Sport

Götschl gegen Walchhofer: Der Streit um das Schröcksnadel-Erbe

Renate Götschl will ÖSV-Präsidentin werden. Hinter ihrer Kandidatur steckt ein beinharter Machtkampf zwischen Peter Schröcksnadel und seinen Gegnern im Skiverband.

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Mit fast 80 Jahren schwingt Peter Schröcksnadel als Präsident des Österreichischen Skiverbands (ÖSV) endgültig ab. Über 30 Jahre lang hatte der Tiroler die mächtigste Sportorganisation des Landes mit eiserner Hand - und extrem erfolgreich - geführt.

Im Juni wählen die Vorsitzenden der Ski-Landesverbände in Villach ihren neuen Präsidenten. Je mehr Mitglieder ein Verband hat, desto mehr Stimmen darf er dabei vergeben.

Seit langem ist bekannt, dass sich der Salzburger Hotelier Michael Walchhofer bewerben wird. Der frühere Weltklasse-Läufer aus Zauchensee ist einer der Stellvertreter von Schröcksnadel im ÖSV-Präsidium. Walchhofers einziger Konkurrent, der Tiroler Michael Huber, sagte im März kurzfristig ab. Begründung: Er wolle sich weiterhin als Präsident des Kitzbüheler-Ski-Clubs um die Organisation der Hahnenkamm-Rennen kümmern.

Somit schien der Weg frei für Walchhofer. Doch am Sonntag erklärte Renate Götschl, ehemalige Spitzenläuferin aus der Steiermark, völlig überraschend, ebenfalls kandidieren zu wollen. Damit kommt es zum Zweikampf der Speed-Spezialisten: Götschl und Walchhofer, beide Jahrgang 1975, gewannen jeweils WM-Goldmedaillen im Abfahrtslauf und mehrfach den Abfahrtsweltcup.

Walchhofer nimmt die Gegenkandidatur sportlich: „Das ändert für mich grundsätzlich nichts. Ich habe den Präsidentinnen und Präsidenten mein Konzept sehr detailliert dargelegt, und jetzt haben diese die Möglichkeit zu entscheiden.“ Und Götschl sagt: „Ich sehe mein Antreten nicht als Gegenkandidatur zu Michael Walchhofer oder vielleicht auch anderen, sondern als gesunden demokratischen Wettbewerb.“

Hinter dem „gesunden Wettbewerb“ steckt ein beinharter Machtkampf. Innerhalb des ÖSV haben sich in den vergangenen Jahren zwei Blöcke gebildet. Die Landesverbände von Vorarlberg, Tirol und Wien stehen uneingeschränkt treu zu Schröcksnadel. In den großen Verbänden von Salzburg, der Steiermark und Oberösterreich herrscht mittlerweile eine gewisse Skepsis gegenüber der Machtfülle des Präsidenten – und wie er sie einsetzt. Walchhofers Kandidatur kann daher auch als Abkehr vom System Schröcksnadel interpretiert werden.

Die zwei Blöcke verfügen über etwa gleich viele Stimmen bei der Wahl des Präsidenten. Zünglein an der Waage ist damit der Niederösterreichische Skiverband, der sich immer für Walchhofer aussprach.

„Wir vermuten schon sehr stark, dass Peter Schröcksnadel im Hintergrund die Fäden zieht“

Doch offenbar will Schröcksnadel Walchhofer unbedingt verhindern - und steht nach der Absage seines Landsmannes Michael Huber unter Zugzwang. Laut profil-Informationen versucht Schröcksnadel, das Walchhofer-Lager zu spalten. So soll er ORF-Kommentator und Slalom-Weltcupsieger Thomas Sykora seine Unterstützung angeboten haben, sollte dieser als ÖSV-Präsident kandidieren wollen. Das Kalkül dahinter: Einem Vertreter des eigenen Landesverbandes hätten die Niederösterreicher kaum die Unterstützung verweigern können. Allerdings wies Sykora das Angebot zurück. Der Präsident des Salzburger Skiverbands, Bartl Gensbichler, sagt auf profil-Anfrage: „Wir vermuten schon sehr stark, dass Peter Schröcksnadel im Hintergrund die Fäden zieht.“

Nach der überraschenden Kandidatur von Renate Götschl befinden sich nun die Vertreter des Steirischen Skiverbands in der Zwickmühle. Bisher unterstützten sie ebenfalls Walchhofer. Nun haben sie die Möglichkeit, mithilfe der Schröcksnadel-loyalen Landesgruppen eine eigene Kandidatin zur ÖSV-Präsidentin zu küren. Damit kommt auch die Politik ins Spiel: Präsident des Steirischen Skiverbandes ist der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Karl Schmidhofer. Renate Götschl ist seine Stellvertreterin, wäre also für das Amt der ÖSV-Präsidentin zweifellos geeignet, und hätte dank der Steiermark eine Stimmenmehrheit.

Während die Kandidaten und ihre Unterstützer bis Juni gezielt Lobbying betreiben werden, kursieren bereits Gerüchte zum übernächsten ÖSV-Präsidenten, der Götschl oder Walchhofer nach einer Periode bereits wieder ablösen könnte. Sein Name: Dr. Markus Schröcksnadel, 57, operativer Geschäftsführer der Unternehmensgruppe seines Vaters Peter.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.