Psychologische Tests für alle Besitzer: Das steht im neuen Waffengesetz
Spätestens seit dem 10. Juni 2025 ist für die Regierung klar: Österreich braucht ein neues Waffengesetz. An diesem Dienstag drang ein Amokläufer in das BORG Dreierschützengasse in Graz ein und tötete zehn Menschen. Seine beiden Tatwaffen hatte der 21-Jährige legal erworben. Wenige Tage später versprach die Bundesregierung aus ÖVP, SPÖ und Neos ein verschärftes Waffengesetz. Dann wurde es still. Bis jetzt: profil liegen Eckpunkte des Gesetzesentwurfes vor. Und die Pläne der Koalition gehen weiter, als ursprünglich angekündigt.
Über den Sommer wurde an dem neuen Gesetz gefeilt. Kernpunkte hatte die Regierung bereits zuvor in einem Ministerratsvortrag abgesteckt: Das Mindestalter für den Waffenkauf sollte erhöht werden, Überprüfungen öfter stattfinden und das psychologische Urteil der Stellung des Bundesheeres auch für die Waffenbehörde einsehbar sein. Immerhin war der Grazer Täter aus Sicht des Heeres für den Dienst an der Waffe ungeeignet gewesen. Die Waffenbehörde wurde darüber nur nie informiert.
Am morgigen Donnerstag, 4. September, soll der Regierungsentwurf um 10 Uhr in den zuständigen Innenausschuss eingebracht werden. Bis 16. September soll die Öffentlichkeit dazu Stellung nehmen können, noch im September soll das Gesetz dann beschlossen werden.
profil konnte den finalen Entwurf nun einsehen. Was beinhaltet er also?
Waffenbesitzkarte auch für Kategorie C
Auffallend ist: Auch für Waffen der Kategorie C ist künftig eine Waffenbesitzkarte nötig. Das war in dieser Form im Ministerratsvortrag der Regierung nicht vorgesehen. Zur Erklärung: Jagdgewehre oder Schrotflinten, die nach jedem Schuss nachgeladen werden müssen, sind in Österreich Waffen der Kategorie C. Bisher musste lediglich der Händler prüfen, ob der Käufer volljährig ist und ob gegen ihn kein Waffenverbot vorliegt. Die Käufer müssen daher drei Tage warten, bis sie die Waffe auch wirklich abholen können. Besitzt man die Waffe, kann man sie auch privat weiterverkaufen. Dann muss sich nur der Käufer in den nächsten sechs Wochen bei der Waffenbehörde melden.
Eine Waffenbesitzkarte brauchen Interessierte derzeit nur für Waffen der Kategorie B, wie Pistolen oder halbautomatische Gewehre. Für eine solche Waffenbesitzkarte ist ein Waffenführerschein (ein kurzer Theoriekurs mit einem abgegebenen Schuss, Kostenpunkt rund 50 Euro) Voraussetzung. Zusätzlich muss ein psychologisches Gutachten absolviert werden und man muss mindestens 21 Jahre alt sein. Jägerinnen und Jäger brauchen eine Jagdkarte (nach einem längeren Kurs), allerdings keine psychologische Überprüfung.
Nun brauchen also auch Besitzerinnen und Besitzer der Kategorie C eine solche Karte, das Mindestalter steigt auf 21 Jahre, bisher musste man nur volljährig sein. Für die Kategorie B steigt das Mindestalter von 21 auf 25 Jahre. Aus den drei Tagen Wartefrist werden vier Wochen. Außerdem sollen Privatleute keine Waffen mehr verkaufen dürfen, nur noch registrierte Händler. Das erleichtert auch die Überprüfung der derzeit rund 370.000 registrierten Waffenbesitzerinnen und -besitzer.
Psychologische Tests für alle – auch rückwirkend
Auch bei den psychologischen Tests wird nachgeschärft, das Verfahren soll strenger und mehrstufig sein. Ein solches Gutachten wird nicht nur beim Erstantrag einer Waffenbesitzkarte fällig, sondern auch nach fünf Jahren nochmal. Außerdem soll in Zukunft ein vorläufiges Waffenverbot bei Ermittlungen wegen gefährlicher Delikte und Gewaltverbrechen sowie bei Betretungs- und Annäherungsverboten.
Der Amok-Täter von Graz besaß seine Waffen legal, obwohl er aus psychischen Gründen beim Bundesheer untauglich für den Dienst an der Waffe war. Das soll sich nicht mehr wiederholen: Im Gesetzesentwurf ist ein verbesserter Datenaustausch vorgesehen, neben dem Bundesheer sollen künftig etwa auch Verkehrsbehörden Informationen an die Waffenbehörde liefern können.
Ein spannender Aspekt aus dem Entwurf: Die Regierung plant offenbar, die strengeren Regeln auf alle Waffenbesitzer auszuweiten – also auch all jene, die bereits eine Waffe besitzen. Wer in den vergangenen zwei Jahren eine Waffe der Kategorie C gekauft hat, muss innerhalb von zwei Jahren eine Waffenbesitzkarte vorlegen, und damit neben dem Waffenführerschein auch ein psychologisches Gutachten einholen. Wer ab diesem Zeitpunkt eine Waffenbesitzkarte für eine Waffe der Kategorie B bekommen hat, muss außerdem das psychologische Gutachten erneuern. Dabei wird überprüft, ob der Antragssteller auch unter psychischer Belastung mit Waffen vorsichtig umgeht. Auch dürfen Waffenbesitzer keine „psychischen Störung“ aufweisen. Dazu zählen neben psychischen Erkrankungen auch kognitive Beeinträchtigungen.
Weniger Waffenteile für Europas Kriminelle
Auch eine im Ausland tödliche Lücke soll mit dem Gesetz geschlossen werden: Innerhalb der EU ist Österreich bislang nämlich ein Herkunftsland illegaler Waffen. Als vom Waffengesetz umfasstes Waffenteil gilt hierzulande nur, was bei Schussabgabe unter Druck steht – etwa der Lauf, durch den die Kugel schießt. Die Folge: Ausländische Kriminelle kaufen in Österreich ein und schmuggeln die Waffenteile über die kaum kontrollierten Schengengrenzen, warnte sogar der Verfassungsschutz in seinem Bericht für das Jahr 2024.
Im Ausland werden die Waffen dann zusammengestückelt und für kriminelle Zwecke missbraucht. Rund 150 derartige „Hybrid-Glocks“ mit Griffstücken aus Österreich seien allein in Schweden beschlagnahmt worden, berichtete die ZIB2. In den letzten fünf Jahren könnten demnach mehr als 30 Menschen mit derartigen Waffen ermordet worden sein. Eigentlich hatten schon ÖVP und Grüne diese Lücke schließen wollen, nun ziehen ÖVP, SPÖ und Neos nach: Künftig fallen alle Teile einer Schusswaffe unter das Waffengesetz – auch der Griff.
Sobald das Gesetz im Parlament vorliegt, können Opposition und Interessensvertretungen ihre Stellungnahmen dazu abgeben.
Die Grünen zeigen sich optimistisch: „Besonders, dass zukünftig für alle Schusswaffen eine Waffenbesitzkarte benötigt werden soll, halten wir Grüne für eine unabdingbare Nachbesserung“, erklärt Sicherheitssprecherin Agnes Sirkka Prammer in einer Aussendung. Die Grünen wollen aber insgesamt „Freiheit von Waffen“ und setzen sich weiter für noch strengere Regeln ein.