IBIZA-U-AUSSCHUSS: KURZ
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ÖVP-Ermittlungen: Die Papiere, bitte!

Knalleffekt in Wien: Hausdurchsuchung in Kanzleramt und ÖVP-Zentrale. Schwerwiegende Vorwürfe gegen Kanzler und Mitarbeiter. Wirklich „nichts mehr da“ bei der Volkspartei?

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Intern nennen wir es manchmal auch den Recherche-Effekt: Der Begriff stammt aus der Chaostheorie und besagt, stark verkürzt, das Folgende: Wenn es im Büro von Michael Nikbakhsh und Stefan Melichar rumort, dann muss sich Ringo Starr am anderen Ende von Panama warm anziehen. In den vergangenen Wochen rumorte es im Investigativ-Ressort des profil immer wieder ganz gehörig, und heute stehen nicht nur Ex-Beatles wie begossene Pudel da, sondern zum Beispiel auch deutsche Ex-Supermodels und russische Oligarchen. Der Grund dafür: Am vergangenen Wochenende öffneten Nikbakhsh und Melichar – zusammen mit rund 600 Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt – eine Büchse namens Pandora-Papers. Seither reißen die Enthüllungen nicht ab.  

Zugriff aufs Kanzleramt 

Gestern musste sich unser Investigativteam freilich ganz kurzfristig anderen Dingen widmen. Wenige Minuten nach 9 Uhr Vormittag war ruchbar geworden, dass am frühen Morgen im Kanzleramt und in der ÖVP-Zentrale sowie in mehreren Privatwohnungen Hausdurchsuchungen stattgefunden hätten. Zunächst konnte nur darüber spekuliert werden, was der Hintergrund jener Amtshandlungen gewesen sein könnte. Keine drei Stunden später hatten Nikbakhsh und Melichar die HD-Anordnung im Original aufgetrieben. Seither haben wir es schwarz auf weiß: „Tatverdacht der Untreue (…) Bestechung (…) Bestechlichkeit“. Als Tatverdächtige werden in der staatsanwaltschaftlichen Anordnung unter anderem geführt: Sebastian Kurz, sein Sprecher Johannes Frischmann, der Medienbeauftragte des Kanzleramts Gerald Fleischmann sowie Berater Stefan Steiner.

Welche Effekte diese doch nicht ganz alltäglichen Vorgänge in den kommenden Tagen noch nach sich ziehen werden, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen, auch wenn ÖVP-Vizegeneralsekretärin Gaby Schwarz schon Ende September präventiv erklärt hat: Es ist nichts mehr da.“ Im Licht der gestrigen Nachrichten wäre diese Aussage möglicherweise einen Faktencheck wert. Wir halten Sie jedenfalls auf dem Laufenden. Es rumort. 

Einen transparenten Donnerstag wünscht Ihnen 

Sebastian Hofer

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Sebastian Hofer

Sebastian Hofer

schreibt seit 2002 im profil über Gesellschaft und Popkultur, ist seit 2020 Textchef dieses Magazins und zählt zum Kernteam von faktiv.