – aber auch bei möglichen Verbrechen, die sich gegen den Staat richten. Landesverrat etwa. Eben dieser Vorwurf steht im Zentrum der Causa um Egisto Ott.

Neben Amtsmissbrauch, Verletzung des Amtsgeheimnisses und Bestechungsdelikten wirft die Staatsanwaltschaft Ott auch das Verbrechen des „Geheimen Nachrichtendienstes zum Nachteil der Republik Österreich“ vor. Laut Strafgesetzbuch eine Spielart des Landesverrats, landläufig würde man „Spionage“ dazu sagen. Wobei Ott gemäß Anklage ausgerechnet für Russland spioniert haben soll, jenes Land, das im Geruch steht, seit Jahren westliche Demokratien zu unterwandern.

Eines vornweg: Der Ex-BVT-Beamte hat sämtliche Vorwürfe immer bestritten. Es gilt in vollem Umfang die Unschuldsvermutung. Die Anklageschrift ist noch nicht rechtswirksam. Ott und ein wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs mitangeklagter Polizeibeamter können bis Mitte September Einspruch einbringen. In diesem Fall müsste das Oberlandesgericht Wien entscheiden, ob die Anklage Bestand hat und tatsächlich vor Gericht geht – oder nicht.

Stefan Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). 2022 wurde er mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreis ausgezeichnet.

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und mag Grafiken. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.