Mario Kunasek und ein Offizier stehen vor Militärfahrzeugen, flankiert von Soldaten.
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„Waffenübung“ in Vorchdorf: Offizier war in FPÖ-Ministerkabinett

Ein Teilnehmer der Waffenübung diente als Offizier im Kabinett des ehemaligen FPÖ-Verteidigungsministers Mario Kunasek.

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„Keine Extremisten“, beruhigte die Polizei am Dienstag. Nur 19 Personen, die sich am Wochenende zu einer „Waffenübung“ auf einem Bauernhof im oberösterreichischen Vorchdorf trafen. Ein paar Männer, ein paar Frauen, etwa 50 halbautomatische Gewehre – nichts Verdächtiges, ließ man verlauten. Bis man genauer hinsieht. Jetzt kommen immer mehr Details über die Teilnehmer ans Licht. Als Cobra und Interventionsgruppe anrückten, flüchteten einige von ihnen hastig ins Haus. Einer davon, offenbar der Rädelsführer der Gruppe, ist kein Unbekannter, ein Generalstabsoffizier des Bundesheers.

Wie sich nun zeigt, hat der Mann Erfahrung mit Grenzüberschreitungen. 2018 hielt er beim Kameradschaftsbund im Bezirk Braunau eine Rede über das Aussterben der Österreicher und den Vormarsch der „Fremden“. Die Rede war „von rassistischen sowie fremdenfeindlichen Darstellungen und subtilen Diffamierungen der Politiker und Bürger unseres Landes geprägt“ gewesen, zitierten die „Oberösterreichischen Nachrichten“ damals den Kameradschaftsbund, der sich vom Referat des Generalstabsoffiziers distanzierte.

Im Kabinett von Kunasek

Zu diesem Zeitpunkt war der Oberst bereits im Kabinett des damaligen FPÖ-Verteidigungsministers Mario Kunasek, heute erster freiheitlicher Landeshauptmann in der Steiermark. Kunasek hatte den Offizier im Jänner 2018 als „Personalaushilfe“ in sein Kabinett geholt, wie Unterlagen bestätigen, die profil vorliegen. Eine Funktion, die sich in Offizierskreisen gut macht: Wer einmal in einem Ministerbüro sitzt, darf bei Beförderungen meist vorne mitmarschieren. Kunasek hatte ein Händchen dafür, politisch Gleichgesinnte aufzulesen. 

Lange halten konnte sich der Offizier allerdings nicht. Drei Wochen später, nach der Rede beim Kameradschaftsbund, wurde er suspendiert. Das Verteidigungsministerium erstattete Strafanzeige gegen seinen eigenen Offizier, leitete ein Disziplinarverfahren ein und enthob ihn vorübergehend vom Dienst. Der Oberst bewarb sich später um die Funktion des Militärkommandanten von Salzburg, kam aber nicht zum Zug. Das zeigen auch Recherchen der Plattform „Stoppt die Rechten“.

„Naturrecht“ vor „gemachtem Gesetz“

Kürzlich meldete er sich wieder zu Wort. Im September schrieb er in einer Stellungnahme zur Verschärfung des Waffenrechts, das „Naturrecht“ stehe über dem vom Menschen „gesatzten“ Recht, und die Liberalisierung des Waffenbesitzes sei daher geboten. Die Republik als lästige Fußnote der Schöpfungsordnung. Nachzulesen auf der Website des Parlaments. Ein Text, der klingt, als hätte ihn ein besonders wortgewandter Staatsverweigerer diktiert: „Naturrechtlich ist es dem Menschen erlaubt, ja geradezu geboten, sein Leben und Überleben, seine Freiheit und Selbstbestimmung zu verteidigen. Und das ohne jegliche Diskussion. Jedes vom Mensch gemachte Gesetz hat sich dem Naturrecht unterzuordnen!“ Und: „Die geplante Verschärfung des Waffengesetzes widerspricht in seiner Gesamtheit dem Schutzbedürfnis des Individuums, nämlich dem im Naturrecht und Menschenrecht verankerten Recht auf Selbstverteidigung. Es ist deshalb in seiner Gesamtheit abzulehnen! Das Gegenteil hat zu erfolgen, nämlich die Liberalisierung des Waffenrechts!“

Nun wird gegen den Oberst erneut ermittelt, diesmal hat nicht das Verteidigungsministerium, sondern die Polizei Anzeigen gegen ihn erstattet, wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt. Der Offizier soll sich bei der Razzia aggressiv verhalten haben.

In FPÖ-Kreisen galt der heute 54-Jährige bis 2018 als protegiert und angesehen. Er schloss 2000 die Militärakademie als Bester seines Jahrgangs ab. Nach der umstrittenen Rede beim Kameradschaftsbund geriet seine Karriere jedoch ins Stocken; mehrere Jahre war er im Krankenstand, von 9. November 2020 bis 27. Juni 2025. Bei Beamten gibt es währenddessen keine Möglichkeit einer Entlassung, auch die Urlaubstage verfallen nicht. Das Bundesheer wollte ihn vorzeitig in Pension schicken, das Verteidigungsministerium lehnte ab: Der Offizier galt offiziell als „volldienstfähig“. Nun sollte er in die Direktion 4, zuständig für Heereslogistik, eingegliedert werden – aktuell baut er allerdings erst einmal seinen Urlaub ab.

Ob der Oberst diesmal mit weiteren Konsequenzen rechnen muss, ist noch unklar. Das Verteidigungsministerium will prüfen, ob ein Disziplinarverfahren erforderlich ist, sobald der Polizeibericht vorliegt.

Daniela Breščaković

Daniela Breščaković

ist seit April 2024 Innenpolitik-Redakteurin bei profil. War davor bei der „Kleinen Zeitung“.