Schon in der Jugend wollte Magnet seine Ideologie massentauglich machen. Früh zog es ihn in die Welt rechtsextremer Medien: Er schrieb für das BfJ-„Jugend Echo“ – eine „Kampfschrift der nationalen Jugend in Österreich“ – und arbeitete für den FPÖ-nahen „Wochenblick“. Magnet wirkte auch bei „Info-Direkt“ mit, einem „Magazin für Patrioten“. Das DÖW ordnet dem Blatt neonazistische Bezüge zu.
Magnet ist jedoch nicht nur Ideologe, sondern auch Geschäftsmann: Seit 2011 betreibt er die „MS Medienlogistik Werbe GmbH“, mit der er etwa Werbefilme für den oberösterreichischen FPÖ-Obmann Manfred Haimbuchner produzierte.
2017 gründete er das inzwischen eingestellte Modelabel „Heimatmode“. Das Sortiment reicht von Strickjacken mit Kornblumen-Aufnähern bis zu T-Shirts mit dem Aufdruck „I schmus nur mit an Unsrigen“. Auch AUF1-Moderatorin Elsa Mittmannsgruber ist hier keine Unbekannte – sie modelte für die „urige“ Modemarke.
AUF-Sendung
Bis zum Jahr 2021 kamen Magnets mediale Gehversuche kaum über ein Nischenpublikum hinaus. Das änderte sich 2021 schlagartig: Magnet startete seinen Online-Sender AUF1. Auf der Plattform tummelt sich das Who’s Who der Rechten, von FPÖ-Chef Herbert Kickl bis AfD-Co-Chefin Alice Weidel.
Auch auf seinem Instagram-Profil gibt Magnet Einblicke in seine politische Agenda. Dort kritisiert er das „Debanking“, also die Kontoschließung durch Banken. Laut Magnet seien bereits über 15 AUF1-Konten betroffen gewesen – für ihn eine Verschwörung „mächtiger Kreise“. Die Überwachung durch den deutschen Verfassungsschutz deutet er in einem Videobeitrag als Werk „neuer Stasi-Nachfolger“.
Auf profil-Anfrage an Stefan Magnet zu den kritisierten Inhalten seines Senders heißt es: „Dass das nicht allen gefällt, ist in einer Phase der Meinungsgleichschaltung und Chatdurchleuchtung kein Wunder. Und es ist (…) ein Merkmal unserer Zeit, dass alles, was unbequem ist, vorsorglich den „Rechts(extrem)stempel“ aufgeprägt bekommt.“
Bei AUF1 umgibt sich Magnet mit ideologisch ähnlich Gesinnten: Generalsekretär Andreas Retschitzegger war einst – wie auch Magnet – im BfJ aktiv. AUF1-Redakteur Philipp Huemer leitete die Wiener Landesgruppe der „Identitären Bewegung“, eine Schlüsselkraft der Neuen Rechten.
Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) sieht in AUF1 eine zentrale Plattform der rechtsextremen Desinformationslandschaft. Der Sender diene dabei vor allem als Brücke, über die Verunsicherte und von ihren Ängsten Überwältigte in den Rechtsextremismus geleitet werden sollen.
Danke für die Spende
In einem blauen Anzug stand Stefan Magnet vergangene Woche vor der MBH Bank in Budapest und verkündete Neuigkeiten an die „AUF1-Zuschauerfamilie“: Die Kontokündigung in Ungarn ist rückgängig gemacht worden. Zuvor waren sämtliche Konten des Senders gesperrt worden. Dennoch wollte AUF1 weiter Spenden annehmen und richtete auf seiner Website ein Zahlungsfenster ein – ohne nähere Informationen.
Um dem Geldfluss nachzugehen, spendete profil testweise einen Euro. Abgewickelt wurde die Zahlung über den Dienstleister „Stripe“. Kurz darauf traf eine BestätigungsMail bei profil ein:
„We’re writing you to let you know that your purchase from Verein für Vielfalt und Objektivität (…) will be debited from bank account.“
Das Geld landete also nicht beim AUF1-Verein, sondern beim „Verein für Vielfalt und Objektivität“ von Magnets Bruder. Der IBAN verrät den Zielort: Irland. Genauer gesagt die Citibank Europe plc. Auch die Kennnummer für SEPA-Lastschriften gibt einen Hinweis: Sie wurde ursprünglich in Belgien registriert. Ein österreichischer Verein, ein irisches Konto, eine belgische SEPA-Lastschrift-ID. Aus einer Spende wird eine kleine EU-Rundreise.
Eine mögliche Erklärung wäre, dass der Zahlungsdienstleister „Stripe“ seine Transaktionen über ein irisches Konto abwickelt, doch wirklich nachvollziehen lässt sich das nicht. Sollte das irische Konto tatsächlich dem „Verein für Vielfalt und Objektivität“ gehören, wirft das weitere Fragen auf.
Michael Ernegger, Generalsekretär des Österreichischen Bankenverbands, erklärt gegenüber profil, dass eine solche – in diesem Fall belgische – Kennung stets einen klaren Bezug zu dem betreffenden Land voraussetze, etwa durch den Firmensitz. Warum also ein österreichischer Verein über eine belgische SEPA-ID verfügt, kann sich Ernegger nicht erklären. Was bleibt: Die Spur des Geldes führt nach Irland – und verliert sich dort.
Nun, da AUF1 wieder Zugriff auf sein Konto in Ungarn hat, entfällt der mühsame Umweg. Zu den Umständen der Kontoschließung und -wiedereröffnung äußert sich die MBH Bank auf profil-Anfrage nicht.
„All unsere Geldflüsse sind selbstverständlich satzungskonform und nachvollziehbar. Die von Ihnen erwähnten Vereine und darin handelnde Personen sind in Österreich steueransässig“, so Stefan Magnet auf profil-Anfrage.
Geld für AUF1, das am Ende woanders ankommt: Wie ist das möglich? Laut Rechtsanwalt und Vereinsrechtsexperten Thomas Höhne gilt grundsätzlich: Wer an einen bestimmten Verein spendet, in diesem Fall an den AUF1-Verein, darf auch erwarten, dass die Spende ausschließlich diesem Verein zugutekommt. Wird die Spende dennoch an einen anderen Verein weitergeleitet, ist der Spender getäuscht und hätte zivilrechtlich einen klaren Rückforderungsanspruch, sagt Höhne.
Würden Spender betonen, sie hätten niemals an den anderen Verein gezahlt, würden sie als Geschädigte im Sinne des Betrugstatbestands gelten: Sie wurden getäuscht, um den anderen Verein unrechtmäßig zu bereichern. Im Einzelfall sei daher die Anwendung des § 146 StGB zu prüfen, so Höhne.
Gehe zurück AUF 1
Neben dem AUF1-Verein existieren fünf weitere, ähnlich benannte Vereine im Umfeld von Magnet. Auf wie viel Geld diese Vereine sitzen, ist unklar. Sie würden sich „im Rahmen der Gesetze bewegen“, so Magnet gegenüber profil.
Neben den Vereinen gruppiert sich ein Netz aus Unternehmen hinter Magnet. Zentral ist die 4MT Holding GmbH, verbunden mit zwei weiteren Firmen: der AUF Agentur und Film GmbH sowie der Kauf1 GmbH.
Aus den Beilagen eines Prüfungsberichts der Kauf1 GmbH – früher hieß sie Media in res Medien GmbH – geht hervor, dass das Unternehmen 200.050 Euro an den AUF1-Verein überwies. Andreas Thierry, ehemaliges Mitglied einer rechtsextremen Partei, erhielt von der Firma ein Gehalt in Höhe von 10.709,97 Euro.
Bis August 2023 führte die Firma laut Bericht zudem drei Konten bei der Erste Bank mit einem Gesamtguthaben von 87.048,45 Euro. Ob diese Konten weiterhin existieren, wollte die Erste Group mit Berufung auf das Bankgeheimnis gegenüber profil nicht beantworten.
Überwacht
Die Verstrickungen und Inhalte des Senders dürften auch die Nachrichtendienste alarmiert haben. Während der deutsche BfV AUF1 bereits eindeutig als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft hat, fehlt den österreichischen Behörden eine vergleichbare rechtliche Handhabe.
Auf profil-Anfrage teilt die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) mit, man kommentiere Kooperationen mit ausländischen Diensten grundsätzlich nicht. Einstufungen von (Alternativ-)Medien erfolgten nicht; bekannte extremistische Vorfälle würden geprüft und bei strafrechtlicher Relevanz der Staatsanwaltschaft gemeldet.
Ein Verbot droht AUF1 durch die Einstufung des deutschen BfV nicht – Medien sind durch die Pressefreiheit geschützt. Eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz kann jedoch Ruf und Finanzierung treffen, etwa durch Kontosperren. Rechtliche Folgen gibt es nur bei strafbaren Inhalten.
Die Strukturen bleiben undurchsichtig, die Inhalte radikal. Magnet agiert auf diesem Spielfeld als zentrale Figur, um die sich Vereine und Firmen scharen. Den testweise überwiesenen Euro hat profil mittlerweile zurückgefordert. Wie viel Geld tatsächlich auf dem irischen Konto landete, bleibt das Geheimnis der Magnets.