Morgenpost

Design-Center Linz: Der Ort wo politische Karrieren starten

Was Ursula Haubner, Josef Bucher und Werner Faymann gemeinsam haben, wo Sebastian Kurz nur Zweiter wurde und welches Rennen Andreas Babler und Hans Peter Doskozil schon verloren haben.

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Es gibt so Orte kollektiver Erinnerung, die offensichtlich sind. Das Parlament am Wiener Ring, der Ballhausplatz oder das Wiener Praterstadion. Das Design Center in Linz erscheint auf den ersten Blick nicht als besonders politischer Ort. Im Juni finden noch ein Tischler-Wettbewerb der Wirtschaftskammer und der österreichische Logistik-Tag statt. Und natürlich am morgigen Samstag: Der SPÖ-Parteitag.

Der Konflikt in der SPÖ mittels Kampfabstimmung unter den Delegierten endlich geklärt werden, die jeweiligen Fanbasen von Andreas Babler und Hans Peter Doskozil schenkten sich bis zum Schluss nichts.

Was kaum jemand weiß: Die Veranstaltungshalle im Linzer Zentrum ist ein heimlicher Hotspot der heimischen Innenpolitik. Hier werden Parteichefinnen und -chefs gekürt, Parteitage abgehalten. Aber eine Stichwahl gab es hier noch nie.

Wenn Andreas Babler und Hans Peter Doskozil morgen sich der Wahl der Deligierten stellen, wird ihr Ergebnis deutlich abweichen von den hier sonst stattfindenden Parteiwahlen, und es gab derer viele. Bei quasi allen Parteien ist das Design Center beliebt. 1994 eröffnet, nutzte die FPÖ unter Jörg Haider gleich im ersten Jahr die Halle für den Parteitag (Haider: 96,6 Prozent). 1997 wurde Viktor Klima mit 90,2 Prozent Nachfolger von Franz Vranitzky.

In profil schrieb Christa Zöchling: “Viktor Klima hatte am Mittwoch vergangener Woche im Linzer Design-Center, an dem er zum achten Vorsitzenden in der Geschichte der österreichischen Sozialdemokratie gewählt wurde, keinen leichten Stand. Der Vorgänger hatte sich mit einer bewegenden Rede von den Delegierten verabschiedet, und diese schienen danach nicht mehr ganz bei der Sache zu sein. Als der Neue das Pult betrat und zu seinem ersten Grundsatzreferat ansetzte, lichteten sich die Reihen.”

Viktor Klima, Alfred Gusenbauer, Werner Faymann, Heinz-Christian Strache, Eva Glawischnig, Beate Meinl-Reisinger. Sie alle musste sich vor die Parteitagsdelegierten in der Linzer Designhalle stellen und wurden gewählt oder bestätigt. Für alle gab es hohe Zustimmung. 

Jörg Haider nutzte die Halle für Wahlkampfauftakte und Sonderparteitage (Flat Tax!), und wetterte hier in den 1990er Jahren gegen die “linke Jagdgesellschaft”. Und wurde im Jahr 1994 mit 96,6 Prozent im Linzer Design Center gewählt. Die FPÖ wählte 2004 Haiders Schwester Ursula Haubner (das hatte ich bereits vergessen) zu ihrer Chefin, die Grünen wählten ihre Doppelspitze aus Ulrike Lunacek und Ingrid Felipe für die Nationalratswahl 2017 (bei der sie dann aus dem Nationalrat flogen).

Im gleichen Jahr propagierte ein gewisser Sebastian Kurz im Design Center “Zeit für Neues”, im Hintergrund türkise Container - und wurde mit 98,7 Prozent Parteichef der Volkspartei. Im profil-Design-Center-Parteitags-Ranking (alle Angaben ohne Gewähr auf Vollständigkeit) reicht das nur für Platz zwei. Ein Kärntner Hotelier bekam im Jahr 2009 nämlich mehr Zustimmung von seiner Partei: Josef Bucher brachte es auf 99,4 Prozent der BZÖ-Delegierten-Stimmen.

 

Auch profil wird morgen vom Parteitag berichten - schauen Sie auf profil.at vorbei. Die komplette bisherige Berichterstattung zur SPÖ finden Sie in unserem Themenschwerpunkt.

Ein gutes Wochenende und einen spannenden Parteitag!

Sebastian Pumberger

Sebastian Pumberger

Sebastian Pumberger

war von Jänner 2022 bis Juni 2023 bei profil. Davor war er bei der Tageszeitung "Der Standard".