Ein großes Schild mit der Aufschrift "Neue Eisenstädter"
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„Unklar, unschlüssig, unrichtig“: Gutachter-Streit um burgenländische Wohnbaugesellschaft

War die Bestellung eines Regierungskommissärs für die gemeinnützige Wohnbaugesellschaft „Neue Eisenstädter“ durch das Land Burgenland rechtswidrig?

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Im Streit um die Neue Eisenstädter Gemeinnützige Bau-, Wohn- und Siedlungs-GmbH („Neue Eisenstädter“) gibt es keinen Weihnachtsfrieden. Die Vorgeschichte: Anfang Oktober berichtete profil, das Land Burgenland wolle die „Neue Eisenstädter“ von den Eigentümern Raiffeisen Landesbank Burgenland und Erste Bank übernehmen. Nach dem profil-Bericht platzte – zum Ärger von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) – der Deal. Zuvor waren in einer Sonderprüfung durch das Land als Aufsichtsbehörde schwere Vorwürfe gegenüber der „Neuen Eisenstädter“ erhoben worden: Diese habe ihren Mietern zu hohe Kreditzinsen weiterverrechnet und unzulässige Wohnungsverkäufe getätigt. Die Geschäftsführung der „Neuen Eisenstädter“ wies die Anschuldigungen scharf zurück. Dennoch setzte das Land per Bescheid einen Regierungskommissär in der „Neuen Eisenstädter“ ein und kündigte an, dieser den Status der Gemeinnützigkeit entziehen zu wollen.

Am 10. November brachte der „Österreichische Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen – Revisionsverband“, dem die „Neue Eisenstädter“ angehört, beim Landesverwaltungsgericht Burgenland eine Beschwerde gegen die Einsetzung des Regierungskommissärs ein. Der Revisionsverband ist die Dachorganisation der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, prüft deren Gebarung und vertritt auch die Interessen der Branche.

Wie das Land Mitte Oktober selbst bekannt gab, macht der Revisionsverband in der Beschwerde geltend, dass ihm das Recht auf eine Stellungnahme verweigert wurde. Nach Ansicht des Landes war dies aber nicht notwendig. 

Streit um hohe Zinsen

Allerdings betrifft dieser Aspekt nur einen kleinen Teil der profil vorliegenden 58-seitigen Beschwerde. Im weitaus größeren widmet sich der Revisionsverband den Vorwürfen aus der Sonderprüfung, die „Neue Eisenstädter“ habe zu hohe Kreditzinsen verrechnet. Diese Vorwürfe stützen sich auf ein Gutachten eines beauftragten Sachverständigen für Kreditgenossenschaften. 

Aus Sicht des Revisionsverbands sei dessen Gutachten „mangelhaft, unklar, unschlüssig und unrichtig“, weiters von „formaler und inhaltlicher Fehlerhaftigkeit und Widersprüchlichkeit“. Stichproben seien nach falschen Methoden ausgewählt, falsche Vergleiche mit anderen Wohnbauvereinigungen angestellt worden. Die in der Sonderprüfung behaupteten unangemessenen Finanzierungskonditionen seien „aufgrund fehlerhafter Beweiswürdigung und Nicht-Berücksichtigung wichtiger Beweise falsch“. Zur Kritik am Verkauf von Wohnungen hält der Revisionsverband in seiner Beschwerde fest, das Vorgehen würden den Rechtsvorschriften entsprechen, beziehungsweise gebe es dazu noch keine höchstgerichtliche Judikatur.

Ein Mann, Burgenlands Landeshauptmann Doskozil, sitzt in seinem Büro. Im Hintergrund ist die burgenländische Landesfahne zu sehen.
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Landesverwaltungsgericht entscheidet

Dazu habe der Sachverständige seinerseits drei Gutachten, die die „Neue Eisenstädter“ zur Rechtfertigung vorlegte, nicht entsprechend berücksichtigt. Die Conclusio des Revisionsverbands: Da die Bestellung des Regierungskommissärs auf Basis eines mangelhaften Gutachtens erfolgt sei, liege ein „schwerer Verfahrensfehler“ vor. Und ganz allgemein sei die Bestellung eines Regierungskommissärs unzulässig, weil diese laut Gesetz nur bei einer „erheblichen Gefahr“ vorgesehen sei, die freilich nicht gegeben war. Daher fordert der Revisionsverband in seiner Beschwerde die Aufhebung des Bescheids, durch den der Regierungskommissär eingesetzt wurde. Nun ist das Landesverwaltungsgericht Burgenland am Zug.

Auf politischer Ebene findet die Causa im neuen Jahr ihre Fortsetzung. Auf Antrag der SPÖ setzt der burgenländische Landtag am 12. Jänner einen Untersuchungsausschuss zur „Neuen Eisenstädter“ ein.

Gernot Bauer

Gernot Bauer

ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und seit 2025 Leiter des Innenpolitik-Ressorts. Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl.