Bundeskanzler Sebastian Kurz im Rahmen des Ibiza-U-Ausschusses

Das gesamte Kurz-Protokoll: „Beruf Bundeskanzler“

Was hat Sebastian Kurz am 3. September vor einem Richter ausgesagt? profil stellt der Öffentlichkeit das Protokoll seiner Beschuldigteneinvernahme zur Verfügung.

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Ordnungsnummer 1690 bezeichnet ein insgesamt 151 DIN-A4-Seiten langes Dokument, das Freitag vergangener Woche mehreren Medien – so auch profil – zugespielt wurde: Das Protokoll zur Beschuldigteneinvernahme von Sebastian Kurz durch einen Richter des Wiener Straflandesgerichts am 3. September (unsere Story vom Freitag können Sie hier nachlesen).

Wie ausführlich berichtet, ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwalt (WKStA) gegen Sebastian Kurz und seinen Kabinettschef Bernhard Bonelli wegen des Verdachts der mehrfachen Falschaussage vor dem parlamentarischen „Ibiza“-Untersuchungsausschuss. (Auslöser war eine Sachverhaltsdarstellung der NEOS). Beide bestreiten die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.

Um der Öffentlichkeit ein vollständigeres Bild der gut fünfstündigen Einvernahme zu vermitteln, haben wir uns entschlossen, das gesamte Einvernahmeprotokoll einschließlich einer dem Protokoll angeschlossenen „Verantwortlichen Äußerung“ des Kanzlers zum Download zur Verfügung zu stellen.

Vorneweg, weil die Frage nach dem Ursprung derartiger Dokumente immer wieder gestellt wird:

  1. Das Kurz-Protokoll ist Teil des weitläufigen „Casinos“-Aktes, der sich in mehrere Subverfahren gliedert. Zu diesem Gerichtsakt (wie zu jedem anderen auch) haben nicht nur Vertreter von Justiz und Polizei Zugang, sondern auch Beschuldigte, Privatbeteiligte und deren Rechtsanwältinnen und -Rechtsanwälte. Und gerade Beschuldigte gibt es im „Casinos“-Akt mittlerweile deutlich mehr als ein Dutzend. Der Personenkreis außerhalb von Justiz/Exekutive mit legalem Aktenzugriff ist groß, es muss also kein Amtsträger das Amtsgeheimnis verletzen, damit diese Informationen an die Öffentlichkeit dringen. Wir bitten allerdings um Verständnis, dass wir unsere Quellen grundsätzlich nicht offenlegen.
  2. Beschuldigte und ihre Verteidiger dürfen nicht nur Einsicht in Akten zu laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren nehmen, sie dürfen die Informationen daraus auch „verwerten“, sprich an Medien weiterreichen – „im Interesse der Verteidigung und anderer überwiegender Interessen“, wie es in Paragraf 54 der Strafprozessordnung heißt. Davon ausgenommen sind „schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen anderer Verfahrensbeteiligter oder Dritter, die gegenüber dem öffentlichen Interesse überwiegen.
  3. Das Zitieren aus Akten zu laufenden Ermittlungsverfahren ist in Österreich – im Gegensatz zu Deutschland – legal. Mit den in Punkt 2) genannten Einschränkungen.

Das öffentliche Interesse an diesem Fall ist auch unserer Sicht eindeutig vorhanden; um den schutzwürdigen Interessen zu entsprechen, haben wir in dem Dokument Namen von Dritten und sämtliche Telefonnummern aus Chatverläufen geschwärzt.

Das Protokoll zur Einvernahme des Bundeskanzlers finden Sie hier: https://bit.ly/3CQTe6x.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).

Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.